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Shintô und die Konzeption des japanischen Nationalwesens

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KAPITEL IV<br />

<strong>und</strong> dem Nationalstolz mitgerissen, verlagerte er immer mehr seine<br />

Argumentationssphäre auf <strong>die</strong> shintôistische Tradition, in der er<br />

den Hauptgr<strong>und</strong> für <strong>die</strong> militärischen <strong>und</strong> politischen Erfolge<br />

Japans sah“ (Nawrocki 1997: 122 f.). Wie eng <strong>die</strong> politisch-militärische<br />

Expansion Japans in den Augen Inoues mit dem <strong>Shintô</strong><br />

verb<strong>und</strong>en war, zeigt der Umstand, daß „in der nach der Annexion<br />

Koreas 1910 ansetzenden propagandistischen Kampagne [...]<br />

INOUE zum ersten Mal auf <strong>die</strong> mystisch-göttlichen Elemente der<br />

<strong>Shintô</strong>-Mythologie zurück[griff], um <strong>die</strong> imperialistischen Bestrebungen<br />

<strong>des</strong> Kaiserreiches auf dem asiatischen Kontinent ethisch<br />

<strong>und</strong> historisch rechtfertigen zu können“ (Nawrocki 1997: 123).<br />

Nawrocki konstatiert, daß seit <strong>die</strong>ser Phase Inoue „das mythologische<br />

Zeitalter <strong>des</strong> Kojiki <strong>und</strong> Nihongi oft gewissermaßen als historische<br />

Begebenheiten aufzufassen versucht“ (Nawrocki 1997:<br />

126); er erkennt ein „Aufgeben der akademischen Denk- <strong>und</strong><br />

Forschungsweisen“ (a.a.O.) bei Inoue <strong>und</strong> gelangt schließlich zu<br />

der Ergebnis: „Im Laufe der Zeit wurde gerade <strong>die</strong> Dimension der<br />

Mystifizierung <strong>des</strong> <strong>Shintô</strong> in seinen [Inoues] Werken immer gewichtiger“<br />

(Nawrocki 1997: 128).<br />

Im weiteren zeitlichen Verlauf setzte sich <strong>die</strong> Orientierung<br />

Inoues in Richtung auf eine durch den „<strong>Shintô</strong>-F<strong>und</strong>amentalismus“<br />

geprägte Ideologisierung weiter fort. Es kommt nun zur<br />

Herausbildung einer spezifischen, national-religiös geprägten<br />

Weltsicht, in deren Mittelpunkt für Inoue <strong>die</strong> <strong>Konzeption</strong> <strong>des</strong> sog.<br />

Kokutai-<strong>Shintô</strong> steht, dem er „<strong>die</strong> größte Bedeutung unter allen<br />

Aspekten <strong>des</strong> <strong>Shintô</strong> beimaß“ (Nawrocki 1997: 152). Insbesondere<br />

in seiner Schrift aus dem Jahre 1915, Shakai to dôtoku, aus<br />

der Nawrocki ausführlich zitiert, entwirft Inoue eine Systematik<br />

<strong>des</strong> <strong>Shintô</strong>, welcher eine generelle Dreiteilung zugr<strong>und</strong>eliegt. An<br />

erster Stelle sieht er den genannten Kokutai-<strong>Shintô</strong>, eine Kombination<br />

aller spezifisch <strong>japanischen</strong> Werte <strong>und</strong> Aspekte, d.h. der<br />

„Kraft, <strong>die</strong> <strong>die</strong> japanische Nation formt <strong>und</strong> sie bis heute existieren<br />

läßt“ (Nawrocki 1997: 153). Hier erfährt <strong>die</strong> japanische Nation<br />

selbst eine mystische Erhöhung, <strong>die</strong> in der Tat an das traditionelle<br />

shinkoku-Konzept denken läßt. Neben dem Kokutai-<strong>Shintô</strong> existiert<br />

als zweitwichtigster Bereich in der <strong>Konzeption</strong> Inoues der<br />

„Schrein-<strong>Shintô</strong>“ (jinja shintô), der <strong>Shintô</strong> der Schreine also. Hier<br />

stehen <strong>die</strong> Zeremonien im Vordergr<strong>und</strong>, doch betont der Autor<br />

auch den religiösen Aspekt <strong>des</strong> Schrein-<strong>Shintô</strong> – <strong>die</strong>s ein eklatan-

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