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Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

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EINLEITUNG UND GRUNDLAGEN 35<br />

<strong>und</strong> 8. Jahrh<strong>und</strong>erts zum Zweck der Legitimation der Kaiserherrschaft<br />

in ein geordnetes System gebracht, in ihren einzelnen<br />

Elementen wertvolle Erkenntnisse über <strong>die</strong> frühesten <strong>japanischen</strong><br />

Glaubensvorstellungen, <strong>die</strong> „Urreligion Japans“ also, ermöglichen.<br />

Bis auf den heutigen Tag sind Reste der alten Mythologie im<br />

<strong>japanischen</strong> Alltag gegenwärtig. Dies erklärt sich aus der Funktion,<br />

<strong>die</strong> Mythen über <strong>die</strong> Jahrh<strong>und</strong>erte in Japan erfüllten. Erstmals<br />

aufgezeichnet in den genannten Annalen <strong>des</strong> 8. Jahrh<strong>und</strong>erts n.<br />

Chr., <strong>die</strong>nten <strong>die</strong> Mythen dem chinesisch orientierten Kaiserstaat<br />

<strong>des</strong> <strong>japanischen</strong> Altertums als Legitimation seines Herrscherhauses,<br />

der Tennô-Dynastie. Mit Hilfe der von den Gelehrten <strong>des</strong> Kaiserhofes<br />

systematisierten <strong>und</strong> niedergeschriebenen Mythen sollte <strong>des</strong>sen<br />

„ewiger Herrschaftsanspruch“ dokumentiert werden. Doch<br />

mit dem Verfall der kaiserlichen Macht im <strong>japanischen</strong> Mittelalter<br />

gerieten auch <strong>die</strong> alten Annalen, <strong>und</strong> mit ihnen <strong>die</strong> Mythen, weithin<br />

in Vergessenheit. Erst das Japan der Neuzeit wandte sich, angesichts<br />

innenpolitischer Probleme <strong>und</strong> der geschilderten außenpolitischen<br />

Bedrohung wieder intensiv den alten Überlieferungen zu.<br />

Anhand der Quellen <strong>des</strong> Altertums sollte das, im nativistischen<br />

Sinn, „authentische“ Japan wiederbelebt werden. Als wichtigste<br />

Quelle erscheint in <strong>die</strong>sem Kontext das Kojiki. Die Nachrichten zur<br />

Entstehung <strong>die</strong>ses Werkes verdanken wir der Vorrede seines Verfassers,<br />

bzw. Kompilators, Ô no Yasumaro vom 10. September <strong>des</strong><br />

Jahres 712. 18<br />

Es zeigt sich, daß <strong>die</strong> Mythologie <strong>des</strong> Kojiki, in späteren Zeiten<br />

von <strong>Shintô</strong>-Theologen <strong>und</strong> -Ideologen in den Rang einer sakralen<br />

Überlieferung erhoben, von Anfang an stark geprägt war durch<br />

<strong>die</strong> Intentionen <strong>des</strong> Kompilators: Die Überlieferung sollte zusammengefaßt<br />

werden, <strong>und</strong> sie <strong>die</strong>nt, dem kaiserlichen Auftrag entsprechend,<br />

dem Nachweis <strong>des</strong> göttlichen Ursprungs <strong>des</strong> Kaiserhauses,<br />

<strong>und</strong> damit der Legitimation seiner politischen Macht. Eine<br />

einheitliche „Urreligion“, wie später durch <strong>die</strong> edozeitliche kokugaku<br />

postuliert, läßt sich aus den alten Schriften jedoch nicht er-<br />

18 Er beklagt darin, daß <strong>die</strong> alten Überlieferungen in Vergessenheit zu geraten drohten;<br />

<strong>des</strong>halb habe der Kaiser Temmu, er starb im Jahre 686, den Befehl zur Abfassung einer Lan<strong>des</strong>geschichte<br />

zur Wahrung eben <strong>die</strong>ser Überlieferung erlassen. Nach dem mündlichen Vortrag<br />

eines (einer?) gewissen Hieda no Are legte Ô no Yasumaro alles nieder, beginnend mit<br />

dem Anfang von Himmel <strong>und</strong> Erde, bis hin zur Regierungszeit der Kaiserin Suiko (592-628).<br />

Durch Grabf<strong>und</strong>e ist <strong>die</strong> Historizität <strong>des</strong> Kompilators einwandfrei erwiesen (vgl. Bericht „Ô<br />

no Yasumaro“ in MN XXXIV/2, 1979: 257).

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