30.08.2013 Aufrufe

Bolzano vs. Savonarola und die Geschichte einer ... - Philosophie.ch

Bolzano vs. Savonarola und die Geschichte einer ... - Philosophie.ch

Bolzano vs. Savonarola und die Geschichte einer ... - Philosophie.ch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

! $'!<br />

Wirkli<strong>ch</strong>keit ni<strong>ch</strong>t um <strong>die</strong> Negation von P handelt. 121 Aber natürli<strong>ch</strong> gilt au<strong>ch</strong>, dass <strong>die</strong> fals<strong>ch</strong>e<br />

Proposition, <strong>die</strong> dur<strong>ch</strong><br />

Dies (!) ist kein deuts<strong>ch</strong>er Satz<br />

ausgedrückt wird, ni<strong>ch</strong>t <strong>die</strong> Negation der dur<strong>ch</strong> (1a) ‘Dies (!) ist ein deuts<strong>ch</strong>er Satz’ ausge-<br />

drückten Wahrheit ist; denn <strong>die</strong>se Propositionen handeln von vers<strong>ch</strong>iedenen Sätzen.<br />

In all <strong>die</strong>sen Fällen kann man das mit dem selbstbezügli<strong>ch</strong>en Satz Gesagte ni<strong>ch</strong>t auf <strong>die</strong><br />

sonst übli<strong>ch</strong>e Weise bestreiten. Und wie kann man es bestreiten? Dieser Frage geht <strong>Bolzano</strong> hier<br />

ni<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong>. I<strong>ch</strong> denke, es gibt zwei Strategien. Die eine besteht darin, <strong>die</strong> Proposition, <strong>die</strong> mit<br />

einem selbstbezügli<strong>ch</strong>en Satz ausgedrückt wird, unter Verwendung eines Satzes zu bestreiten,<br />

der ni<strong>ch</strong>t selbstbezügli<strong>ch</strong> ist. Ma<strong>ch</strong>en wir uns das an <strong>Bolzano</strong>s erstem Beispiel klar. Die Proposi-<br />

tionen, <strong>die</strong> mit den Sätzen<br />

(S1) Das vorletzte Wort in <strong>die</strong>sem (!) Satz ist ein Artikel<br />

Neg I (S1) Das vorletzte Wort in <strong>die</strong>sem (") Satz ist kein Artikel<br />

ausgedrückt werden, bilden einen kontradiktoris<strong>ch</strong>en Gegensatz, wenn man in Neg I (S1) – was<br />

das Pfeilsymbol andeuten soll – mit der demonstrativen Kennzei<strong>ch</strong>nung auf einen anderen Satz,<br />

<strong>und</strong> zwar auf Satz (S1) Bezug nimmt. Das mit einem selbstbezügli<strong>ch</strong>en Satz Gesagte kann des-<br />

halb nur mit Hilfe eines ‘fremdbezügli<strong>ch</strong>en’ Satzes (intern) negiert werden, weil nur dur<strong>ch</strong> Auf-<br />

gabe des Selbstbezugs Identität des Sa<strong>ch</strong>bezugs gewährleistet werden kann. (Den Zusatz ‘intern’<br />

werde i<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong> motivieren.)<br />

Selbstbezügli<strong>ch</strong>e Sätze sind allesamt von der Art, dass jeder Eingriff in ihren Wortlaut mit<br />

si<strong>ch</strong> bringt, dass eine andere Proposition ausgedrückt wird. Das gilt au<strong>ch</strong> dann, wenn wir eine<br />

Satzkomponente dur<strong>ch</strong> ein Synonym ersetzen. Die Phrasen ‘mehrere Silben’ <strong>und</strong> ‘mehr als eine<br />

Silbe’ haben denselben spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Sinn; aber während <strong>die</strong> Proposition, <strong>die</strong><br />

(S5) Alle Wörter <strong>die</strong>ses (!) Satzes haben mehrere Silben<br />

ausdrückt, wahr ist, drückt<br />

(S6) Alle Wörter <strong>die</strong>ses (!) Satzes haben mehr als eine Silbe<br />

aus zwei Gründen eine fals<strong>ch</strong>e, also eine andere Proposition aus. Das sollte uns eigentli<strong>ch</strong> so<br />

wenig überras<strong>ch</strong>en wie <strong>die</strong> Tatsa<strong>ch</strong>e, dass man bei vers<strong>ch</strong>iedenem Sa<strong>ch</strong>bezug mit ‘Das da ist<br />

!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!<br />

121 Bergs Interpretation von 806-30 ers<strong>ch</strong>eint mir verfehlt: „[<strong>Bolzano</strong>] proves that the law of contradiction<br />

– stating that a proposition and its denial are not both false – is not applicable to self-referring propositions“<br />

[(1962) 60, wiederholt in (1985) 16]. <strong>Bolzano</strong> will vielmehr zeigen, dass man<strong>ch</strong>e Satzpaare, <strong>die</strong><br />

einander widerspre<strong>ch</strong>ende Propositionen auszudrücken s<strong>ch</strong>einen (80 21), <strong>die</strong>s in Wirkli<strong>ch</strong>keit gar ni<strong>ch</strong>t tun.<br />

Au<strong>ch</strong> der Gebrau<strong>ch</strong> des Terminus ‘Negation’ in Berg (1985) 16 ist in <strong>die</strong>ser Hinsi<strong>ch</strong>t verwirrend.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!