Für andere und für mich, Band 2 - Arbeitsgemeinschaft der ...
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GEGEN DEN TREND ’2009<br />
„Wer einmal aus dem Blechnapf frisst” – Arbeiten in <strong>der</strong> Jugendarrestanstalt Nienburg<br />
faul, trinksüchtig, wenig motiviert <strong>und</strong> nicht<br />
engagiert. Wenn dieses Bild von „normalen Jugendlichen“<br />
schon so negativ ist, um wie viel<br />
schlechter ist dann das Image <strong>der</strong>er, die mit dem<br />
Gesetz in Konflikt geraten sind?<br />
„Die haben doch selber Schuld!“; „Geschieht<br />
ihnen ganz recht!“; „Die hätten noch viel mehr<br />
verdient!“; „Denen geht es noch viel zu gut im<br />
Knast!“ <strong>und</strong> ähnliche Äußerungen sind zu hören.<br />
Manche wissen gar nicht, dass es einen „Jugendknast“<br />
in Nienburg gibt, geschweige denn, was<br />
dort hinter den Mauern geschieht bzw. weswegen<br />
Jugendliche dort einsitzen. Es wird ver gessen,<br />
dass Jugendarrest kein Strafvollzug, son<strong>der</strong>n eine<br />
Erziehungsmaßnahme ist, die „das Ehrgefühl des<br />
Jugendlichen wecken <strong>und</strong> ihm eindringlich zum<br />
Bewusstsein bringen soll, dass er <strong>für</strong> das von ihm<br />
begangene Unrecht einzustehen hat.“ Das ist die<br />
vornehmliche Aufgabe des Arrestes.<br />
So viel Erziehung wie möglich<br />
Wenn die Jugendlichen nach Nienburg in den<br />
Jugendarrest kommen beginnt <strong>für</strong> sie eine „harte<br />
Zeit“. Bei <strong>der</strong> Aufnahme werden alle ihnen das Leben<br />
so angenehm machenden Dinge abgegeben.<br />
Handys, Haargel, Zeitschriften <strong>und</strong> MP3-Player<br />
wan<strong>der</strong>n in Schließfächer <strong>und</strong> werden erst bei <strong>der</strong><br />
Entlassung wie<strong>der</strong> ausgegeben. Neue Bescheidenheit<br />
ist angesagt: kein Fernsehen, kein Radio,<br />
keine Freizeit mit <strong>an<strong>der</strong>e</strong>n Insassen.<br />
Statt dessen erwartet die Jugendlichen ein straff<br />
organisierter Tagesablauf mit festen Weck-, Schlafens-<br />
<strong>und</strong> Essenszeiten. <strong>Für</strong> viele eine Umstellung,<br />
da sie es gar nicht gewohnt sind, einen regelmäßigen<br />
Tagesablauf zu haben, da sich zu Hause<br />
niemand um sie kümmert <strong>und</strong> auch niemand auf<br />
einen geregelten Tagesablauf achtet. Es gibt keine<br />
unkontrollierte Freizeit, son<strong>der</strong>n alles geschieht in<br />
<strong>der</strong> Kleingruppe <strong>und</strong> unter „Anleitung“. In einem<br />
„Erziehungsplan“, <strong>der</strong> sich aus <strong>der</strong> Aktenlage, dem<br />
80_FÜR ANDERE UND FÜR MICH (BAND 2)<br />
Eingangsgespräch, dem Aufsatz des Arrestanten<br />
über seine Tat <strong>und</strong> den Einschätzungen <strong>der</strong> Vollzugsbeamten<br />
zusammensetzt, wird auch geregelt,<br />
an welchen Freizeitaktivitäten <strong>der</strong> Jugendliche<br />
teilnehmen darf.<br />
Ein – wie ich finde - gelungenes Beispiel des<br />
erzieherischen Jugendarrestes zeigt die Jugendarrestanstalt<br />
in Berlin-Lichterfelde. Wer dort einmal<br />
reinschauen möchte, kann die Internetseite <strong>der</strong><br />
Anstalt, die auch von Arrestanten mitgestaltet<br />
wird, besuchen.<br />
http://www.berlin.de/jaa-berlin/akt.html<br />
Eingangsbereich<br />
Es ist gar nicht schlimm <strong>und</strong><br />
macht auch noch Spaß<br />
Seit mehr als drei Jahren gehe ich regelmäßig alle<br />
14 Tage <strong>für</strong> 1,5 St<strong>und</strong>en in die Jugendarrestanstalt<br />
Nienburg. Ich muss gestehen, am Anfang hatte ich<br />
ein ziemlich mulmiges Gefühl vor dem ersten Besuch<br />
...: Was erwartet <strong>mich</strong> dort? Nehmen die <strong>mich</strong><br />
überhaupt ernst? Muss ich <strong>mich</strong> vor irgend etwas<br />
schützen, in Acht nehmen? Besteht die Gefahr<br />
einer Bedrohung? Wie „kriminell“ sind die denn?<br />
Auch heute überkommen <strong>mich</strong> manchmal noch<br />
solche Gedanken. Aber wenn ich dann „drin bin“