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Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

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DIE EDO-ZEIT 133<br />

Während im Denken Norinagas alle von Seiten der fremden<br />

Religionen <strong>und</strong> Gedanken – wie Buddhismus <strong>und</strong> Konfuzianismus<br />

– her entwickelten Interpretationen <strong>des</strong> <strong>Shintô</strong> beiseitegeschoben<br />

wurden, hielt er <strong>die</strong> historische, im Kojiki überlieferte Gestalt der<br />

Götter für historisch absolut wahr. Daraus ergab sich, so <strong>die</strong> Interpretation<br />

von Sakamoto Koremaru (vgl. Sugiyama, Sakamoto<br />

1994: 18) direkt <strong>die</strong> „Seichtheit“ der Religiosität im <strong>Shintô</strong>. Norinaga<br />

bot einen neuen Gesichtspunkt zum Verständnis <strong>des</strong> <strong>Shintô</strong>,<br />

indem er <strong>die</strong> konfuzianischen <strong>und</strong> buddhistischen Interpretationen<br />

<strong>des</strong> <strong>Shintô</strong> als weithergeholt ablehnte.<br />

Auf der Basis ihrer philologischen <strong>und</strong> theologischen Stu<strong>die</strong>n<br />

bemühte sich <strong>die</strong> kokugaku seit dem ausgehenden 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

auch um eine politische Umsetzung ihrer Postulate, indem eine<br />

Renaissance <strong>des</strong> <strong>japanischen</strong> Kaisertums, den shintôistischen Glaubenssätzen<br />

zur genealogischen Herkunft <strong>des</strong> Kaiserhauses entsprechend,<br />

immer mehr in den Vordergr<strong>und</strong> der Überlegungen rückte.<br />

Die kokugaku hatte schließlich maßgeblichen geistigen Anteil an<br />

der Abschaffung <strong>des</strong> Shôgunats als Regierungsform in der Mitte<br />

<strong>des</strong> vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts. Das gesellschaftliche Ideal der kokugaku<br />

war dabei, entsprechend ihrer Hochschätzung der mythischen <strong>und</strong><br />

legendären Überlieferung <strong>des</strong> Kojiki, in fernster Vergangenheit<br />

angesiedelt <strong>und</strong> fand seinen Ausdruck in den Verhältnissen <strong>des</strong><br />

<strong>japanischen</strong> Altertums, das als ein Zeitalter der ethisch-religiösen,<br />

wie auch politischen Herrschaft <strong>des</strong> Tennô verklärt wurde.<br />

In der Sicht der kokugaku, <strong>die</strong> auf der Interpretation schriftlicher<br />

Quellen <strong>des</strong> Altertums beruht – hier sind vor allem das besagte<br />

Kojiki („Chronik der alten Begebenheiten“) aus dem Jahre<br />

712 n. Chr. <strong>und</strong> das Nihongi („Japanische Annalen“) aus dem<br />

Jahre 720 zu nennen – kam Japan <strong>die</strong> Stellung eines „Lan<strong>des</strong> der<br />

Götter“, shinkoku, zu; hier findet sich <strong>die</strong> geistesgeschichtliche<br />

Gr<strong>und</strong>lage für eine metaphysische Überhöhung der gesamten <strong>japanischen</strong><br />

Nation.<br />

Für <strong>die</strong> kokugaku galt als theoretisches Axiom <strong>die</strong> Überzeugung<br />

von der historischen Wahrheit <strong>und</strong> Wirklichkeit der alten<br />

Geschichtsüberlieferungen, inklusive der das „Götterzeitalter“<br />

betreffenden Kapitel in den ältesten <strong>japanischen</strong> Reichsannalen.<br />

Die Überlieferungen wurden im Wortsinne als jijitsu, „Tatsachen“<br />

verstanden; ihre Angaben über <strong>die</strong> Entstehung der Welt, der göttlichen<br />

<strong>und</strong> der menschlichen Sphären, der Einsetzung <strong>des</strong> Kaisertums,<br />

der Herkunft der mächtigen Klane – all <strong>die</strong>se mythischen

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