Für andere und für mich, Band 2 - Arbeitsgemeinschaft der ...
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GEGEN DEN TREND ’2009<br />
Deutsch-indische Jugendbegegnung in Tamil Nadu/Kerala<br />
Sikhs sind auch schon früh <strong>für</strong> die Besserstellung<br />
<strong>der</strong> Frau eingetreten. Obwohl nach Sikh-Glauben<br />
nur ein Gott existiert, werden noch viele Hindu-<br />
Gottheiten nebenher verehrt. Das Kastensystem<br />
wird weitgehend abgelehnt. Der Glaube an Wie<strong>der</strong>geburt<br />
ist auch im Sikhismus zu finden.<br />
Männliche Sikhs fallen überall in Indien auf, weil<br />
sie alle einen Bart <strong>und</strong> einen Turban tragen. Das<br />
ungeschorene Haar unter dem Turban zu einem<br />
Knoten geb<strong>und</strong>en, ist eines <strong>der</strong> fünf K-Regeln<br />
(neben einem Kamm, <strong>der</strong> im Haar steckt, kurze Hosen<br />
unter <strong>der</strong> üblichen Kleidung, ein Armreif, ein<br />
Dolch, <strong>der</strong> bei den meisten Sikhs nur als Emblem<br />
o<strong>der</strong> in Miniform vorhanden ist).<br />
Die Stellung <strong>der</strong> Frau in Indien<br />
Indien ist ein Land, das sich im Aufbruch in eine<br />
neue Zeit befindet. In Sachen Gleichberechtigung<br />
<strong>und</strong> Emanzipation <strong>der</strong> Frau ist Indien noch sehr<br />
traditionell orientiert, obwohl auch hier eine Umwälzung<br />
stattfindet. Frauen stellen bis heute eine<br />
Min<strong>der</strong>heit dar, aus dem einfachen Gr<strong>und</strong>, weil es<br />
einen Männerüberschuss in Indien gibt. Zwar ist<br />
die Frau vor dem Gesetz gleichberechtigt, im Alltag<br />
ist dies aber wohl kaum zu erkennen.<br />
Das Team berichtete, dass ihnen während <strong>der</strong><br />
Reise durch den Süden Indiens die unterwürfige<br />
<strong>und</strong> diskriminierende Stellung <strong>der</strong> Frau oftmals<br />
schmerzlich bewusst wurde, nicht zuletzt, weil die<br />
Teilnehmerinnen selten den Respekt erfuhren, <strong>der</strong><br />
ihnen gegenüber angemessen gewesen wäre.<br />
Auf <strong>der</strong> Straße wurden die männlichen Teammitglie<strong>der</strong><br />
sehr oft von Männern angesprochen,<br />
fre<strong>und</strong>lich begrüßt <strong>und</strong> in Gespräche verwickelt.<br />
Die Frauen <strong>der</strong> Seesener Gruppe wurden meist<br />
ignoriert o<strong>der</strong> nur mit einem Kopfnicken begrüßt,<br />
was bei <strong>der</strong> sonst überschwänglich fre<strong>und</strong>lichen<br />
Art <strong>der</strong> In<strong>der</strong> <strong>und</strong> In<strong>der</strong>innen fast beleidigend<br />
wirkte.<br />
108_FÜR ANDERE UND FÜR MICH (BAND 2)<br />
„Eines Abends sprach <strong>mich</strong> ein junger In<strong>der</strong> in<br />
Chennai auf <strong>der</strong> Straße an <strong>und</strong> wir begannen, uns<br />
zu unterhalten. Nach einiger Zeit winkte er eine<br />
junge Frau heran, die sich bis zu diesem Zeitpunkt<br />
im Hintergr<strong>und</strong> gehalten hatte <strong>und</strong> stellte sie uns<br />
als seine Ehefrau vor. Sie begrüßte uns höflich<br />
<strong>und</strong> verschwand so schnell, wie sie aufgetaucht<br />
war. Es schien mir, als dürfte seine Frau nicht an<br />
Gesprächen zwischen Männern teilnehmen, es sei<br />
denn, ihr Ehemann erlaubte es ihr.”<br />
Schon im hinduistischen Gesetzbuch Manu steht,<br />
dass die Frau ein Leben lang einem Mann untertan<br />
zu sein hat, erst ihrem Vater, später ihrem Ehemann<br />
<strong>und</strong> dann ihrem Sohn. Die indischen Familien<br />
sind meist so groß, dass es schwer ist, diese<br />
überhaupt zu ernähren. Durch das Mitgiftsystem<br />
ist eine Tochter eine große finanzielle Last <strong>für</strong> die<br />
Familie <strong>und</strong> wird mit Kosten <strong>und</strong> Unglück in Verbindung<br />
gebracht. Es gibt daher in Indien eine sehr<br />
hohe Abtreibungsquote weiblicher Föten.<br />
Gescheiterte Ehen sind <strong>für</strong> die Ehefrau häufig das<br />
Aus. Sie kann nicht in ihre Familie zurückkehren,<br />
da diese froh ist, einen Esser weniger zu haben<br />
<strong>und</strong> außerdem wäre dies eine Schande <strong>für</strong> die<br />
Familie. Eine weitere Heirat ist auch so gut wie<br />
ausgeschlossen. Kein indischer Mann heiratet eine<br />
Witwe, geschweige denn eine geschiedene Frau.<br />
So ist die Frau nun eine Ehrlose <strong>und</strong> hat keinerlei<br />
Möglichkeit, wie<strong>der</strong> ein Teil <strong>der</strong> Gesellschaft zu<br />
werden. <strong>Für</strong> solche Frauen gibt es spezielle Organisationen,<br />
die ihnen Möglichkeiten geben, mit<br />
Handarbeit Geld zu verdienen. Die meisten Frauen<br />
aber werden durch den Tod des Ehemannes zu<br />
Bettlerinnen. Auch nach dem Tod ist die Frau an<br />
ihren Ehemann geb<strong>und</strong>en. So kommt es oft zu<br />
Witwenverbrennungen, obwohl diese Praktik (genannt<br />
Sati) schon seit Anfang des 19. Jh. offiziell<br />
verboten ist.<br />
Mädchen haben in Indien im Allgemeinen nur<br />
eine geringe Bildung, da sie oftmals gar nicht erst