Der Nationale Integrationsplan - Sachsen-Anhalt
Der Nationale Integrationsplan - Sachsen-Anhalt
Der Nationale Integrationsplan - Sachsen-Anhalt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
4.7.<br />
mit wenigen Sparten oder mittelgroßen Spartenvereinen<br />
sind dies nur zehn bis 15 Prozent. Den steigenden<br />
Anteil von Migrantinnen und Migranten in der<br />
Bevölkerung unterschätzen jedoch ca. 28 Prozent der<br />
Vereine (insbesondere kleine Vereine mit wenigen<br />
Sparten). Sie müssen verstärkt auf die zunehmende<br />
Zuwanderung als zentrale gesellschaftliche Veränderung<br />
vorbereitet werden.<br />
140<br />
Die Wahrnehmung von Sportangeboten bietet<br />
für Menschen mit Migrationshintergrund<br />
Integrationschancen auf folgenden Ebenen:<br />
Soziale Integration kann im Sport dadurch stattfi nden,<br />
dass Personen aus unterschiedlichen Ethnien miteinander<br />
in Kontakt kommen, soziale Beziehungen<br />
hergestellt und soziale Bindungen aufgebaut werden.<br />
Kulturelle Integration erfolgt durch die Vermittlung<br />
von Kulturtechniken wie z. B. den Spracherwerb<br />
sowie den Erwerb kulturell eingefärbter sozialer<br />
„Normalitätsmuster“ wie Verhaltensmuster in Alltagssituationen.<br />
Sportvereine bieten nicht nur Orte des<br />
Sporttreibens, sondern sind auch Orte der Alltagskommunikation,<br />
die Anlass zu wechselseitigem interkulturellem<br />
Lernen bieten.<br />
Alltagspolitische Integration wird schließlich in<br />
Sportvereinen u. a. dadurch bewirkt, dass in ihnen<br />
demokratische Mitsprache stattfi ndet und freiwilliges,<br />
gemeinwohlorientiertes, bürgerschaftliches Engagement<br />
erbracht wird. Sie können insofern als „Schule<br />
der Demokratie“ wirken, als über die Partizipation<br />
an der Vereinspolitik und am Vereinsleben hinaus<br />
allgemeine demokratische Erfahrungen und Werte<br />
vermittelt werden.<br />
Einige dieser Integrationschancen werden im Vereinsalltag<br />
wie selbstverständlich umgesetzt, andere<br />
benötigen für die Umsetzung zusätzliche Förderung<br />
und Unterstützung. Die Sportvereine sind sehr<br />
heterogen, so dass eine Verdichtung zu allgemeinen<br />
Ratschlägen für eine erfolgreiche Integrationsarbeit<br />
schwer fällt. Dennoch lassen sich von den Erfahrungen<br />
der Vereine Rahmenbedingungen ableiten,<br />
welche einer besseren Einbindung von Migranten<br />
dienlich sind:<br />
Zielgruppenorientierte Angebote entwickeln<br />
Integrationskonzepte von Sportverbänden und -vereinen<br />
müssen zielgruppenorientiert sein. Ausgehend<br />
von den Erfahrungen abgeschlossener und noch laufender<br />
Projekte und unter Einbezug von Migrantinnen<br />
und Migranten müssen Sportangebote entwickelt<br />
werden, die bei ihnen besonders beliebt sind und ihrer<br />
Sportsozialisation entsprechen. Sie müssen die Zielgruppe<br />
sozial, kulturell, sprachlich und örtlich dort<br />
abholen, wo sie steht.<br />
Offene Sportangebote sind von besonderer Bedeutung:<br />
Niedrigschwellige Angebote ohne sofortige und<br />
unmittelbare Vereinsbindung bieten insbesondere für<br />
Migrantinnen und Migranten, die das deutsche Vereinssystem<br />
noch nicht kennen, einen guten Einstieg.<br />
Die Entwicklung von zielgruppengerechten Angeboten<br />
spielt vor allem bei jungen Frauen und Mädchen<br />
mit Migrationshintergrund eine besonders wichtige<br />
Rolle. Wenngleich es keine ausreichenden statistischen<br />
Daten gibt, indizieren aktuellere Untersuchungen,<br />
dass Mädchen mit Migrationshintergrund<br />
deutlich weniger im (organisierten) Sport aktiv sind,<br />
als die männliche Vergleichsgruppe. Daraus kann<br />
aber nicht geschlossen werden, dass sie weniger<br />
Interesse an Sportangeboten haben: Sie sind durchaus<br />
daran interessiert, sich sportlich zu betätigen.<br />
Jedoch sind sie erfahrungsgemäß meist nur über<br />
eine persönliche Ansprache erreichbar und nehmen<br />
Angebote oftmals nur dann wahr, wenn die Familie in<br />
ihrer Gesamtheit angesprochen wird. Hinzu kommt<br />
die Notwendigkeit besonderer Voraussetzungen für<br />
die Teilnahme von Mädchen und Frauen aus dem<br />
muslimischen Kulturkreis an Sportangeboten wie<br />
geschlechtsspezifi sche Sportgruppen, getrennte<br />
Dusch- und Umkleideräume, weibliches Trainingspersonal<br />
und Kleidung, die mit den religiösen Geboten<br />
vereinbar ist.<br />
Nachhaltige Angebote schaffen<br />
Die mit und durch den (organisierten) Sport stattfi ndenden<br />
Integrationsprozesse müssen auf Langfristigkeit<br />
und Nachhaltigkeit ausgelegt werden.<br />
Interkulturelle Vermittler stärken<br />
Integrationsarbeit in einem Sportverein sollte stets<br />
gemeinsam mit Migrantinnen und Migranten gestaltet<br />
werden. Man braucht dazu engagierte Personen,<br />
die zwischen beiden Strukturen – den deutschen Vereinsstrukturen<br />
und den kulturellen Gegebenheiten<br />
der Migrantinnen und Migranten – vermitteln können<br />
und dort akzeptiert werden. Eine enge Zusammenarbeit<br />
mit Migrantenvereinen (z. B. Kulturvereine, religiöse<br />
Vereine, etc.) bietet Möglichkeiten, Migrantinnen<br />
und Migranten zu erreichen, um das Bewusstsein für<br />
die Bedeutung des Sports zu erhöhen.<br />
Integration ist ein wechselseitiger Prozess<br />
Bei der einheimischen (deutschen) Bevölkerung gilt<br />
es, Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit abzubauen.<br />
Gleichzeitig müssen auch die Migrantinnen und<br />
Migranten bereit sein, sich für die Gesellschaft zu<br />
öffnen. Nur wenn einheimische und zugewanderte<br />
Bevölkerung sich als gegenseitige Bereicherung empfi<br />
nden, kann Integration auch über den Verein und<br />
den reinen Übungs- und Wettkampfbetrieb hinaus<br />
stattfi nden.