Bolzano vs. Savonarola und die Geschichte einer ... - Philosophie.ch
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Wenn ein selbstbezügli<strong>ch</strong>er Satz eine Wahrheit ausdrückt, dann ist es au<strong>ch</strong> in einem exten-<br />
sionalen Kontext mögli<strong>ch</strong>, dass das Resultat der Ersetzung eines singulären Terms dur<strong>ch</strong> einen<br />
anderen mit demselben Sa<strong>ch</strong>bezug eine fals<strong>ch</strong>e Proposition ausdrückt. So geht man z.B. in dem<br />
Argument<br />
(A3) Der erste Bu<strong>ch</strong>stabe des Alphabets kommt in <strong>die</strong>sem (!) Satz fünfmal vor.<br />
Der erste Bu<strong>ch</strong>stabe des Alphabets ist der Bu<strong>ch</strong>stabe A.<br />
Also (?):<br />
Der Bu<strong>ch</strong>stabe A kommt in <strong>die</strong>sem (!) Satz fünfmal vor<br />
von wahren Prämissen zu <strong>einer</strong> fals<strong>ch</strong>en Konklusion über. 130 Es ist also ni<strong>ch</strong>t ratsam, <strong>die</strong>ses un-<br />
s<strong>ch</strong>lüssige Argument als Einsetzungsinstanz des logis<strong>ch</strong> allgemeingültigen S<strong>ch</strong>emas ‘Fa, a = b,<br />
ergo Fb’ aufzufassen. Was den Prädikatbu<strong>ch</strong>staben angeht, so gehört mehr dazu, <strong>die</strong>ses S<strong>ch</strong>ema<br />
zu instantiieren, als bloß: zwei Vorkommnisse ein <strong>und</strong> desselben univoken Prädikats zu enthal-<br />
ten.<br />
Au<strong>ch</strong> das nä<strong>ch</strong>ste Argument s<strong>ch</strong>eint nur eine logis<strong>ch</strong> allgemeingültige Form, in <strong>die</strong>sem<br />
Falle ‘¬"x (Fx # Gx), ergo !x (Fx & ¬Gx)’, zu haben: 131<br />
(A4) Not every syllable in this (!) sentence contains a consonant.<br />
So (?):<br />
At least one syllable in this (!) sentence contains no consonant.<br />
,-..!es führt von Wahrem zu Fals<strong>ch</strong>em.<br />
tiert hat: 132<br />
Mein letztes Beispiel ist eine Variante eines Exempels, das Jean Buridan ca. 1350 präsen-<br />
(A5) Alle Wörter <strong>die</strong>ses (!) Satzes haben mehrere Silben.<br />
Also (?):<br />
Kein Wort <strong>die</strong>ses (!) Satzes hat ni<strong>ch</strong>t mehrere Silben.<br />
Die Prämisse ist wahr, do<strong>ch</strong> <strong>die</strong> Konklusion ist fals<strong>ch</strong>, da sie etli<strong>ch</strong>e einsilbige Wörter enthält. Es<br />
handelt si<strong>ch</strong> also nur s<strong>ch</strong>einbar um eine Einsetzungsinstanz des logis<strong>ch</strong> allgemeingültigen S<strong>ch</strong>e-<br />
mas ‘"x (Fx # Gx), ergo ¬!x (Fx & ¬Gx)’.<br />
In jedem <strong>die</strong>ser Fälle kann S<strong>ch</strong>lüssigkeit dadur<strong>ch</strong> herbeigeführt werden, dass man <strong>die</strong><br />
selbstbezügli<strong>ch</strong>e Konklusion dur<strong>ch</strong> eine fremdbezügli<strong>ch</strong>e ersetzt, in der mit der demonstrativen<br />
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!<br />
130 Vgl. Hart (1970) 525/526.<br />
131 Entnommen aus Künne (1993) 14.<br />
132 „Omnis syllaba est plures litterae, ergo nulla syllaba est unica littera“ lautet das Original: Johannes<br />
Buridanus, Sophismata, cap. 8, De propositionibus habentibus supra seipsas reflexionem, unter Sophisma<br />
Nr. 1, in Buridan (1977) 124, (1982) 42. Eine wörtli<strong>ch</strong>e Übersetzung des (reflexiv verstandenen)<br />
Originals hätte <strong>die</strong> Pointe zerstört, – das ist mein Thema in § 3.4.