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Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

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KAPITEL III<br />

Lehranstalt bezeichneten Regierungsbürokraten sie auch als „Amt<br />

für Unentschlossenheit“ (injunkan) oder „Mittagsschlafs-Ministerium“<br />

(hiruneshô, vgl. Fridell 1975: 154; Hardacre 1989: 44).<br />

Diese Querelen führten letztlich zum Ende der „Großen Lehre“.<br />

Auslöser war eine Auseinandersetzung zwischen den beiden bedeutendsten<br />

Heiligtümern <strong>des</strong> <strong>Shintô</strong>, dem Ise- <strong>und</strong> dem Izumo-<br />

Schrein.<br />

2. 3. 1 Der „Pantheon-Disput“<br />

Seit dem Jahr 1875 spaltete der sog. Pantheon-Disput (saijinronsô)<br />

auch noch <strong>die</strong> shintôistische Priesterschaft in sich (vgl.<br />

Hardacre 1989: 48 ff.; Philippi 1995). Der Oberpriester <strong>des</strong> Großschreins<br />

von Izumo, Senge Takatomi (1845-1918), hatte <strong>die</strong> Vormachtstellung<br />

<strong>des</strong> Ise-jingû angegriffen <strong>und</strong> forderte nun, daß<br />

auch <strong>die</strong> Hauptgottheit <strong>des</strong> Izumo-Schreins, Ôkuninushi no mikoto,<br />

als Herr der Unterwelt in das staats-offizielle Pantheon aufgenommen<br />

werde. Sein Amtskollege am Ise-jingû, Tanaka Yoritsune<br />

(1836-1897), lehnte <strong>die</strong>ses Ansinnen ab. Daraus entstand<br />

ein Disput, der schließlich <strong>die</strong> <strong>Shintô</strong>-Welt praktisch in zwei Lager<br />

spaltete.<br />

Wie Muraoka Tsunetsugu (1988: 217 f.) ausführt, trat Senge<br />

Takatomi dafür ein, daß Ôkuninushi no kami gemeinsam mit den<br />

drei Schöpfer-Gottheiten <strong>und</strong> der Sonnengöttin verehrt werden<br />

sollte; er versuchte auf <strong>die</strong>se Weise, <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>lagen <strong>des</strong> offiziellen<br />

<strong>Shintô</strong>-Glaubensbekenntnisses zu korrigieren. Seine Gegenspieler,<br />

Tanaka Yoritsune <strong>und</strong> andere, welche <strong>die</strong> Position <strong>des</strong> Ise-Schreins<br />

repräsentierten, äußerten ihre Bedenken in <strong>die</strong>ser Frage, <strong>und</strong> insbesondere<br />

Tanaka war darüberhinaus der Auffassung, daß <strong>die</strong> <strong>Konzeption</strong><br />

<strong>des</strong> Ôkuninushi no kami eine Imitation von Jesus darstelle!<br />

Ochiai Naoaki (1852-1934) kritisierte in seinem Werk <strong>Shintô</strong> yôshô<br />

ben Senge Takatomis <strong>Shintô</strong> yôsho („Hauptpunkte <strong>des</strong><br />

<strong>Shintô</strong>“) dahingehend, daß <strong>die</strong> Izumo-Gottheit Ôkuninushi mit<br />

der Sonnengöttin <strong>und</strong> Ahngottheit <strong>des</strong> Kaiserhauses gleichgestellt<br />

werde. Auch Tokoyo Nagatane, der zunächst mit Senge Takatomi<br />

übereingestimmt hatte, distanzierte sich später von <strong>des</strong>sen Theorie,<br />

<strong>die</strong> seiner Meinung nach keine Basis in der historischen Überlieferung<br />

habe (Muraoka 1988, Kap VI: 219).<br />

Zur Klärung der Debatte wurde der Fall im Januar <strong>des</strong> Jahres<br />

1881 dem Tennô vorgelegt. Dessen Antwort jedoch fiel völlig

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