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Für andere und für mich, Band 2 - Arbeitsgemeinschaft der ...

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als einem spontanen Gefühlsausdruck. Es ist eine<br />

uralte Handlung. Ich greife auf Erfahrungen von<br />

Menschen zurück, die vor mir gelebt haben. Ich<br />

reihe <strong>mich</strong> ein in einen unübersehbaren Strom von<br />

Empfindungen, Gedanken <strong>und</strong> Begegnungen.<br />

Das mag gegenwärtig die größte Schwierigkeit<br />

sein, da „Tradition“ <strong>und</strong> „Geschichte“ vielfach<br />

nicht als Orientierung <strong>und</strong> Entlastung betrachtet<br />

werden, son<strong>der</strong>n als Einengung <strong>der</strong> persönlichen<br />

Freiheit.<br />

Beten ist lange etwas Selbstverständliches gewesen,<br />

elementar <strong>und</strong> alltäglich wie Brot essen o<strong>der</strong><br />

Wasser trinken . Es war etwas so Selbstverständliches,<br />

dass es in Israel ursprünglich kein eigenes<br />

Wort da<strong>für</strong> gegeben hat. Beten war Rufen, Lachen,<br />

Weinen, Schimpfen, Flehen - je nach den Umständen.<br />

Feststehende Riten, Orte o<strong>der</strong> Zeiten hat es<br />

in Israel anfangs kaum gegeben. Alles war erlaubt<br />

- das ist das wichtigste Merkmal dieses Volkes im<br />

Umgang mit seinem Gott.<br />

Beten war in je<strong>der</strong> Haltung <strong>und</strong> Tonlage möglich.<br />

Kein Wort wäre zu <strong>der</strong>b o<strong>der</strong> zu spontan gewesen.<br />

Alles war denkbar.<br />

Das ist heute meist an<strong>der</strong>s. Jahrzehntelang war<br />

das offizielle Gebet in die Hände <strong>der</strong> Tugendwächter<br />

<strong>und</strong> Wohlerzogenen gefallen, die es übel zugerichtet<br />

haben. Manches Wäldchen könnte noch<br />

stehen, wenn es nicht als unsägliches Gebetbuch<br />

hätte enden müssen. Ich schäme <strong>mich</strong> bis heute<br />

<strong>für</strong> die Gebetbücher, die mir als Vikar empfohlen<br />

wurden. Noch mehr schäme ich <strong>mich</strong> da<strong>für</strong>, dass<br />

ich sie verwendet habe. Und noch immer sind viele<br />

Kirchengebete oftmals nicht mehr als sprachliche<br />

Laubsägearbeiten, die stets brav die vorgegebene<br />

Linie einhalten, ohne das geringste Gespür da<strong>für</strong>,<br />

dass Beten sich um die Regeln <strong>der</strong> Etikette nicht<br />

zu scheren hat.<br />

Ein temperiertes Beten gibt es nicht!<br />

Vor 40 Jahren wurde in Rom die Laiengemeinschaft<br />

Sant’Egidio gegründet, ursprünglich eine Schüler-<br />

Beten – <strong>für</strong> <strong>an<strong>der</strong>e</strong> <strong>und</strong> <strong>für</strong> <strong>mich</strong><br />

<strong>und</strong> Studentenbewegung, die mittlerweile auch<br />

<strong>an<strong>der</strong>e</strong> Altersgruppen erfasst hat <strong>und</strong> in 70 Län<strong>der</strong>n<br />

vertreten ist. Im Mittelpunkt steht das Gebet,<br />

das sich aber nicht selbst genügt, son<strong>der</strong>n die<br />

Mitglie<strong>der</strong> dazu bringt, eine konkrete Solidarität<br />

mit den Armen zu leben, sich <strong>für</strong> den Frieden in<br />

<strong>der</strong> Welt einzusetzen <strong>und</strong> gegen die Todesstrafe<br />

vorzugehen <strong>und</strong> in verschiedenen afrikanischen<br />

Län<strong>der</strong>n die weitere Ausbreitung von HIV-Erkrankungen<br />

zu bekämpfen. 2003 wurde Sant’Egidio<br />

<strong>für</strong> den Friedensnobelpreis vorgeschlagen <strong>und</strong><br />

ist mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet<br />

worden. Ein Leitsatz <strong>der</strong> Arbeit von<br />

Sant’Egidio lautet: „Der Krieg ist die Mutter aller<br />

Armut.“<br />

Es gibt einen engen Zusammenhang von Beten<br />

<strong>und</strong> Engagement. Der interessiert <strong>mich</strong>!<br />

FÜR ANDERE UND FÜR MICH (BAND 2)_29<br />

GEGEN DEN TREND ’2009

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