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Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

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KAPITEL II<br />

3. 2 Der Beitrag Engelbert Kaempfers zum Verständnis <strong>des</strong> edozeitlichen<br />

<strong>Shintô</strong><br />

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, zeichnen <strong>die</strong> europäischen<br />

Beobachter <strong>des</strong> 16. <strong>und</strong> 17. Jahrh<strong>und</strong>erts ein Bild der Religionen<br />

Japans, das zutiefst von den eigenen religiösen Gr<strong>und</strong>vorstellungen<br />

geprägt ist. Mögen sie sich oftmals auch um eine objektive Darstellung<br />

der <strong>japanischen</strong> Kultur insgesamt bemühen, so verläßt sie<br />

in der Regel doch <strong>die</strong>se interkulturelle Generosität, wenn es zum<br />

Bereich <strong>des</strong> Allerheiligsten, dem der Religion, kommt. Sogar ein<br />

Luis Frois (1532-1597), der sich ansonsten um Unvoreingenommenheit<br />

bei der Darstellung der <strong>japanischen</strong> Kultur bemüht, kann<br />

hier nicht über den eigenen Schatten springen. Frois’ Gr<strong>und</strong>einstellung<br />

wird deutlich sichtbar etwa in seiner empörten Feststellung:<br />

„Bei uns hält man einen Menschen, der seinen Glauben ändert, für einen<br />

Abtrünnigen <strong>und</strong> Apostaten; in Japan wechselt einer ohne alle Schande,<br />

sooft er will, seine Sekte.“ 103<br />

Wie Peter Kapitza zu recht bemerkt, gerät ihm „einzig <strong>die</strong> Beschreibung<br />

religiöser Einrichtungen [...] zur Schwarz-Weiß-<br />

Malerei, weil er <strong>die</strong>ses Prinzip der nicht wertenden gegensätzlichen<br />

Darstellung zugunsten <strong>des</strong> Christentums <strong>und</strong> seiner damaligen<br />

Sicht nichtchristlicher Religionen verläßt“ (Kapitza 1990: 133).<br />

Wenn schon ein ansonsten so kluger <strong>und</strong> besonnener Beobachter<br />

den Pfad der Objektivität im Bereich <strong>des</strong> Religiösen verläßt,<br />

dann kann es nicht verw<strong>und</strong>ern, daß weniger gebildete Europäer<br />

eine noch weit ignorantere Haltung einnehmen. Genannt sei hier,<br />

pars pro toto, ein gewisser Eberhard Werner Happel, der im Jahre<br />

1688 in Hamburg einen Thesaurus Exoticorum mit der Darstellung<br />

„Ausländischer Raritäten <strong>und</strong> Geschichten“ zusammenstellte.<br />

Seine bizarren Ausführungen zu „der Japonesen Religion“<br />

gipfeln in der Feststellung:<br />

„Ihr eusserlicher Gottes<strong>die</strong>nst ist sehr Viehisch/<strong>und</strong> bestehet in einem<br />

teuffelschen Bilder=Dienst/ihre vornehmbste Abgötter seind Xaca/mit 3<br />

Köpffen unter einer Mütze/Canon <strong>des</strong> Amida Sohn mit 7 Köpffen auf der<br />

Brust.“ 104<br />

103 Zit. Kapitza 1990: 136; zu Luis Frois vgl. Jorissen 1988; Schurhammer, Voretzsch<br />

1926.<br />

104 Kapitza (1990: 883) druckt <strong>die</strong> Darstellung Happels „als Beispiel für <strong>die</strong>se Art der<br />

Mode- <strong>und</strong> Unterhaltungsschriftstellerei” ab.

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