Für andere und für mich, Band 2 - Arbeitsgemeinschaft der ...
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Zelle<br />
„Wer einmal aus dem Blechnapf frisst” – Arbeiten in <strong>der</strong> Jugendarrestanstalt Nienburg<br />
Der Ablauf des Gesprächs ist stark abhängig von<br />
<strong>der</strong> Gruppengröße, den Teilnehmenden, ihrer<br />
Herkunft (verschieden Nationalitäten) <strong>und</strong> den<br />
damit verb<strong>und</strong>enen sprachlichen Kenntnissen.<br />
Beson<strong>der</strong>s schwierig ist es mit Jugendlichen, die<br />
wegen eines Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz<br />
einsitzen, da ihr Denken <strong>und</strong> Reden<br />
stark von Drogenbeschaffung (Preisvergleiche,<br />
„Stoffqualität“ usw.) geprägt ist. Selten hingegen<br />
kommt es zu einem sachlichen Gespräch <strong>und</strong> entsprechenden<br />
Fragen über Drogen <strong>und</strong> Drogenkonsum,<br />
z. B. zur Legalisierung von Haschisch (wie in<br />
den Nie<strong>der</strong>landen).<br />
In solchen Fällen kommt es dann auch schon<br />
einmal vor, dass ich ihnen die Frage nach ihrem<br />
bevorzugten Verbleib stelle: „Möchtest du jetzt in<br />
dieser Gesprächsgruppe sein o<strong>der</strong> wärst du lieber<br />
in deiner Zelle?“<br />
In <strong>der</strong> Regel ziehen die Arrestanten jedoch die<br />
Freiheit in <strong>der</strong> Gruppe dem Einschluss in ihrer Zelle<br />
vor.<br />
„Du sollst nicht begehren<br />
deines Nächsten ...“ o<strong>der</strong><br />
„Du brauchst nicht ...<br />
Die 10 Gebote gehören zu den Gr<strong>und</strong>standards<br />
christlichen Glaubens <strong>und</strong> auch das BGB stützt<br />
sich in seinen Aussagen zu den Gr<strong>und</strong>rechten auf<br />
das in den 10 Geboten geregelte Miteinan<strong>der</strong> zwischenmenschlicher<br />
Beziehungen. <strong>Für</strong> viele stehen<br />
die Gebote unter dem Gesichtspunkt von Verboten<br />
<strong>und</strong> dem starken „Du sollst nicht ...“ Ich <strong>für</strong> <strong>mich</strong><br />
versuche sie immer eher unter dem Blickwinkel zu<br />
sehen von „Du brauchst nicht ...“ o<strong>der</strong> „Ich möchte<br />
nicht, dass mir ...“<br />
Zum Hintergr<strong>und</strong>:<br />
Das Volk Israel war endlich aus <strong>der</strong> Sklaverei in<br />
Ägypten entkommen <strong>und</strong> machte sich unter <strong>der</strong><br />
Leitung Moses auf den Weg in das gelobte Land.<br />
Ein ganzes Volk unterwegs auf <strong>der</strong> Flucht, beim<br />
Einzug in ein neues vielversprechendes Land, in<br />
ein Land voller Wünsche <strong>und</strong> Erwartungen <strong>und</strong><br />
voller Hoffnung auf ein geregeltes, besseres <strong>und</strong><br />
freies Leben.<br />
Zurückgelassen hatten sie die Sklaverei, die<br />
Strafen, die eindeutigen Verbote <strong>und</strong> Regeln <strong>der</strong><br />
Unterdrücker. Jede/r wusste dort, was sie/er zu<br />
tun o<strong>der</strong> zu lassen hat. Der gesamte Alltag, das<br />
Miteinan<strong>der</strong>, das soziale Umfeld - alles war klar<br />
geregelt. Aber hier „auf <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>schaft“, ohne<br />
festen Tagesablauf? Die vielen Verunsicherungen,<br />
die großen körperlichen Anstrengungen, das<br />
enge Miteinan<strong>der</strong> ... Das war ein <strong>an<strong>der</strong>e</strong>r Alltag.<br />
Kein W<strong>und</strong>er, dass Probleme im Miteinan<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />
Streitigkeiten um umherlaufendes Vieh, um Hab<br />
<strong>und</strong> Gut aufkamen. Vielleicht nahm einer dem<br />
<strong>an<strong>der</strong>e</strong>n etwas weg, erzählte schlechte Dinge über<br />
jemanden o<strong>der</strong> verstand sich mit dessen Frau „zu<br />
FÜR ANDERE UND FÜR MICH (BAND 2)_83<br />
GEGEN DEN TREND ’2009