04.06.2013 Aufrufe

Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

MEIJI-RESTAURATION UND MEIJI-ZEIT 211<br />

daß <strong>die</strong> Inhalte <strong>und</strong> Maximen von Hirata-<strong>Shintô</strong> <strong>und</strong> Mitogaku,<br />

d.h. das Konzept <strong>des</strong> <strong>japanischen</strong> kokutai, zum geistigen Allgemeingut<br />

<strong>und</strong> zur Gr<strong>und</strong>lage der <strong>japanischen</strong> Staatsräson offiziell<br />

erklärt worden waren. Der Umstand allein, daß der <strong>Shintô</strong> aus realpolitischen<br />

Gründen (Gewährung der Religionsfreiheit in der Meiji-Verfassung)<br />

pro forma zur „Nicht-Religion“ erklärt wurde,<br />

liefert keinen Beleg für <strong>die</strong> These eines Scheiterns <strong>des</strong> <strong>Shintô</strong> als<br />

Staatsreligion. Eher das Gegenteil kann hier als zutreffend angesehen<br />

werden: Um das shintôistische F<strong>und</strong>ament <strong>des</strong> modernen <strong>japanischen</strong><br />

Kaiserreiches auch gegen den Druck inner- <strong>und</strong> außerjapanischer<br />

Opposition – Liberalismus im Inneren, Imperialismus<br />

von Außen – zu retten, verfiel <strong>die</strong> Regierung auf den „genialen“<br />

Ausweg, den <strong>Shintô</strong> zu einem areligiösen Staatskult zu erklären.<br />

Insbesondere ausländische Beobachter haben <strong>die</strong>sen Umstand stets<br />

deutlich angesprochen, wie wir im weiteren Verlauf der Untersuchung<br />

sehen werden.<br />

Insgesamt folge ich eher der Einschätzung eines hervorragenden<br />

Kenners der Problematik, sowie Zeitzeugen der Ereignisse, D.<br />

C. Holtom (1922), der aufgr<strong>und</strong> seiner intensiven Stu<strong>die</strong>n zu der<br />

Überzeugung gelangte, daß sich der <strong>Shintô</strong> in seiner Funktion als<br />

Staatskult in den Jahren zwischen 1880 <strong>und</strong> 1920 beständig ausgeweitet,<br />

<strong>und</strong> daß sich <strong>die</strong>se Ausdehnung über <strong>die</strong> ganze Periode<br />

hinweg relativ gleichmäßig vollzogen habe. 47 Und schließlich zeigt<br />

<strong>die</strong> geistig-politische Entwicklung in den dreißiger <strong>und</strong> frühen<br />

vierziger Jahren, wie stark <strong>die</strong> Ideologisierung von Staat <strong>und</strong> Gesellschaft<br />

durch Gr<strong>und</strong>sätze <strong>des</strong> (Staats-) <strong>Shintô</strong> fortgeschritten ist.<br />

Insgesamt zeigt sich somit eher ein später Triumph der Hirata-<br />

Schule denn ihre Niederlage – in inhaltlicher, nicht ritualistischer<br />

Hinsicht<br />

Für <strong>die</strong>se weitere Entwicklung bilden <strong>die</strong> Meiji-Verfassung <strong>und</strong><br />

vor allem der sog. Erziehungserlaß <strong>die</strong> geistige Gr<strong>und</strong>lage. Wir haben<br />

uns also im folgenden mit <strong>die</strong>sen Bereichen näher auseinanderzusetzen.<br />

47 Holtom 1922: 47. In seiner Rezension <strong>des</strong> Werkes von Ernst Lokowandt (1978) betont<br />

Peter Fischer (in NOAG 131-132, 1982: 147-156), daß er für <strong>die</strong> 1880er-Jahre kein Dokument<br />

habe ausfindig machen können, welches das Konzept <strong>des</strong> <strong>Shintô</strong> als areligiösen Kult<br />

bereits für <strong>die</strong>se Periode belegen könne. Weiterhin bemerkt der Verf.: „Die <strong>Shintô</strong>-Forschung<br />

sollte daher verstärkt den 90er Jahren ihr Augenmerk widmen <strong>und</strong> dabei insbesondere <strong>die</strong><br />

außenpolitischen Aspekte, <strong>die</strong> von erheblicher Bedeutung auch <strong>und</strong> gerade für <strong>die</strong> religiöse<br />

Entwicklung Japans in <strong>die</strong>sen Jahren waren, stärker als bisher in ihre Untersuchungen einbeziehen“<br />

(a.a.O., S. 150).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!