Bolzano vs. Savonarola und die Geschichte einer ... - Philosophie.ch
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()1) Das vorletzte Wort in der Rede, <strong>die</strong> i<strong>ch</strong> jetzt eben führe, ist ein Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tswort.<br />
()2) Das vorletzte Wort in der Rede, <strong>die</strong> i<strong>ch</strong> jetzt eben führe, ist kein Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tswort.<br />
Rolf George hat das so ins Englis<strong>ch</strong>e übersetzt: 142<br />
E()1) In my present spee<strong>ch</strong>-act, the third word from the end is the copula.<br />
E()2) In my present spee<strong>ch</strong>-act, the third word from the end is not the copula.<br />
Abgesehen davon, dass man an der Wahrheit des mit E()1) Gesagten mit guten (Frege’s<strong>ch</strong>en)<br />
Gründen zweifeln kann, 143 ist gegen <strong>die</strong>se Übersetzung ni<strong>ch</strong>ts einzuwenden, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Wiedergabe<br />
von <strong>Bolzano</strong>s Formulierungen dur<strong>ch</strong> !<br />
E’()1) In my present utterance, the fourth word from the end is a noun.<br />
E’()2) In my present utterance, the fourth word from the end is not a noun.<br />
wäre gewiss ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter. Die kleinste Einheit der Übersetzung ist hier <strong>Bolzano</strong>s <strong>Savonarola</strong>-<br />
Anmerkung als ganze. In <strong>die</strong>sem Kontext sind ()1) <strong>und</strong> ()2) ni<strong>ch</strong>t nur salva veritate, sondern<br />
au<strong>ch</strong> salva reflexivitate zu übersetzen. Dabei kann man si<strong>ch</strong> getrost über den lexikalis<strong>ch</strong>en Sinn<br />
man<strong>ch</strong>er Komponenten <strong>die</strong>ser Sätze hinwegsetzen, <strong>und</strong> man kann das auf mehr als eine Weise<br />
tun, von denen k<strong>einer</strong> ein Vorzug vor den anderen gebührt.<br />
Au<strong>ch</strong> bei Sätzen, <strong>die</strong> prima facie ni<strong>ch</strong>t selbstbezügli<strong>ch</strong> sind, erfüllen <strong>die</strong> besten Überset-<br />
zungen oft ni<strong>ch</strong>t Anforderung (II), „subject matter must remain un<strong>ch</strong>anged <strong>und</strong>er translation“.<br />
Wenn Alfred Tarski in der deuts<strong>ch</strong>en Fassung s<strong>einer</strong> berühmten Monographie über den semanti-<br />
s<strong>ch</strong>en Wahrheitsbegriff eine „Teildefinition“ des Prädikats ‘x ist eine wahre Aussage’ vorlegen<br />
will, in der auf der re<strong>ch</strong>ten Seite eine „Aussage“ (i.e. ein Aussagesatz) verwendet wird, <strong>die</strong> auf<br />
der linken Seite angeführt wird, gibt er das folgende Beispiel, – i<strong>ch</strong> zitiere verbatim: 144<br />
(D3) ‘es s<strong>ch</strong>neit’ ist eine wahre Aussage dann <strong>und</strong> nur dann, wenn es s<strong>ch</strong>neit.<br />
Soll <strong>die</strong> Übersetzung ins Englis<strong>ch</strong>e derselben Aufgabe <strong>die</strong>nen, dürfen wir (D3) ni<strong>ch</strong>t mit<br />
‘es s<strong>ch</strong>neit’ is a true sentence if and only if it is snowing<br />
wiedergeben; denn hier ist der re<strong>ch</strong>ts gebrau<strong>ch</strong>te Satz ja ni<strong>ch</strong>t identis<strong>ch</strong> mit dem links erwähnten.<br />
Wir sollten in <strong>die</strong>sem Fall tun, was wir bei der Übersetzung von „Der Satz ‘es s<strong>ch</strong>neit’ endet mit<br />
einem T“ besser unterlassen, – wir sollten au<strong>ch</strong> zwis<strong>ch</strong>en den Anführungszei<strong>ch</strong>en übersetzen.<br />
Und genau das tut Tarskis Übersetzer John Henry Woodger: 145<br />
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142 <strong>Bolzano</strong> (1972) 23. Georges Wiedergabe der <strong>Bolzano</strong>’s<strong>ch</strong>en Formulierungen, <strong>die</strong> i<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> (S3)<br />
<strong>und</strong> (S4) variiert habe, belegt denselben Punkt.<br />
143 Frege 1892a, 194/195.<br />
144 Tarski (1935), § 1, sub ‘(3)’.<br />
145 Tarski (1983), § 1, sub ‘(3)’.