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Der Nationale Integrationsplan - Sachsen-Anhalt

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Communities antizipieren eher traditionelle Einstellungen<br />

und gelegentlich auch ein defi zitäres Bild von<br />

Migrantinnen. Daher muss sich Integrationspolitik an<br />

der Vielfalt der Lebensrealitäten von Migrantinnen<br />

orientieren und einer Stereotypisierung des Bildes von<br />

Migrantinnen in der Gesellschaft entgegenwirken.<br />

3. Themenschwerpunkt:<br />

Gesundheit, Sexualaufklärung,<br />

Altenhilfe<br />

3.1. Bestandsaufnahme<br />

Gesundheit und Sexualaufklärung sind Bereiche, die<br />

das Leben von Migrantinnen in besonderer Weise<br />

berühren, ihnen kommt eine besondere Schlüsselfunktion<br />

und Verantwortung im Hinblick auf ihre<br />

eigene Gesundheit und die ihrer Familien zu. Die<br />

Berichte Betroffener aber auch von Trägern von Integrationsmaßnahmen<br />

zeigen, dass sie in Integrationsmaßnahmen<br />

speziell für Frauen außerordentlich gern<br />

angenommen werden. Dies geschieht vor dem Hintergrund,<br />

dass Frauen mit Migrationshintergrund überwiegend<br />

bestrebt sind, auch beim Arztbesuch oder bei<br />

Krankenhausaufenthalten von Familienmitgliedern<br />

unabhängig Entscheidungen treffen zu können. Allerdings<br />

zeigt die Praxis, dass diese Themen schwierig zu<br />

vermitteln sind, wenn sie in geschlechtergemischten<br />

Gruppen behandelt werden. Dies gilt besonders für<br />

Maßnahmen der Sexualaufklärung und Familienplanung.<br />

Generell ist der Umgang mit Themen wie<br />

Sexualität, Liebe und Verhütung aufgrund kultureller<br />

Barrieren erschwert. So ist Sexualität in den meisten<br />

Migrantinnengruppen kein offenes Thema in der<br />

Familie, besonders im Verhältnis zur Mutter und zu<br />

älteren Verwandten ist es tabu.<br />

Die Integration von Migrantinnen und Migranten in<br />

das derzeitige präventive Regelangebot der Gesetzlichen<br />

Krankenversicherung ist – ebenso wie bei<br />

anderen Bevölkerungsgruppen in sozial ähnlichen<br />

Lagen – derzeit oft noch defi zitär. Dies gilt z. B. besonders<br />

im Hinblick auf Präventionsmaßnahmen. Trotz<br />

grundsätzlicher Zugangsoffenheit zum Angebot der<br />

GKV-Vorsorgeleistungen für alle (dies trifft u. a. nicht<br />

für Asylbewerberinnen und –bewerber zu) sind Migrantinnen<br />

z. B. bei der Inanspruchnahme zahnmedizinischer<br />

Präventivmaßnahmen deutlich unterrepräsentiert,<br />

während zugleich das gesundheitliche Risiko<br />

mit abnehmendem Sozialstatus steigt. Auch Vorsorgeuntersuchungen<br />

in der Schwangerschaft werden<br />

seltener und auch später in Anspruch genommen,<br />

während die kindliche Morbidität nach der Geburt<br />

höher ist als bei deutschen Müttern. Diese Beispiele<br />

sind Indikatoren für Hindernisse im Hinblick auf die<br />

Effektivität von Präventionsangeboten und zeigen,<br />

4.4.<br />

dass grundsätzlich gleiche Nutzungsrechte wie auch<br />

-möglichkeiten noch keine gleiche Nutzungseffektivität<br />

garantieren.<br />

Zu wenig Bedeutung beigemessen wird nach Auffassung<br />

Betroffener der Art und der Komplexität<br />

der Sprache, in der Inhalte vermittelt werden. So<br />

behindern informationsbedingte, kulturelle und<br />

kommunikative Barrieren die Nutzung präventiver<br />

und gesundheitsförderlicher Angebote und Möglichkeiten.<br />

Immens wichtig ist hier die Verwendung einer<br />

angemessenen Sprache.<br />

Gleiches gilt für die erforderliche Kultursensibilität.<br />

Sie ist außerordentlich wichtig als Qualitätskriterium<br />

der in Deutschland insgesamt sehr umfangreich<br />

bestehenden Beratungsangebote ebenso als Bestandteil<br />

der Aus- und Fortbildung von Ärzten, Ärztinnen<br />

und Pfl egekräften. Nur in wenigen Bereichen sind die<br />

entsprechenden Voraussetzungen heute in der Weise<br />

geschaffen, dass Frauen mit Migrationshintergrund,<br />

hier insbesondere Frauen mit afrikanischem Migrationshintergrund,<br />

auf eine kultur- und geschlechtergerechte<br />

Ansprache vertrauen können.<br />

Die Approbation in den Heilberufen ist grundsätzlich<br />

an die deutsche Staatsangehörigkeit geknüpft. Darüber<br />

hinaus ist die Approbation an gleichgestellte Personen<br />

(Angehörige der EU- und EWR-Staaten) zu erteilen,<br />

während Drittstaatsangehörige z. B. erst nach<br />

einer berufl ichen Integrationszeit eine Approbation<br />

erhalten. Mit Blick auf die interkulturelle Öffnung des<br />

Gesundheitswesens und der Altenhilfe, insbesondere<br />

im Hinblick auf die in Deutschland aufgewachsenen<br />

und ausgebildeten Migrantinnen und Migranten wird<br />

geprüft, ob ein erleichterter Zugang zur Approbation<br />

erforderlich ist.<br />

Für passgenaue Beratungsangebote bedarf es einer<br />

genauen Kenntnis der Zielgruppe. Hier zeigt die Praxis,<br />

dass Angebote, die von Migrantinnenselbstorganisationen<br />

erbracht werden oder in Kooperation mit<br />

ihnen erarbeitet und durchgeführt werden, erfolgreich<br />

arbeiten.<br />

Das Thema Integration älterer Migrantinnen wurde<br />

insbesondere diskutiert unter dem Blickwinkel der<br />

interkulturellen Öffnung bestehender Angebote<br />

der Altenhilfe und dem Schaffen von Einrichtungen<br />

für bestimmte Zielgruppen von Migrantinnen und<br />

Migranten.<br />

Die Lebenssituation älterer Migrantinnen ist nicht nur<br />

in Deutschland sondern weltweit prekär. Sie ist prekär,<br />

weil drei Diskriminierungstatbestände zusammenkommen:<br />

Geschlecht, Alter und Ethnie. Daher ist es<br />

wichtig, ihre Lebenslage besonders aufmerksam zu<br />

betrachten.<br />

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