Für andere und für mich, Band 2 - Arbeitsgemeinschaft der ...
Für andere und für mich, Band 2 - Arbeitsgemeinschaft der ...
Für andere und für mich, Band 2 - Arbeitsgemeinschaft der ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Materialkasten 2:<br />
Franz, 23, Student,<br />
Vater von Charlotte, 9 Monate<br />
Ich studiere seit Oktober 2005 <strong>und</strong> habe gerade in<br />
meinem Studiengang Soziale Arbeit eine schriftliche<br />
Hausarbeit zum Thema „Ehe <strong>und</strong> eheähnliche<br />
Lebensgemeinschaften“ abgegeben. Nun sind<br />
Semesterferien, ich bin mit meiner Fre<strong>und</strong>in Josephine<br />
zu Hause <strong>und</strong> wir verbringen ganz viel Zeit<br />
mit unserer kleinen Tochter Charlotte.<br />
Unseren Tag gestalten wir ganz nach den Bedürfnissen<br />
von Charlotte. Sie hat einen festen<br />
Rhythmus: Frühstück, Spielen, Mittagessen. Den<br />
Mittagsschlaf verbringt sie bei mir im Tragetuch.<br />
Ein gemeinsamer Spaziergang bis zum Abend<br />
schließt sich an. Kurz vor dem Nachtschlaf spielt<br />
Charlotte eine St<strong>und</strong>e nackt auf dem Teppich,<br />
gegen 19.30 Uhr bekommt sie noch mal die Brust<br />
<strong>und</strong> dann legen wir sie in ihr Bettchen. Ich finde es<br />
schön, dass wir den ganzen Tag zusammen sind.<br />
[…]<br />
Die Geburt war neun Tage über dem Termin <strong>und</strong><br />
das Kind lag noch nicht richtig im Becken. Wir<br />
gingen ins Krankenhaus. Da ich die ganze Zeit<br />
bei Josephine im Kreißsaal war, bemerkte ich am<br />
Wehenschreiber, dass bei den Wehen die Herztöne<br />
des Kindes schwächer wurden. Ich alarmierte eine<br />
Schwester, <strong>und</strong> plötzlich war das ganze Zimmer<br />
voll Personal. Es war schrecklich, ich war auf einmal<br />
draußen <strong>und</strong> musste vor dem Kreißsaal warten,<br />
drei lange Minuten. Dann kam <strong>der</strong> Arzt <strong>und</strong><br />
erzählte von einem Kaiserschnitt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Nabelschur<br />
vor dem Kopf.<br />
Ich bekam Charlotte auf den Arm <strong>und</strong> zerplatzte<br />
fast vor Glück. Ich traute <strong>mich</strong> nicht, <strong>mich</strong> zu rühren,<br />
weil sie so klein war, <strong>und</strong> ich hatte Angst, sie<br />
zu zerdrücken. Josephine lag noch im Kreißsaal.<br />
Ich weiß nicht, wie ich es in Worte fassen soll.<br />
Kin<strong>der</strong>programm (täglich 7-20 Uhr)<br />
Doch als alles in Ordnung war, war ich unendlich<br />
glücklich. Von nun an ging ich nicht mehr zur<br />
Arbeit. Ich weiß nicht, was wir die ganze Zeit im<br />
Krankenhaus gemacht haben. Wir haben uns wohl<br />
die ganze Zeit Charlotte angesehen <strong>und</strong> waren<br />
überglücklich.<br />
Vater war ich gleich: Die Schwangerschaft, <strong>der</strong><br />
Geburtsvorbereitungskurs <strong>und</strong> jede Woche die<br />
Ultraschallbil<strong>der</strong> führten zu dieser Entwicklung.<br />
Ich bin jetzt viel verantwortungsbewusster, fahre<br />
an<strong>der</strong>s Auto, auch wenn Charlotte nicht dabei ist.<br />
Mein Blick hat sich verän<strong>der</strong>t. Ich merke viel eher,<br />
wenn etwas im Haushalt nicht in Ordnung ist. Ich<br />
bin auch allgemein ruhiger geworden.<br />
Meine eigene Kindheit <strong>und</strong> Erziehung finde ich<br />
durchweg positiv. <strong>Für</strong> <strong>mich</strong> war immer klar, dass<br />
ich eigene Kin<strong>der</strong> haben <strong>und</strong> sie zusammen mit<br />
<strong>der</strong> Mutter großziehen wollte. Ich möchte Charlotte<br />
eine schöne Kindheit <strong>und</strong> Familie geben <strong>und</strong><br />
wünsche mir, dass sie eine große „Toleranz im<br />
Kopf“ gegenüber <strong>an<strong>der</strong>e</strong>n entwickelt.<br />
Große Angst habe ich, getrennt von Charlotte <strong>und</strong><br />
Josephine leben zu müssen. Dankbar bin ich <strong>für</strong><br />
die vielen glücklichen Momente <strong>und</strong> da<strong>für</strong>, dass<br />
ich ihre Entwicklung miterleben darf. Ich weiß,<br />
dass ich ein stolzer Vater bin.<br />
Daniel, 35, Umschüler zum Ergotherapeuten,<br />
Vater von Johanna, 13<br />
Aktuell erlebe ich das Erwachsenwerden meiner<br />
Tochter Johanna. Seit <strong>der</strong> Geburt bin ich <strong>für</strong> sie<br />
allein verantwortlich, da ihre Mutter kurz nach<br />
<strong>der</strong> Entbindung schwer krank wurde <strong>und</strong> es bis<br />
heute ist. Zunächst lebten wir als Familie, doch<br />
seit Johannas viertem Lebensjahr bin ich allein<br />
erziehen<strong>der</strong> Vater. Am Anfang hatte ich das<br />
FÜR ANDERE UND FÜR MICH (BAND 2)_51<br />
GEGEN DEN TREND ’2009