Der Nationale Integrationsplan - Sachsen-Anhalt
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4.2.<br />
2. Sprachförderung in Kinder tageseinrichtungen<br />
und in Kindertagespfl<br />
ege<br />
52<br />
Kinder können sich jederzeit – von Anbeginn ihres<br />
Lebens an oder auf der Basis einer Erstsprache – eine<br />
zweite oder dritte Sprache aneignen. Bereits vor dem<br />
dritten Lebensjahr können sich Kinder unterschiedlichster<br />
Erstsprachen die Grundlagen einer zweiten<br />
Sprache erschließen. Dies gelingt bei Kindern, die<br />
ihren primären Spracherwerb mit einer anderen Sprache<br />
als Deutsch begonnen haben, insbesondere dann<br />
in der Regel sehr gut, wenn der implizite Spracherwerb<br />
der frühkindlichen Phase durch das explizite<br />
Lernen möglichst früh ab dem Eintritt in eine Kindertageseinrichtung<br />
aktiv unterstützt wird.<br />
Frühe Sprachförderung ist dann erfolgreich, wenn<br />
die Zusammenhänge des Spracherwerbs mit den<br />
kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklungsprozessen<br />
der Kinder berücksichtigt werden und die<br />
unterschiedlichen Förderelemente einem integrierten<br />
Sprachförderkonzept folgen. Dabei ergänzen sich situative<br />
Sprachförderangebote und strukturierte, systematisch<br />
aufgebaute, kontinuierliche Förderkonzepte.<br />
Eine pädagogische, auf den Erkenntnisse der Spracherwerbsforschung<br />
basierende Sprachdiagnostik, die<br />
die valide Einschätzung des Sprachstandes ermöglicht<br />
und mit Blick auf die Entwicklungsprozesse und die<br />
Mehrsprachigkeit des Kindes angewendet, interpretiert<br />
und dokumentiert wird, erlaubt die Feststellung<br />
des individuellen konkreten Förderbedarfs. Mehrsprachigkeit,<br />
vorhandene Sprach- und Kommunikationsfähigkeiten<br />
und unterschiedliche kulturelle Erfahrungen<br />
in der Familie prägen die Sprachentwicklung<br />
von Kindern mit Migrationshintergrund und sind<br />
zugleich die Basis für weiteres Lernen.<br />
Im Bundesdurchschnitt besucht die Hälfte der Drei-<br />
und Vierjährigen aus Familien mit Migrationshintergrund<br />
den Kindergarten, bei den Vier- und Fünfjährigen<br />
sind es etwas über achtzig Prozent. Wie bei<br />
deutschen Familien besuchen Migrantenkinder von<br />
Eltern aus bildungsfernen Milieus seltener Betreuungseinrichtungen.<br />
In vielen Tageseinrichtungen für<br />
Kinder in einigen städtischen Ballungsgebieten bilden<br />
Kinder mit Zuwanderungsgeschichte die größte<br />
Gruppe, wobei die individuellen Situationen der Kinder<br />
je nach Nationalität, kulturellem Hintergrund und<br />
sprachlicher Situation in den Familien sehr vielfältig<br />
sind. Wenn Kinder nicht ausreichende Gelegenheit<br />
haben, Deutsch zu hören und sich auf Deutsch zu<br />
artikulieren, kann kein Spracherwerb stattfi nden. Die<br />
gute Entwicklung von Deutschkenntnissen gelingt<br />
unter diesen Umständen also nicht „von alleine“, nur<br />
eine aktive Förderung bringt die anzustrebenden<br />
Fortschritte.<br />
Angesichts der wachsenden Zahl von Kindern mit Migrationshintergrund<br />
stehen die Kindertageseinrichtungen<br />
als Bildungs- und Erziehungseinrichtungen,<br />
aber auch die Kindertagespfl ege, vor einer großen<br />
Herausforderung. Kindertageseinrichtungen sind<br />
zentrale Orte für die frühkindliche Sprachförderung.<br />
Dabei ist zu beachten, dass die Rahmenbedingungen<br />
in den Kindertageseinrichtungen, insbesondere die<br />
Gruppengröße, der Erzieher- Kind-Schlüssel, ein hoher<br />
Geräuschpegel und ungünstige sprachliche Gruppenzusammensetzungen,<br />
eine angemessene Förderung<br />
von Kindern mit besonderem Förderbedarf erschweren.<br />
Auch die Ausbildung der Fachkräfte trägt der Thematik<br />
nicht überall ausreichend Rechnung.<br />
Gelingende Ansprache und die Zusammenarbeit mit<br />
den Eltern mit Migrationshintergrund ist nicht in<br />
allen Kindertageseinrichtungen Selbstverständlichkeit.<br />
Maßnahmen zur Stärkung der Elternkompetenz,<br />
die Einbeziehung der Eltern in den Sprachförderprozess<br />
und verlässliche institutionenübergreifende<br />
Kooperationsstrukturen aller an der Bildung und<br />
Erziehung von Kindern beteiligten Akteure fehlen<br />
vielfach.<br />
Die aktuelle Situation stellt hohe Anforderungen an<br />
die Erzieherinnen und Erzieher in den Einrichtungen.<br />
Die Notwendigkeit einer umfassenden sprachlichen<br />
Bildung und von Erziehungs- und Bildungspartnerschaften<br />
mit den Eltern, die geprägt sind von einer<br />
Wertschätzung der Kompetenzen der Kinder und<br />
Eltern sowie der kulturellen Vielfalt als Ressource,<br />
ist nicht allen Erzieherinnen und Erziehern bewusst.<br />
Die Fachkräfte sind Sprachvorbild für die Kinder und<br />
Hauptakteure bei der Zusammenarbeit mit Eltern.<br />
Ihre Kenntnisse über Sprachentwicklung, die Zielsprache<br />
Deutsch, sprachliche Regelsysteme und über die<br />
Zusammenhänge von Sprache, Kognition und sozialer<br />
Kompetenz sind zentrale Voraussetzungen für eine<br />
professionelle Sprachförderung.<br />
In vielen Ländern werden Überlegungen angestellt<br />
oder sind bereits in die Tat umgesetzt, die deutsche<br />
Sprache bei Kindern mit Migrationshintergrund<br />
gezielter zu fördern. Da die Maßnahmen jedoch in der<br />
Regel erst vor wenigen Jahren in die Wege geleitet<br />
wurden, liegen Erkenntnisse über die Effektivität der<br />
Maßnahmen bisher kaum vor.<br />
Gute Deutschkenntnisse aller Kinder zu Schulbeginn<br />
sind eines der herausragenden Ziele früher Sprachförderung<br />
in Kindertageseinrichtungen. Zwingend erforderlich<br />
ist hierbei die Verfügbarkeit eines ausreichend<br />
großen Angebots an Betreuungsplätzen und die<br />
Sicherstellung eines ausreichenden Sprachangebots.<br />
Benötigt werden gute verlässliche Instrumente zur<br />
pädagogischen Sprachdiagnostik, Beobachtungs- und<br />
Dokumentationsverfahren des sprachlichen Verhaltens<br />
von Kindern als Grundlage der Förderung sowie<br />
Maßnahmen zur Sprach- und Entwicklungsförderung