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Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

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MEIJI-RESTAURATION UND MEIJI-ZEIT 203<br />

2. 3 Die „Große Lehre“ (daikyô-senpu-<strong>und</strong>ô)<br />

Die Trennung von Buddhismus <strong>und</strong> <strong>Shintô</strong> in der ersten Phase der<br />

Meiji-Zeit allein führte nicht zu den Ergebnissen, welche sich <strong>die</strong><br />

<strong>Shintô</strong>-Restauration erhofft hatte. Der buddhistische Einfluß auf<br />

den <strong>Shintô</strong> war zu groß, um mit einem einzigen Schlag ausgelöscht<br />

werden zu können, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Ideale der Restauration waren der Bevölkerung<br />

denkbar fern. Es fehlte eine Lehre, <strong>die</strong> den Buddhismus<br />

ernsthaft verdrängen <strong>und</strong> ersetzen konnte. Zu <strong>die</strong>sem Zweck hatte<br />

schon das jingikan <strong>die</strong> Institution der sog. „Propagandisten“, bzw.<br />

„[<strong>Shintô</strong>-] Missionare“ (senkyôshi) ins Leben gerufen. Unter<br />

<strong>die</strong>sem Begriff faßte <strong>die</strong> Behörde u.a. alle Schrein-Priester zusammen.<br />

Am 3. Februar 1870 verkündete ein Kaiserliches Edikt den<br />

Beginn der „religiös-moralisch-politische Aufklärungsbewegung“<br />

(daikyô-senpu-<strong>und</strong>ô), deren Lehrsätze <strong>die</strong> <strong>des</strong> Hirata-<strong>Shintô</strong> waren<br />

(vgl. Muraoka 1988: 205).<br />

Wie Lokowandt (1978: 58 ff.) ausführt, versteht <strong>die</strong> „Große<br />

Lehre“ (daikyô) <strong>die</strong> Propagierung der <strong>japanischen</strong> kokutai-<strong>Konzeption</strong><br />

als Gegenstand der Unterweisung <strong>und</strong> versuchte, auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>des</strong> genannten Erlasses, damit das ganze Volk zu erfassen.<br />

Ohne den Begriff explizit zu nennen, nennt der Erlaß doch<br />

<strong>die</strong> wichtigsten Komponenten der kokutai-Idee. Nach Lokowandt<br />

„enthält er <strong>die</strong> folgenden Vorstellungen: a) der göttliche Ursprung<br />

Japans <strong>und</strong> b) der der kaiserlichen Dynastie, c) <strong>die</strong> ununterbrochene<br />

Dauer <strong>des</strong> Kaiserhauses, das d) im Sinne der göttlichen Ahnen<br />

herrschte <strong>und</strong> herrscht, was sich e) in der Einheit von Kult <strong>und</strong><br />

Regierung äußert, wobei jedoch f) der religiösen Seite das größere<br />

Gewicht zugemessen wird; g) waren infolge <strong>die</strong>ser richtigen Politik<br />

sowohl <strong>die</strong> politischen Prinzipien der Herrschenden, als auch <strong>die</strong><br />

Sitten <strong>des</strong> Volkes in ihrer ursprünglichen Reinheit erhalten <strong>und</strong><br />

herrschte h) im Volke Einigkeit“ (Lokowandt 1978: 59).<br />

Die rein shintôistische „Aufklärungs“-Kampagne wurde jedoch<br />

im März 1872 modifiziert. Unter der neuen Bezeichnung<br />

„Ethik-Lehrer“ (kyôdoshoku) beauftragte man jetzt auch buddhistische<br />

Priester mit der Verbreitung der „Großen Lehre“. Im wesentlichen<br />

waren es zwei Gründe, <strong>die</strong> zu <strong>die</strong>ser Entscheidung<br />

führten: <strong>die</strong> ländliche Bevölkerung mit ihrer langen buddhistischen<br />

Tradition war für <strong>die</strong> neue <strong>Shintô</strong>-Indoktrination kaum zugänglich,<br />

<strong>und</strong>, ebenso bedeutend, <strong>die</strong> Zahl der <strong>Shintô</strong>-Priester

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