Für andere und für mich, Band 2 - Arbeitsgemeinschaft der ...
Für andere und für mich, Band 2 - Arbeitsgemeinschaft der ...
Für andere und für mich, Band 2 - Arbeitsgemeinschaft der ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
2. Kontaktgruppen<br />
Im Bereich <strong>der</strong> Jugendvollzugsanstalten bieten<br />
sich Möglichkeiten <strong>der</strong> „Knastarbeit“. Im Vollzug<br />
sind so genannte Knast-Kontakt o<strong>der</strong> -Besuchsgruppen<br />
- an<strong>der</strong>s als im erzieherischen Arrest<br />
- erlaubt. In <strong>der</strong> Justizvollzugsanstalt in Hameln/<br />
Tün<strong>der</strong>n besteht eine solche Knast-Kontaktgruppe<br />
zwischen Schulklassen <strong>und</strong> Häftlingen. Man trifft<br />
sich regelmäßig innerhalb <strong>der</strong> Anstalt zu Spielangeboten,<br />
Gesprächsr<strong>und</strong>en o<strong>der</strong> <strong>an<strong>der</strong>e</strong>n Aktivitäten.<br />
Auskünfte <strong>und</strong> Kontakt erteilt <strong>der</strong> Anstaltspastor<br />
Karsten Brüggemann unter <strong>der</strong> Telefonnummer<br />
05151 904631.<br />
Kontakte zu <strong>an<strong>der</strong>e</strong>n Jugendarrest- o<strong>der</strong> Strafanstalten<br />
bekommt man aber auch über das zuständige<br />
Amtsgericht o<strong>der</strong> über das Internet.<br />
3. Rollenspiele <strong>für</strong> eine Gerichtsverhandlung<br />
zur „Akte Felix“<br />
Fallbeispiel „Akte Felix“ (Übernommen aus: Nolle<br />
2002):<br />
Felix wächst gut behütet in einer Familie auf,<br />
zusammen mit seiner drei Jahre älteren Schwester<br />
Melanie. Eines Tages fährt die Mutter mit <strong>der</strong><br />
Schwester zum Erdbeerpflücken. Der dreijährige<br />
Felix möchte gerne mit, darf aber nicht, er wird<br />
statt dessen zu seiner Oma gebracht.<br />
Auf dem Weg verunglücken Mutter <strong>und</strong> Schwester<br />
tödlich. Aufgr<strong>und</strong> seines Berufes möchte <strong>der</strong><br />
Vater die erzieherische Verantwortung <strong>für</strong> seinen<br />
Sohn nicht weiter übernehmen. Er gibt ihn in eine<br />
Pflege familie.<br />
Der Pflegevater Werner K., 44 Jahre, ist freiberuflicher<br />
Versicherungsvertreter <strong>und</strong> verbringt seine<br />
Freizeit als aktives Mitglied im Männergesangs-<br />
letzter Ausweg Jugendknast!?<br />
verein. Die Pflegemutter Gabi K., 43 Jahre, hat ein<br />
eigenes Dessousgeschäft. Aus <strong>der</strong> Ehe gingen<br />
zwei Kin<strong>der</strong> hervor, Moritz <strong>und</strong> Max. Als Felix in die<br />
Familie kommt, sind die Söhne 16 <strong>und</strong> 18 Jahre alt.<br />
Felix fühlt sich im Laufe <strong>der</strong> Jahre als Nutztier <strong>der</strong><br />
Familie, da er sehr viele Hausarbeiten erledigen<br />
muss. In <strong>der</strong> Schule war sein Lieblingsfach Geschichte.<br />
Und wenn er zu Hause etwas gelesen<br />
hat, dann waren es Geschichtsbücher. Felix hat<br />
zwar durch die Schule Fre<strong>und</strong>e gewonnen, darf sie<br />
aber nicht mit nach Hause bringen. Er hat wegen<br />
<strong>der</strong> vielen ihm auferlegten Hausarbeiten wenig<br />
Zeit <strong>für</strong> sie. Er fühlt sich ungerecht behandelt, weil<br />
Moritz <strong>und</strong> Max ihre Freizeit frei gestalten dürfen<br />
<strong>und</strong> keine Arbeiten im Haushalt erledigen müssen.<br />
Als Felix ca. 6 1 /2 Jahre ist, beginnt <strong>der</strong> Pflegevater<br />
ihn sexuell zu missbrauchen, immer dann, wenn er<br />
mit Felix alleine zu Hause ist. Felix ist noch sehr<br />
jung <strong>und</strong> versteht die sexuellen Übergriffe nicht als<br />
solche. Er weiß nicht, was da vor sich geht <strong>und</strong><br />
glaubt es sei normal. Der Pflegevater sagt ihm immer<br />
wie<strong>der</strong>, dass es ihr Geheimnis sei <strong>und</strong> wenn er <strong>der</strong><br />
Pflegemutter etwas sage, dann müsse er ins Heim.<br />
Kurz vor dem 13. Geburtstag kann Felix mit seinen<br />
Gefühlen nicht mehr umgehen, die sexuellen<br />
Übergriffe des Pflegevaters werden ihm als solche<br />
bewusst. Sein Schmerz wird so groß, dass er sein<br />
Zuhause verlässt. Zunächst wohnt er abwechselnd<br />
bei Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> ab seinem 15. Lebensjahr ausschließlich<br />
auf <strong>der</strong> Strasse. Seinen Lebensunterhalt<br />
versucht er mit kleinen Straftaten zu decken.<br />
Sporadisch meldet er sich in all den Jahren immer<br />
mal wie<strong>der</strong> telefonisch bei seiner Pflegemutter,<br />
um ihr mitzuteilen, dass er noch lebt. Durch das<br />
Überlebenstraining auf <strong>der</strong> Strasse wurde er<br />
selbstbewusster <strong>und</strong> hat gelernt seine Interessen<br />
durchzusetzen.<br />
Mit 18 Jahren versucht er wie<strong>der</strong>, seine Mutter<br />
telefonisch zu erreichen <strong>und</strong> erfährt von seinem<br />
FÜR ANDERE UND FÜR MICH (BAND 2)_95<br />
GEGEN DEN TREND ’2009