Für andere und für mich, Band 2 - Arbeitsgemeinschaft der ...
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GEGEN DEN TREND ’2009<br />
letzter Ausweg Jugendknast!?<br />
Erziehungswille auch im<br />
Jugendknast<br />
Wenn Erwachsene strafrechtlich verurteilt werden,<br />
dann dient dies dem Gedanken <strong>der</strong> Abschreckung,<br />
<strong>der</strong> Sühne <strong>und</strong> <strong>der</strong> Genugtuung. Bei <strong>der</strong> Verurteilung<br />
von Jugendlichen <strong>und</strong> Heranwachsenden<br />
spielt hingegen <strong>der</strong> Erziehungsgedanke eine große<br />
Rolle, so auch im Vollzug <strong>der</strong> Jugendstrafe – in<br />
<strong>der</strong> Jugendstrafanstalt. Das Jugendgerichtsgesetz<br />
(JGG) bietet eine Fülle von Handlungsmöglichkeiten<br />
bei <strong>der</strong> Sanktionierung von straffällig<br />
gewordenen Jugendlichen. Sie reichen von <strong>der</strong><br />
richterlichen Ermahnung, über Arbeitsst<strong>und</strong>en<br />
o<strong>der</strong> soziale Trainingskurse bis zum Jugendarrest.<br />
Eine Jugendstrafe ist unter diesen Möglichkeiten<br />
die härteste, freiheitsentziehendste Maßnahme<br />
<strong>und</strong> soll auch als solche gesehen werden – als<br />
letzter Ausweg. Sie tritt dann ein, wenn <strong>an<strong>der</strong>e</strong><br />
Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen o<strong>der</strong> die<br />
Schwere <strong>der</strong> Schuld eine solche Strafe notwendig<br />
werden lässt.<br />
Eine Jugendstrafe kann von 6 Monaten bis zu 5<br />
Jahren dauern (bei schweren Verbrechen wie Raub,<br />
Vergewaltigung o<strong>der</strong> Mord, gar bis zu 10 Jahre).<br />
Die Länge einer Jugendstrafe wird vom jeweiligen<br />
Richter nach <strong>der</strong> „erfor<strong>der</strong>lichen erzieherischen<br />
Einwirkung“ (Weipert 2003, S. 20) bemessen, die<br />
hier zugr<strong>und</strong>e gelegten Kriterien bleiben jedoch im<br />
Einzelfall oft unklar.<br />
Das Ziel des Vollzuges, die Erziehung <strong>der</strong> jungen<br />
Verurteilten zu einem künftigen Legalverhalten,<br />
wird mit verschiedenen Erziehungsmitteln zu<br />
erreichen versucht (§ 91 Abs. 1 <strong>und</strong> 2 JGG). So<br />
soll es Möglichkeiten <strong>der</strong> schulischen <strong>und</strong> beruflichen<br />
(Weiter-)Qualifikation, neben sinnvollen<br />
Freizeitbeschäftigungen <strong>und</strong> „Leibesübungen“<br />
geben. Auch die Gewährleistung <strong>der</strong> seelsorgerlichen<br />
Betreuung ist gesetzlich verankert.<br />
Jugendliche StraftäterInnen sollen so innerhalb<br />
eines klar geregelten Tagesablaufs Abstand<br />
92_FÜR ANDERE UND FÜR MICH (BAND 2)<br />
gewinnen <strong>und</strong> <strong>für</strong> ein späteres Leben außer-<br />
halb <strong>der</strong> Gefängnismauern neue Anstöße be-<br />
kommen.<br />
Selber schuld!?<br />
Wer ist denn eigentlich Schuld, wenn die Jugendkriminalität<br />
scheinbar immer brisanter wird, o<strong>der</strong><br />
wenn ein Jugendlicher/eine Jugendliche es sich<br />
schwer tut mit <strong>der</strong> staatlichen (Zwangs-)Erziehung<br />
<strong>und</strong> immer wie<strong>der</strong> straffällig wird? Seine/Ihre<br />
Eltern, die ihn/sie nicht hart genug rangenommen<br />
haben' <strong>und</strong> ihm/ihr nicht beigebracht haben, dass<br />
es im Leben einfach Handlungsgrenzen gibt? Die<br />
Schule, die ihm/ihr vieles durchgehen ließ? O<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Jugendtreff? Ist es gar die Justizpolitik, die<br />
endlich mal härter durchgreifen müsste? Wie wäre<br />
es also mit <strong>der</strong> Herabsetzung des straffähigen<br />
Alters auf 6 Jahre?<br />
Schuld haben immer die <strong>an<strong>der</strong>e</strong>n. Das ist doch am<br />
einfachsten. Aber was mit den kriminellen Jugendlichen<br />
tun? Am liebsten einfach loswerden – also<br />
wegsperren. Da werden dann auch nicht unnötig<br />
Steuergel<strong>der</strong> verschleu<strong>der</strong>t. Soziale Trainingskurse<br />
= Teuer! Bringt sowieso nichts!<br />
Es ist schon nicht einfach, gegen die große<br />
Spannbreite <strong>der</strong> Vorurteile zum Thema Jugendkriminalität<br />
zu argumentieren. Die Medien tun<br />
durch ihre hetzenden Berichte zurzeit ihr Übriges<br />
dazu. Doch im Verlauf dieses Artikels soll versucht<br />
werden, diese Vorurteile zu entkräften. Fakt<br />
ist, dass es „die Kriminellen“ gar nicht gibt.<br />
Vielmehr hat jede/r „Knacki“ seine/ihre eigene<br />
Vergangenheit, seine/ihre individuelle Familien-<br />
<strong>und</strong> Lebensgeschichte. Wenn man sich den Ursachen<br />
von Jugendkriminalität wirklich zuwenden<br />
möchte, hilft keine einseitige Ursachenforschung,<br />
son<strong>der</strong>n eine Untersuchung aller Lebensbedingungen<br />
<strong>und</strong> vielfältigen Umstände des Aufwachsens:<br />
Familie, Freizeit, Schule, Peergroup,<br />
Gesellschaft ...