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Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

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KAPITEL V<br />

ist festzustellen, daß das Konzept <strong>des</strong> kokutai mit seiner spezifischen<br />

Stellung <strong>des</strong> Tennô durch <strong>die</strong> Nachkriegsverfassung allem<br />

Anschein nach aufgehoben <strong>und</strong> ersetzt wurde durch eine demokratisch-konstitutionelle<br />

Form der Staatsverfassung. Dennoch ergibt<br />

eine genauere Betrachtung, daß auch in konstitutioneller Hinsicht,<br />

d.h. in der gr<strong>und</strong>legenden Frage nach Stellung <strong>und</strong> Selbstverständnis<br />

<strong>des</strong> Tennô im Nachkriegsjapan, weitaus mehr Aspekte<br />

<strong>des</strong> kokutai-Konzeptes zu überleben vermochten als ursprünglich<br />

vermutet (vgl. Antoni 1995 a).<br />

Insbesondere der Tod <strong>des</strong> Shôwa-tennô im Jahr 1989 <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

anschließende Inthronisation <strong>des</strong> gegenwärtigen Tennô Akihito,<br />

mit dem rituellen daijôsai vom November 1990, haben <strong>die</strong> Debatte<br />

um <strong>die</strong> religiöse F<strong>und</strong>ierung <strong>des</strong> Kaisertums in Japan neu entfacht.<br />

In <strong>die</strong>sem Zusammenhang sind vermehrt historische Materialien<br />

<strong>und</strong> Gesamtdarstellungen publiziert worden, 4 <strong>die</strong> eine Neubewertung<br />

mancher mit dem Kaiserhaus <strong>und</strong> der Problematik der kokutai-Ideologie<br />

im Nachkriegsjapan zusammenhängenden Frage nahelegen.<br />

Betrachtet man das Problem lediglich aus rein rechtspositivistischer<br />

Perspektive, dann scheint es in verfassungsrechtlicher Hinsicht<br />

tatsächlich als gelöst anzusehen. Doch existieren andere wichtige<br />

Dokumente aus jener Zeit, den frühen Nachkriegsjahren, <strong>die</strong><br />

eine eher „traditionalistische“ (i. S. v. Rotherm<strong>und</strong> 1989; Antoni<br />

1992, s.o.) Interpretation <strong>des</strong> Symbolbegriffes nahelegen <strong>und</strong><br />

letztlich an eine weitgehende Kontinuität <strong>des</strong> kokutai-Konzeptes<br />

denken lassen. Der Zeit zwischen Kriegsende im August 1945 <strong>und</strong><br />

Verkündung der Verfassung im Mai 1947 kommt, als einer Transitionsphase,<br />

in welcher <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>lagen <strong>des</strong> Nachkriegsjapans gelegt<br />

wurden, hier <strong>die</strong> entscheidende Bedeutung zu. Das Augenmerk<br />

sei <strong>des</strong>halb im wesentlichen auf zwei Dokumente jener Periode<br />

gerichtet, in denen der Tennô selbst <strong>die</strong> geistige Orientierung<br />

<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> nach dem verlorenen Krieg umreißt <strong>und</strong> als Auftrag an<br />

<strong>die</strong> Nation formuliert.<br />

Es handelt sich zum einen um <strong>die</strong> öffentliche Erklärung <strong>des</strong><br />

Tennô zum Kriegsende vom 15. August 1945, also um <strong>die</strong> be-<br />

4 Vgl. Itô 1989; Mayumi 1990; Takamori 1990; bereits im Jahr 1987 erschienen ist das<br />

Werk von Yoshino Hiroko (1987 (1990)). Vgl. auch das unter dem Titel Tennôsei to saishi<br />

erschienene Themenheft der historischen Zeitschrift Nihonshi kenkyû (Nr. 300/1987.8) mit<br />

einer Forumsdiskussion (zadankai ) zum Thema „Tennô-Ritual <strong>und</strong> Krönungszeremoniell“<br />

(Tennô-saishi to sokui-girei ni tsuite ) der Historiker Iwai Tadakuma, Okada Seishi <strong>und</strong> Kawane<br />

Yoshiyasu.

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