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Bolzano vs. Savonarola und die Geschichte einer ... - Philosophie.ch

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(A2) Der erste Bu<strong>ch</strong>stabe des Alphabets kommt in <strong>die</strong>sem (!) Satz fünfmal vor.<br />

Also (?):<br />

Es ist wahr, dass der erste Bu<strong>ch</strong>stabe des Alphabets in <strong>die</strong>sem (!) Satz<br />

fünfmal vorkommt<br />

<strong>die</strong> Prämisse wahr, <strong>die</strong> Konklusion aber fals<strong>ch</strong>. Es empfiehlt si<strong>ch</strong> also ni<strong>ch</strong>t, <strong>die</strong>se uns<strong>ch</strong>lüssigen<br />

Argumente als Einsetzungsinstanzen der allgemeingültigen S<strong>ch</strong>emata ‘Es ist wahr, dass P, ergo<br />

P’ <strong>und</strong> ‘P, ergo es ist wahr, dass P’ zu präsentieren. 127 Es gehört mehr dazu, <strong>die</strong>se S<strong>ch</strong>emata zu<br />

instantiieren, als bloß: jeweils zwei Vorkommnisse ein <strong>und</strong> desselben univoken Satzes zu enthal-<br />

ten. Dieselbe Situation kann bei einem selbstbezügli<strong>ch</strong>en Satz dur<strong>ch</strong> Strei<strong>ch</strong>ung oder Hinzufü-<br />

gung von ‘Es ist ni<strong>ch</strong>t der Fall, dass es ni<strong>ch</strong>t der Fall ist, dass’ entstehen.<br />

In den bisher bespro<strong>ch</strong>enen Fällen könnten wir <strong>die</strong> Argumente in <strong>einer</strong> logis<strong>ch</strong> reglemen-<br />

tierten Spra<strong>ch</strong>e so umformulieren, dass das Problem ni<strong>ch</strong>t entsteht. Wir ersetzen <strong>die</strong> einstelligen<br />

Junktoren ‘Es ist wahr, dass …’ <strong>und</strong> ‘Es ist ni<strong>ch</strong>t der Fall, dass es ni<strong>ch</strong>t der Fall ist, dass …’<br />

dur<strong>ch</strong> formale Gegenstücke, ‘Wahr '…’ <strong>und</strong> ‘Ni<strong>ch</strong>t (ni<strong>ch</strong>t '…)’, für <strong>die</strong> wir stipulieren, dass nur<br />

der eingebettete Satz in den Skopus des reflexiv gebrau<strong>ch</strong>ten Demonstrativums fällt. Aber wie<br />

s<strong>ch</strong>on gesagt, glaube i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t, dass wir eine sol<strong>ch</strong>e Konvention in der Alltagsspra<strong>ch</strong>e befolgen,<br />

in der (A1) <strong>und</strong> (A2) formuliert sind.<br />

Bei parataktis<strong>ch</strong>en Satzgefügen s<strong>ch</strong>eint es aber au<strong>ch</strong> in der natürli<strong>ch</strong>en Spra<strong>ch</strong>e eine<br />

Skopus-Ambiguität zu geben, wenn sie einen Selbstbezug enthalten. Bill Hart sagt von dem fol-<br />

genden Argument<br />

This (!) sentence contains five words. So<br />

neutrinos have mass or this (!) sentence contains five words,<br />

seine Prämisse sei wahr, do<strong>ch</strong> seine Konklusion sei fals<strong>ch</strong>, da der Na<strong>ch</strong>satz aus neun Wörtern<br />

besteht. 128 Aber ist der Na<strong>ch</strong>satz ni<strong>ch</strong>t syntaktis<strong>ch</strong> zweideutig? In der einen Lesart fällt <strong>die</strong> Ad-<br />

junktion in toto in den Skopus des Demonstrativums, <strong>und</strong> dann ist Harts Trugs<strong>ch</strong>luss-Verdikt<br />

korrekt. Aber in der anderen Lesart ist <strong>die</strong> Rei<strong>ch</strong>weite des Demonstrativums auf das Adjunkt<br />

bes<strong>ch</strong>ränkt, in dem es enthalten ist, <strong>und</strong> in <strong>die</strong>ser Lesart s<strong>ch</strong>ließt man in Harts Argument wirkli<strong>ch</strong><br />

na<strong>ch</strong> der logis<strong>ch</strong> korrekten Regel der Adjunktor-Einführung. Bei parataktis<strong>ch</strong>en Konstruktionen<br />

kann man das reflexive Demonstrativum m.E. au<strong>ch</strong> in der natürli<strong>ch</strong>en Spra<strong>ch</strong>e so verstehen, dass<br />

es einen engen Skopus hat. 129<br />

!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!<br />

127 Vgl. <strong>Bolzano</strong>, WL IV 114: Glei<strong>ch</strong>geltend nenne … i<strong>ch</strong> Sätze [an si<strong>ch</strong>], wel<strong>ch</strong>e si<strong>ch</strong> we<strong>ch</strong>selseitig<br />

auseinander ableiten lassen; wie etwa aus jedem gegebenen Satze A der Satz: A ist wahr, <strong>und</strong> wieder<br />

jener aus <strong>die</strong>sem ableitbar ist. Genau wie <strong>Bolzano</strong> halte i<strong>ch</strong> ‘Dass p, ist wahr’ <strong>und</strong> ‘Es ist wahr, dass p’<br />

für Formulierungen derselben Proposition: WL II 216; Künne (2010a) 602-603.<br />

128 Hart (1970) 525; Pfeilsymbol von mir eingefügt.<br />

129 So au<strong>ch</strong> Barwise & Et<strong>ch</strong>emendy (1987) 32.

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