Für andere und für mich, Band 2 - Arbeitsgemeinschaft der ...

In der kleinen Kirche von Tranquebar, wo die Jugend-
begegnung stattfand, war überraschenderweise
ein Text auf Deutsch über dem Altar geschrieben.
Diese Kirche wurde von dem (in Deutschland weitestgehend
unbekannten) deutschen Missionar
Bartholomäus Ziegenbalg aus Pulsnitz gegründet.
Er missionierte in Tamil Nadu für Dänemark, da
Deutschland zu dieser Zeit noch nicht an Mission
interessiert war. Im Jahre 1706 kam er nach Tran-
quebar und gründete dort zunächst eine Schule
und versorgte die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln,
bevor er begann, das Evangelium zu verkünden.
Durch sein soziales Engagement schuf er eine Basis,
auf der die Verkündigung Früchte tragen konnte.
Da Ziegenbalg ebenfalls die deutsche Bibel in die
dortige Sprache Tamil übersetzte, steht er in Indien
auf einer Stufe mit Luther. Darüber hinaus brachte
er durch zahlreiche Aufsätze die Tamikultur auch
nach Deutschland. Zu seinen Lebzeiten interessierte
sich noch niemand für dieses „heidnische Volk“,
erst im 19. Jh. fanden seine Arbeiten über die Kultur
seines Missionsortes in Deutschland Anerkennung.
In der Tamilkirche wird Ziegenbalg auf Grund
seiner herausragenden Leistungen sehr verehrt.
Dieses Jahr hatte er 300-jähriges Jubiläum, sodass
überall große Plakate und in Tranquebar eine lebensgroße
Statue von ihm zu finden waren.
Die Kirche wird vom Bischof geleitet, der zusammen
mit drei Pastoren und fünf Laien den Kirchenrat
bildet, vergleichbar mit der Kirchenregierung
der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in
Braunschweig. Die Synode als oberstes Entscheidungsgremium
trifft sich nur alle drei Jahre.
Gesetze zwischen den Jahren verabschiedet ein
jährlich tagendes Synodalgremium, der SCC.
Die Aufgaben dieser indischen Kirche gliedern
sich nach bestimmten Sparten:
Erziehung/Ausbildung: Zuständig dafür ist das
Schulbüro.
Medizinische Einrichtungen: Dabei handelt es sich
vor allem um Krankenhäuser.
Deutsch-indische Jugendbegegnung in Tamil Nadu/Kerala
Arbeit/Industrie: Diese Sparte bietet jungen Menschen
Ausbildungsmöglichkeiten.
Jugendbüro: Hatte seinen Sitz in Madurai, wurde
aber 2006 aufgelöst.
Schwestern/Frauenarbeit: Hier kümmert man sich
um die Stärkung der Frauenrolle und die Ausbildung
von Diakonissen.
Liegenschaftsbüro: Dieses Büro verwaltet Grundstücke
und Häuser.
Entwicklungsbüro SEDB: Die Arbeit dieses Büros
wollen wir mit den gesammelten Spendengeldern
unterstützen, da die Mitarbeiter von der
Kirche kaum noch Geld zur Verfügung gestellt
bekommen. Hier kümmert man sich um soziale
Kleinprojekte wie Brunnenbohrungen oder AIDS-
Aufklärungskampagnen.
Über all diesen Sparten und in allen Gremien vertreten
ist der Bischof, dadurch erhält er eine große
Macht über die kirchliche Arbeit. Die Einflussnahme
der Gesamtsynode hingegen ist relativ gering.
Durch die lange Sitzungspause werden schnelle
Entscheidungen verhindert, Veränderungen und
neue Gedanken können nur langsam verwirklicht
werden.
Im Jahre 1994 begann der Kirchenstreit über die
Ausrichtung der Kirche und deren Arbeit. Der
damalige Bischof Johnson wollte eine mehr missionarische
Kirche. Bei dem Versuch, dies zu
verwirklichen, stellte sich vor allem das mächtige
Schulbüro mit dem damaligen Generalsekretär
der Kirche quer. Dieser Streit eskalierte und führte
1995 zur Proklamation eines Gegenbischofs. Mehrere
Jahre war die T.E.L.C. in der Krise, der Geldhahn
der unterstützenden Missionsgesellschaften
versiegte, sodass in Indien keine Gehälter gezahlt
werden konnten. Erst durch eine langwierige Vermittlung
konnte sich die T.E.L.C. 1998/99 wieder
aus der für sie misslichen Lage befreien. Ein neuer
Bischof mit dem Namen Aruldos ist im Amt, der
die Leitungsgremien der Kirche mit seinen eigenen
Leuten besetzte. Es entsteht der Eindruck, das die
FÜR ANDERE UND FÜR MICH (BAND 2)_103
GEGEN DEN TREND ’2009