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Bolzano vs. Savonarola und die Geschichte einer ... - Philosophie.ch

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sie können glei<strong>ch</strong>winklig sein’ <strong>und</strong> ‘Ni<strong>ch</strong>t alle S<strong>ch</strong>wäne sind weiß, – sie können au<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>warz<br />

sein’ ist inten<strong>die</strong>rt: Man<strong>ch</strong>e S sind P. ##<br />

1* (1*) !x (Lx & Gx) Annahme<br />

2 (2) "x ((Lx & Gx)# Wx) Annahme<br />

1*, 2 (3*) !x (Lx & Wx) (1*), (2); Logik<br />

4 (4) "x (Wx #!¬ Lx) Annahme<br />

1*, 2, 4 (5*) !x (Lx & ¬ Lx) (3*), (4); Logik.<br />

Es fällt <strong>Bolzano</strong> ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>wer, den Sündenbock unter den Annahmen zu identifizieren, <strong>die</strong><br />

zu der inkonsistenten Konklusion in (5/5*) führen. Es ist <strong>die</strong> Annahme in (4/4*): sie setzt einen<br />

fals<strong>ch</strong>en Begriff davon, wer eigentli<strong>ch</strong> ein Lügner sey, voraus (III 488 4-5). Na<strong>ch</strong> <strong>die</strong>ser Konzepti-<br />

on sagt ein Lügner nie etwas, das wahr ist <strong>und</strong> das er für wahr hält. Wäre sie korrekt, dann wäre<br />

<strong>die</strong> Annahme in (1/1*) fals<strong>ch</strong>; was sie ni<strong>ch</strong>t ist (ebd. 12-17). So wie ein Rau<strong>ch</strong>er (sogar ein Ketten-<br />

rau<strong>ch</strong>er) ni<strong>ch</strong>t ununterbro<strong>ch</strong>en rau<strong>ch</strong>t, so lügt au<strong>ch</strong> ein Lügner (sogar ein notoris<strong>ch</strong>er) ni<strong>ch</strong>t je-<br />

desmal, wenn er etwas behauptet.<br />

Mit Hilfe der aristotelis<strong>ch</strong>en Distinktion kann man den Trugs<strong>ch</strong>luss folgendermaßen in ein<br />

beweiskräftiges Argument überführen:<br />

(1A) Man<strong>ch</strong>mal gesteht jmd., der simpliciter ein Lügner ist, dass er ein Lügner ist.<br />

(2A) Wenn jmd., der simpliciter ein Lügner ist gesteht, dass er ein Lügner ist,<br />

dann spri<strong>ch</strong>t er <strong>die</strong> Wahrheit.<br />

(3A) Also: man<strong>ch</strong>mal spri<strong>ch</strong>t jmd., der simpliciter ein Lügner ist, <strong>die</strong> Wahrheit.<br />

(4A) Wenn aber jmd. <strong>die</strong> Wahrheit spri<strong>ch</strong>t, dann ist er sec<strong>und</strong>um quid kein Lügner.<br />

(5A) Also: man<strong>ch</strong>mal ist jmd., der simpliciter ein Lügner ist, sec<strong>und</strong>um quid kein Lügner.<br />

Annahme (4A) wäre fals<strong>ch</strong>, hieße ‘<strong>die</strong> Wahrheit spre<strong>ch</strong>en’ soviel wie ‘etwas Wahres sagen’;<br />

denn au<strong>ch</strong> eine wahre Behauptung kann eine Lüge sein. <strong>Bolzano</strong> erklärt den Begriff des Lügens<br />

folgendermaßen: Man lüget nur dann, dann aber au[<strong>ch</strong>] immer, wenn man mit Wissen <strong>und</strong> Wil-<br />

len Gelegenheit gibt, daß unser Nebenmens<strong>ch</strong> etwas, wel<strong>ch</strong>es wir selbst für irrig halten, auf un-<br />

ser Zeugniß glaubt <strong>und</strong> annimmt. Wer lügt, muss demna<strong>ch</strong> zwar glauben, etwas Fals<strong>ch</strong>es zu sa-<br />

gen, aber er kann (ohne es zu wollen) etwas Wahres sagen: Nur darauf nähmli<strong>ch</strong>, ob wir dasje-<br />

nige, was wir vor Andern aussagen, selber für wahr oder fals<strong>ch</strong> halten, kömmt es bei der Lüge<br />

<strong>und</strong> Wahrhaftigkeit an; ni<strong>ch</strong>t aber darauf, was an si<strong>ch</strong> selbst betra<strong>ch</strong>tet, wahr oder fals<strong>ch</strong> ist. 23<br />

Das illustriert ein Beispiel Kants in seinem Aufsatz ‘Über ein vermeintes Re<strong>ch</strong>t, aus Mens<strong>ch</strong>en-<br />

!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!<br />

22<br />

Vgl. au<strong>ch</strong> Russell (1918) 231: „One may call a propositional function possible, when it is sometimes<br />

true.“ Mit „‘Fx’ is sometimes true“ meint er: !x (Fx).<br />

23 <strong>Bolzano</strong> (18.03.1810) 294-295. I<strong>ch</strong> erörtere <strong>die</strong>se Begriffsanalyse in Künne (1999) 139-153.

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