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Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

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MEIJI-RESTAURATION UND MEIJI-ZEIT 241<br />

der Propagierung <strong>des</strong> <strong>Shintô</strong> als Staatsdoktrin in <strong>die</strong>ser Zeit zukam<br />

<strong>und</strong> wieviele anachronistische, scheinbar archaische Elemente zu<br />

<strong>die</strong>sem Zweck rekonstruiert wurden, darf hier ein wesentlicher<br />

Schlüssel zum Verständnis der Traditionslinien <strong>des</strong> modernen<br />

kaiserlichen Bestattungswesens vermutet werden.<br />

Es kann als Glücksfall gewertet werden, daß zu <strong>die</strong>sem Punkt<br />

zwei zeitgenössische Arbeiten vorliegen, <strong>die</strong> von E. Ohrt in den<br />

Jahren 1910 <strong>und</strong> 1911 in den Mitteilungen der OAG, Tôkyô, veröffentlicht<br />

wurden. Deren eine beschreibt generell <strong>die</strong> „Totengebraeuche<br />

in Japan“ (Ohrt 1910 a), <strong>die</strong> andere behandelt detailliert<br />

„Das Staatsbegraebnis <strong>des</strong> Fuersten Itô“ (Ohrt 1910 b).<br />

Anhand <strong>die</strong>ser Ausführungen, <strong>die</strong> hier nicht noch einmal in extenso<br />

referiert zu werden brauchen, lassen sich <strong>die</strong> folgenden Schlüsse<br />

ziehen: 1. Die Beisetzung <strong>des</strong> Meiji-tennô zeigt kein besonderes,<br />

auf den Bereich kaiserlichen Bestattungswesens beschränktes Zeremonial,<br />

sondern sie folgt dem Muster der erst in der Meiji-Zeit<br />

begründeten Staatsbegräbnisse. 2. Die Form <strong>die</strong>ser Begräbnisse<br />

stellt nur eine besonders elaborierte Fassung <strong>des</strong> Meiji-zeitlichen<br />

<strong>Shintô</strong>-Bestattungswesens dar. 3. Der generelle Ablauf einer shintôistischen<br />

Bestattung läßt sich nach Ohrt folgendermaßen umreißen:<br />

„Der religiöse Teil einer shintôistischen Bestattung zerfällt normaler<br />

Weise in vier getrennte Akte: Mitama utsushi, d.h. <strong>die</strong> Hinüberleitung der<br />

Seele <strong>des</strong> Verstorbenen in das tamashiro, shukkwan, <strong>die</strong> feierliche Entfernung<br />

<strong>des</strong> Sarges aus dem Sterbehause, sôjô no shiki, <strong>die</strong> Hauptfeier für das<br />

gesamte Trauergefolge, <strong>und</strong> maisô, <strong>die</strong> eigentliche Beerdigung. Die beiden<br />

ersten Feiern finden im Sterbehaus statt, das sôjô no shiki gewöhnlich in<br />

einer Halle, <strong>die</strong> für solche Feiern ein für alle Mal zur Verfügung gestellt<br />

wird, oder <strong>die</strong> man für eine Beerdigung besonders errichtet, <strong>und</strong> das maisô<br />

am Grabe [...].<br />

Ausländer, <strong>die</strong> an einer shintôistischen Beerdigung teilnehmen, werden in<br />

der Regel nur dem sôjô no shiki beiwohnen, wenn nicht eben mehrere <strong>die</strong>ser<br />

Feiern zu einer kombiniert werden“(Ohrt 1910 a: 92).<br />

Es zeigt sich, daß der Ablauf der kaiserlichen Beisetzungsfeiern<br />

exakt <strong>die</strong>sem allgemeinen Schema der meijizeitlichen <strong>Shintô</strong>-<br />

Bestattungen folgte. Von besonderem Interesse ist dabei <strong>die</strong> ausdrücklich<br />

erwähnte Rolle von eventuell teilnehmenden Ausländern.<br />

Ihnen kommt eine Teilnahme nur am sôjô no shiki zu;<br />

folglich fand sich bei der Beisetzung <strong>des</strong> Meiji-tennô (wie auch

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