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Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

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KAPITEL II<br />

Ooms zufolge sein ganzes Leben hindurch dafür gekämpft, seine<br />

Position als Lehrmeister zu sichern. Erst seine Biographie, kompiliert<br />

von seinen Söhnen, habe eine Überhöhung seiner Position<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Fiktion der vom bakufu angeblich unterstützten neo-konfuzianischen<br />

Ideologie vorgenommen. Dies sei geschehen, um <strong>die</strong><br />

Position der Familie Hayashi im Nachhinein <strong>und</strong> für <strong>die</strong> Zukunft<br />

zu sichern <strong>und</strong> wurde konsequent auch von den Schülern der Hayashi-Schule<br />

fortgeführt.<br />

Nicht leugnen läßt sich jedoch nach Ooms eine im Laufe der<br />

Zeit größer werdende Bedeutung der Ideologie in Regierungskreisen.<br />

Jedoch sei deren Etablierung kein „event but a process“<br />

(Ooms 1984: 36). Nur ein einziges, rein ideologisches Dokument<br />

scheint vom bakufu direkt in Auftrag gegeben worden zu sein: das<br />

sog. „Testament“ <strong>des</strong> Tokugawa Ieyasu. 6 Dessen Herrschaft wird<br />

darin zwar als Verkörperung <strong>des</strong> konfuzianischen Konzeptes <strong>des</strong><br />

Himmlischen Weges (tendô) gesehen, doch erscheint Ieyasu nicht<br />

als absoluter Herrscher, sondern als jemand, der sich selbst gehorsam<br />

<strong>und</strong> loyal dem tendô gegenüber verhält. Die Krieger stützen<br />

<strong>die</strong>se Herrschaft, sie beziehen ihre Motivation aus dem buddhistischen<br />

Konzept der „Barmherzigkeit“ (jihi) <strong>und</strong> dem shintôistischen<br />

der „Geradlinigkeit, Ehrlichkeit“ (shôjiki, s.u.).<br />

Im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung der frühen Edo-<br />

Zeit wurde demnach zunächst der herrschenden Schicht, dann der<br />

sozialen Ordnung <strong>und</strong> zuletzt dem Volk eine kosmologische <strong>und</strong><br />

religiöse Bedeutung zuteil, <strong>die</strong> sich aus verschiedenen Elementen<br />

von Buddhismus, <strong>Shintô</strong> <strong>und</strong> Volksglauben, wie auch Neo-Konfuzianismus,<br />

zusammensetzte. Letzterer nahm laut Ooms jedoch alles<br />

andere als eine vorherrschende Stellung in <strong>die</strong>sem Prozeß ein,<br />

vielmehr handelte es sich dabei um eine Nutzbarmachung heterogener<br />

Elemente zur Konstruktion eines geschlossenen sozialen<br />

Körpers. Die „Gesellschafts-Ideologie“ war dabei ausschließlich<br />

für <strong>die</strong> herrschende Schicht bestimmt. Nach Ooms handelt sich<br />

hier nicht um den bloßen Austausch einer Ideologie durch eine<br />

andere, sondern um das erstmalige Aufkommen von Ideologie in<br />

der <strong>japanischen</strong> Geschichte, um einen „Einbruch der Ideologie“.<br />

Ziel einer jeden Ideologie sei es, <strong>die</strong> wahren Gründe für den<br />

Machtanspruch einer bestimmten Gruppe zu verschleiern <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

angestrebte, oder bereits realisierte neue Ordnung als eine „natür-<br />

6 Tôshôgû goikun = NKB 8, 1910-1911: 252-342; vgl. Ooms 1985: 66.

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