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Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

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KAPITEL IV<br />

Schulzeit mit Momotarô bekannt gemacht – <strong>und</strong> damit auch zur<br />

eigenen Identifikation mit dem kindlichen Helden aufgefordert –<br />

gelangen am Ende <strong>die</strong>ses für <strong>die</strong> propagierte japanische Nationalethik<br />

so entscheidenden geistigen Zyklus’ bei der Figur <strong>des</strong> Yamato-takeru<br />

an. Es war Yamato-takeru, der als erster, dem Mythus<br />

zufolge, Heimatliebe <strong>und</strong> den besonderen „Geist Japans“<br />

(yamato-damashii) überschwenglich formulierte. Und er war es,<br />

der als erster gegen <strong>die</strong> „Fremden“ am Rande der bekannten Welt<br />

vorging, ihre Regionen für Yamato eroberte <strong>und</strong> somit das Urbild<br />

<strong>des</strong> mutigen, heimatliebenden <strong>japanischen</strong> Kriegers wurde, der<br />

zudem noch dem Kaiserhaus angehörte; wie es schon sein Name<br />

sagt: Yamatao-takeru – „Der Tapfere von Yamato“.<br />

Yamato-takeru als mythischer Figur folgen <strong>die</strong> Sagen-Heroen<br />

<strong>des</strong> Mittelalters, Minamoto no Yoshitsune <strong>und</strong> Tametomo, Momotarô<br />

schließlich ist der kindlich-entschlossene Held <strong>des</strong> Märchens.<br />

Der Gedanke, daß <strong>die</strong> „Fremden“ Teufel seien, unkultiviert <strong>und</strong><br />

nicht-menschlich, ist integraler Bestandteil <strong>die</strong>ses Formenkreises.<br />

Es vermag also nicht zu verw<strong>und</strong>ern, daß der Stoff um Yamataotakeru<br />

<strong>und</strong> Momotarô gerade im imperialistischen Japan der Moderne<br />

(1890-1945) so bereitwillig aufgegriffen wurde.<br />

Wie detailgetreu <strong>die</strong> Rezeption <strong>des</strong> historischen Musters bis in<br />

den Bereich der Kriegspropaganda hinein erfolgte, zeigen <strong>die</strong> von<br />

Dower angeführten Beispiele. Die Dämonie der Fremden, denen<br />

Momotarô begegnet, entspricht exakt den Beschreibungen der<br />

„Dämonen-Inseln“, <strong>die</strong> wir aus der <strong>japanischen</strong> Sage kennen. Der<br />

Momotarô der Propaganda trifft auf Dämonen, <strong>die</strong> zum einen<br />

durch ihr Äußeres (ein Horn auf dem Kopf) <strong>und</strong> eine unverständliche<br />

Sprache gekennzeichnet sind (Englisch) – <strong>die</strong>s typische<br />

Kennzeichen der „klassischen“ Insel-Dämonen. Zum anderen<br />

finden sich, als weiteres typisches Element der „Dämonen-Welten“,<br />

das Merkmal der kulturellen Unterentwicklung der Bewohner<br />

der „Teufelsinsel“. Im Film werden <strong>die</strong> Völker Südostasiens<br />

in der Rolle der kulturell unterentwickelten „Dämonen“ gezeigt,<br />

denen jedoch <strong>die</strong> Sympathie <strong>des</strong> Zuschauers gilt, da Momotarô, in<br />

der Funktion <strong>des</strong> klassischen Kultur-Heroen, <strong>die</strong> Unzivilisierten<br />

befreit <strong>und</strong> zu wahrem Menschsein erhebt, genau wie es der Sagenheld<br />

mit den Bewohnern der „Dämoneninsel“ tut. Im Film<br />

sind <strong>die</strong> Dämonen eigentlich bemitleidenswerte Geschöpfe, unterjocht<br />

von den europäischen, d.h. „weißen“ Imperialisten, welche

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