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Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

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DIE EDO-ZEIT 97<br />

Über <strong>die</strong> faktische Durchsetzbarkeit derartiger Vorschriften ist damit<br />

jedoch keine Aussage getroffen. Zumin<strong>des</strong>t erlauben sie uns<br />

einen zeitlichen Anhaltspunkt über <strong>die</strong> tatsächliche Dauer <strong>die</strong>ser<br />

weiträumigen Pilgerreisen.<br />

3. 1. 1 Die „Bruderschaften“ (kô)<br />

Die Organisation der Reisen oblag sog. „Bruderschaften“ (kô),<br />

<strong>die</strong> sich vor allem in den Dörfern, weniger in den Städten, herausbildeten.<br />

Im Gegensatz zu den mittelalterlichen miyaza oder tôya,<br />

den „Schrein-Gilden“, <strong>die</strong> von wohlhabenden Gemeindemitgliedern<br />

<strong>des</strong> jeweiligen Dorfes kontrolliert worden waren, „confraternities<br />

were voluntary associations to which peasants of all levels of<br />

village society could belong“ (Shanti 1986: 263). Die dörflichen<br />

Bruderschaften gingen auf <strong>die</strong> Missionsbemühungen der oshi-<br />

Glaubensboten zurück <strong>und</strong> hatten <strong>die</strong> Aufgabe, <strong>die</strong> Pilgerreise eines<br />

oder mehrerer Mitglieder zu organisieren <strong>und</strong>, <strong>die</strong>s vor allem,<br />

finanziell zu ermöglichen. In der Art eines gemeinschaftlichen<br />

Sparvereins – Franziska Ehmcke spricht treffend von „Reisefinanzierungs-Organisationen“<br />

(Ehmcke 1994: 62) – zusammengefaßt,<br />

wurde Geld von den Mitgliedern über einen längeren Zeitraum<br />

angespart <strong>und</strong> schließlich, meist in Form einer Lotterie, an<br />

den oder auch <strong>die</strong> Glücklichen, welche <strong>die</strong> Wallfahrt im Auftrag<br />

der Dorfgemeinschaft durchführen durften, ausgezahlt. Die Möglichkeit<br />

<strong>des</strong> Gewinns eröffnete sich dabei jeweils nur einmal, so daß<br />

sichergestellt war, daß je<strong>des</strong> Mitglied an <strong>die</strong> Reihe kam. Der Zweck<br />

der Reise bestand darin, Amulette der besuchten Wallfahrtsstätten<br />

zu sammeln <strong>und</strong> zurück ins Dorf zu bringen, wo sie dem lokalen<br />

Schrein oder Tempel inkorporiert wurden. Die Amulette wurden<br />

als im Besitz der göttlichen Kraft der besuchten heiligen Stätte<br />

angesehen, <strong>und</strong> so konnte <strong>die</strong> Übertragung numinoser Macht auf<br />

<strong>die</strong> Gemeinschaft sichergestellt werden.<br />

Unter den Bruderschaften kam den Ise-Bruderschaften (Ise-kô)<br />

<strong>die</strong> größte Verbreitung zu. Bitô (1991) führt in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />

aus, daß <strong>die</strong> Verbreitung <strong>des</strong> Ise-Kultes in der Bevölkerung<br />

weitreichende Auswirkungen auf das lokale religiöse Leben<br />

gezeitigt habe. Nachdem <strong>die</strong> Missionsbemühungen der oshi von<br />

Ise sich ursprünglich nur an <strong>die</strong> Oberschicht gewendet hätten, wären<br />

<strong>die</strong>se seit dem ausgehenden 16. Jahrh<strong>und</strong>ert dazu übergegan-

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