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Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

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MEIJI-RESTAURATION UND MEIJI-ZEIT 181<br />

sprochen <strong>und</strong> große Teile <strong>des</strong> geistlichen Besitzes wurden von der<br />

Regierung konfisziert (vgl. Holtom 1922: 11).<br />

Das zentrale ideologisch-intellektuelle Motiv der Restaurationsbewegung<br />

war im sogenannten „reinen“ <strong>Shintô</strong> (Fukko-<strong>Shintô</strong>)<br />

der Hirata-Schule gegeben. Atsutanes Anhänger forderten bekanntlich<br />

eine Rückkehr zu einer Regierungsform, wie sie idealtypisch<br />

in der kaiserlichen Herrschaft <strong>des</strong> „ersten“ Tennô Jimmu<br />

der klassischen Überlieferung gesehen wurde. Kern <strong>die</strong>ses Weltbil<strong>des</strong><br />

war der Glaube an <strong>die</strong> direkte Abstammung <strong>des</strong> Kaiserhauses<br />

von der Sonnengöttin Amaterasu <strong>und</strong> <strong>die</strong> Einzigartigkeit <strong>und</strong><br />

Überlegenheit <strong>des</strong> <strong>japanischen</strong> kokutai. Die ersten vier Jahre der<br />

Meiji-Zeit (1868-1872) waren gekennzeichnet von dem Versuch<br />

der Meiji-Oligarchie, einen von buddhistischen Einflüssen radikal<br />

gesäuberten <strong>Shintô</strong> in den Staat zu integrieren.<br />

Die Meiji-Regierung bezog ihre Legitimation somit aus der<br />

Existenz eines frühgeschichtlichen, historisch ungesicherten Kaisers,<br />

<strong>des</strong>sen Herrschaft gleichwohl als Muster für den modernen<br />

Staat <strong>die</strong>nte. Im Jimmu-Kult der Meiji-Zeit zeigt sich <strong>die</strong> tiefe Irrationalität<br />

der frühen staatlichen Strukturen <strong>des</strong> modernen Japans.<br />

Verschiedene ab 1868 von Kaiser <strong>und</strong> Regierung herausgegebene<br />

Erlasse dokumentieren <strong>die</strong>se Absicht.<br />

Schon im Jahre 1868 proklamierte <strong>die</strong> Meiji-Regierung als ihr<br />

Ziel nicht <strong>die</strong> Trennung, sondern <strong>die</strong> Einheit von Kult <strong>und</strong> Regierung<br />

(saisei-itchi). Inhaltlich relativ unbestimmt, besagt <strong>die</strong>ses<br />

Konzept lediglich, daß <strong>die</strong> Regierungsgeschäfte in dem gleichen<br />

Geist zu führen seien, in dem auch <strong>die</strong> Götter <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> verehrt<br />

würden. Die konkrete Bedeutung <strong>die</strong>ses Konzepts liegt jedoch in<br />

der religiös f<strong>und</strong>ierten Legitimation von Herrschaft. Ernst Lokowandt<br />

(1989: 14) schreibt zur Bedeutung <strong>des</strong> saisei-itchi-Gedankens:<br />

„Dieses Konzept beruht auf dem Glauben an <strong>die</strong> Göttlichkeit Japans <strong>und</strong> <strong>des</strong><br />

Kaiserhauses <strong>und</strong> auf dem Glauben an das fortwährende Wirken der Götter,<br />

deren Schutz <strong>und</strong> Hilfe man sich vergewissern muß. Es demonstriert <strong>die</strong><br />

Gr<strong>und</strong>lagen <strong>des</strong> Staates im Religiösen.“<br />

Zur Verbreitung <strong>und</strong> Durchsetzung <strong>die</strong>ser Ideologie wurde im<br />

Februar 1868 das Amt für <strong>Shintô</strong>-Angelegenheiten (jingi jimukyoku)<br />

ins Leben gerufen, als eines von acht Büros <strong>des</strong> Staatsrats.<br />

Nur kurze Zeit später erließ der Staatsrat (dajôkan) den Befehl,<br />

Buddhismus <strong>und</strong> <strong>Shintô</strong> zu trennen (Shimbutsu-bunri no rei). Ob-

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