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Bolzano vs. Savonarola und die Geschichte einer ... - Philosophie.ch

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I<strong>ch</strong> nenne <strong>die</strong> Allgemeinheit eine metaphysis<strong>ch</strong>e, wenn sie vollkommen <strong>und</strong> ohne Ausnahme<br />

ist, wie „Jeder Mens<strong>ch</strong> ist ein Lebewesen“… Und i<strong>ch</strong> nenne <strong>die</strong> Allgemeinheit eine moralis<strong>ch</strong>e,<br />

wenn sie Ausnahmen zulässt; denn bei moralis<strong>ch</strong>en Dingen gibt man si<strong>ch</strong> damit zufrieden,<br />

dass es si<strong>ch</strong> gewöhnli<strong>ch</strong> so verhält, ut plurimum, wie wenn der heilige Paulus <strong>die</strong> Aussage<br />

Cretes semper mendaces, malae bestiae, ventres pigri erwähnt <strong>und</strong> bestätigt; … denn<br />

einige von der Insel könnten <strong>die</strong> Laster, <strong>die</strong> den anderen gewöhnli<strong>ch</strong> zukamen, ni<strong>ch</strong>t gehabt<br />

haben.<br />

Aber Moores Hypothese über den Gebrau<strong>ch</strong> des grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Wortes ‘D"B’ ist fals<strong>ch</strong>. Hier<br />

sind vier Belege für eine ni<strong>ch</strong>t-temporale Verwendungsweise im Corpus Aristotelicum: [a] Die<br />

These des Aristoteles, dass „der Name“ in Kombination mit gewissen anderen Ausdrücken „im-<br />

mer (D"B) Wahres oder Fals<strong>ch</strong>es sagt“, läuft darauf hinaus, dass das jeder Name in <strong>einer</strong> sol<strong>ch</strong>en<br />

Verbindung tut. [b] Mit „Die Abspre<strong>ch</strong>ung (D*%0?/1)) sagt notwendigerweise immer (D"B) et-<br />

was Wahres oder etwas Fals<strong>ch</strong>es“ ist gemeint, dass notwendigerweise jede negative Aussage<br />

etwas Wahres oder etwas Fals<strong>ch</strong>es sagt. [c] „Die Konklusion in <strong>die</strong>ser Figur ist immer<br />

(D"B) partikulär“ bedeutet, dass jeder S<strong>ch</strong>luss in <strong>die</strong>ser Figur eine partikuläre Konklusion hat.<br />

Und [d] mit „<strong>die</strong> Konklusion aus Wahrem ist immer (D"B) wahr“ will Aristoteles sagen, dass al-<br />

les, was aus wahren Prämissen folgt, au<strong>ch</strong> selber wahr ist. 186 – Wir brau<strong>ch</strong>en also keine philolo-<br />

gis<strong>ch</strong>en Gewissensbisse zu haben, wenn wir Epimenides sagen lassen, <strong>die</strong> Kreter seien samt <strong>und</strong><br />

sonders Lügner.<br />

Und selbst wenn das Adverb an unserer Stelle eine temporale Pointe hätte <strong>und</strong> der Vers mit<br />

‘Die Kreter sind von jeher Lügner,…’ übersetzt werden müsste, 187 – ents<strong>ch</strong>eidend ist, dass das<br />

Prädikat (genau wie <strong>die</strong> beiden anderen, <strong>die</strong> ihm folgen) kein Tätigkeitswort ist. 188 In (*) ‘Jeder<br />

Kreter lügt, wann immer er etwas behauptet’ wie in (3), ‘Was ein Kreter behauptet, ist immer<br />

fals<strong>ch</strong>’, werden den Kretern Spre<strong>ch</strong>akte zuges<strong>ch</strong>rieben, im Vers des Epimenides ni<strong>ch</strong>t. 189 Ein<br />

Lügner zu sein, ist etwas anderes als: einen bestimmten Spre<strong>ch</strong>akt zu vollziehen. Es besteht<br />

vielmehr darin, zu Spre<strong>ch</strong>akten <strong>einer</strong> gewissen Sorte disponiert zu sein. Ein Kreter könnte Re<strong>ch</strong>t<br />

!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!<br />

186 [a] Int. 2: 16 a 32-16 b 5, [b] Int:10, 20 a 34, [c] An. Pr. II.7: 58 b 41-59 a 1; [d] An. Post. I.6: 75 a 5-6. Die<br />

ersten beiden Belege dafür, dass Aristoteles das Wort ‘#"(’ man<strong>ch</strong>mal im Sinne von ‘ausnahmslos’ gebrau<strong>ch</strong>t,<br />

verdanke i<strong>ch</strong> Hermann Weidemann.<br />

187 So immerhin Bauer (1958) 37, unter Berufung auf Platon, Gorgias 523 A: 2?,F D",F 2?,F 'Q'F U-1<br />

(s<strong>ch</strong>on immer <strong>und</strong> au<strong>ch</strong> jetzt no<strong>ch</strong>)’. Im selben Dialog findet man aber au<strong>ch</strong> in 480 C: V)F W'F D",F -.'F<br />

0B48'F-#67N'XFD$12.' (wer au<strong>ch</strong> immer von den Fre<strong>und</strong>en [=: jeder Fre<strong>und</strong>, der] Unre<strong>ch</strong>t tut)’.<br />

188 Dass ‘!"E/-

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