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Bolzano vs. Savonarola und die Geschichte einer ... - Philosophie.ch

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as paradox. Namely, without factual information about other statements made by Cretans, it<br />

has been proved by pure logic (so it seems) that some other statement by a Cretan, not the<br />

famous statement of Epimenides, must have been true. 165<br />

Das sogenannte Paradox des Epimenides wird freili<strong>ch</strong> zu <strong>einer</strong> „outright antinomy“, wenn<br />

wir eine weitere Annahme hinzufügen, deren Hinzufügung dur<strong>ch</strong> eine oben no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t berück-<br />

si<strong>ch</strong>tigte Komponente von Russells Problem-Exposition nahegelegt wird: „Epimenides the<br />

Cretan said that all Cretans were liars, and all other statements made by Cretans were certainly<br />

lies.” In verbesserter Form lautet <strong>die</strong>se Zusatzannahme: Jede von einem Kreters als wahr hinge-<br />

stellte Proposition, <strong>die</strong> vers<strong>ch</strong>ieden ist von dem, was Epimenides (angebli<strong>ch</strong>) gesagt hat, ist<br />

fals<strong>ch</strong>. In Symbolen notiert:<br />

R! (R) "y ( (Ky & y $ ["x (Kx # Fx)]) # Fy ) Russells Zusatzannahme<br />

Annahme (R) ist inkompatibel mit <strong>einer</strong> Konsequenz aus (9), <strong>die</strong> wir uns oben vergegenwärtigt<br />

haben. Die mit der Negation von [3] äquivalente Proposition, dass !x (Kx /!¬Fx), kann nämli<strong>ch</strong><br />

nur wahr sein, wenn Russells Zusatzannahme fals<strong>ch</strong> ist, wenn also mindestens eine dur<strong>ch</strong> eine<br />

Äußerung eines Kreters ausgedrückte, von [3] vers<strong>ch</strong>iedene Proposition ni<strong>ch</strong>t fals<strong>ch</strong> ist. —<br />

Tritt an der vielzitierten Stelle im ‘Brief an Titus’ eine Paradoxie auf, sei es nun <strong>die</strong> Anti-<br />

nomie der Fals<strong>ch</strong>heit oder das ‘Paradox des Epimenides’? Russell bemerkt zu der Briefpassage:<br />

„[The paradox] is mentioned by St. Paul, who, however, is not interested in its logical aspect but<br />

only in its demonstration that the heathen are wicked.“ 166 Und Quine sek<strong>und</strong>iert ihm, wenn er<br />

über „St. Paul“ sagt: „it seems that he missed the point of [the paradox]“. 167 Aber wird hier wirk-<br />

li<strong>ch</strong> eine Paradoxie erwähnt <strong>und</strong> ihre Pointe verkannt? “Surely“, sagt Kripke, „no one had a kee-<br />

ner nose for paradox than Russell”, 168 – wer wollte ihm da widerspre<strong>ch</strong>en? Aber es gibt ja au<strong>ch</strong><br />

!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!<br />

165 Chur<strong>ch</strong> (1946) 131. (Das Resultat war übrigens s<strong>ch</strong>on in A. M. MacIver (1939) 65 als „very odd“<br />

registriert worden.) Chur<strong>ch</strong>s Hinweis wurde erst von Arthur Prior in (1958) 70 u. (1961) 16, dann von<br />

Bas van Fraassen in (1968) 150 aufgenommen. John Mackie (1973) 276 drückt seine Verw<strong>und</strong>erung so<br />

aus: „we seem to have discovered a logically necessary connection between two distinct occurrences…<br />

This would violate Hume’s principle, whi<strong>ch</strong> in itself is utterly convincing … that there cannot be a logically<br />

necessary connection between distinct events.“ Vgl. au<strong>ch</strong> Mates (1981) 17; Sorensen (2003) 94;<br />

Eldridge-Smith (2004) 76.<br />

166 Russell (1959) 77. Ni<strong>ch</strong>ts bleibt den Kretern erspart, – im Motto zu Russells Bu<strong>ch</strong> auf S. [9] (wie in<br />

der King James Bible von 1611) werden aus ihnen fast Kretins: „Cretians“.<br />

167 Quine (1962) 6. Eldridge-Smith teilt seinen Argwohn: (2004) 78. Van Fraassen s<strong>ch</strong>reibt in (1968)<br />

150: „Epimenides the Cretan is reported to have said that all statements by Cretans are false.“ Mit dem<br />

„report“ kann er nur <strong>die</strong> Stelle im ‘Brief an Titus’ meinen. Die Paradoxie, <strong>die</strong> er aus ihr herausliest, ist das<br />

Paradox des Epimenides in der Version, <strong>die</strong> auf (1) <strong>und</strong> (2) basiert; so au<strong>ch</strong> Eldridge-Smith 76. Res<strong>ch</strong>er<br />

findet in derselben Briefstelle eine Anspielung auf <strong>die</strong> F-Antinomie, <strong>die</strong> zur Produktion vieler Bü<strong>ch</strong>er <strong>und</strong><br />

zu Philetas’ Dahinsie<strong>ch</strong>en geführt habe: „its notoriety was su<strong>ch</strong> that even St. Paul adverted to it“ [ders.<br />

(2001) 200].<br />

168 Kripke (1975) 692, repr. 55.

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