die vermeidbare katastrophe die ersten warnzeichen ... - Die Gazette

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wir hier nicht von einem Gameboy oder einem Videospiel, sondern dem Internet sprechen, dass man also nicht einfach sagen kann: „Frau Meier von nebenan, PC auslesen, Klick – fertig!“, toppt er seine Blödheit (Pardon!) sogar noch mit „Remote Forensic Software“ – d.h. der Bundestrojaner soll „lokal auf dem Rechner installiert werden“ und „sei in jedem Fall eine Einzelanfertigung“. Super. Also für jeden Stasi-Mandanten ein eigenes Programm, das von jemandem auf den Rechner gespielt werden kann? Wer sowas für möglich hält, hat einen totalen Hirnschaden. Am besten dann doch per E-Mail, ganz offiziell, etwa so: „Hier ist das Umweltamt, anbei unser neuer Bildschirmschoner.“ Der CCC (Chaos Computer Club – klingt etwas ökig, aber die Jungs sind leider verdammt fit) meint: „Bei den Äußerungen des Innenministers wird deutlich, dass es erheblich an technischem Sachverstand fehlt. (...) Die Professionalität der Behörde darf bezweifelt werden“. Einfach gesagt: Wer ein bisschen Ahnung hat, sieht sofort, welche Programme auf seinem Computer laufen. Selbst wenn es ein gut getarnter Virus ist: Mit entsprechender Schutzsoftware ist das Thema in Sekunden erledigt. Oder einfach eine externe Festplatte für die Flugpläne über Frankfurt, ein zweiter PC, der nicht am Internet hängt, etc. Außerdem findet sich garantiert irgendein Schüler, der in der Zeit zwischen Mittagessen und den Simpsons mal schnell ein Schutzprogramm dagegen schreibt. Einer meiner Lieblingsprogrammierer, der ein geniales Videoschnittprogramm kreierte, meint nur: „Proof that I had too much free time in college.“ Die Chinesen müssen sich ja beömmeln vor Lachen. Schreiben einen kleinen Virus, knacken den Bundestag und haben alle Infos, die sie benötigen. Das Versprechen Chinas, damit aufzuhören, klingt fast wie ein „Versucht doch, uns zu stoppen!“ Wenn ich so etwas schon lese. „China verspricht, mit Hackerattacken aufzuhören“. Hallo? Jemand zu Hause? Das ist ja wie wenn man einen Kinderschänder fragen würde: „Bist Du jetzt brav? Sag ja, und Du darfst wieder als Pfarrer arbeiten.“ Unglaublich. Liebes Deutschland. Du bist so schön. Vor allem hier, im meinem Bayern. Schau, jeder hat Seiten, auf denen er blöd ist. Ich kann zum Beispiel nicht singen, Bremsbeläge wechseln oder flie- 102 www.ccc.de/press/releases können. Deshalb trällert bei mir mal Bushido, mal Christina Aguilera, Bremsbeläge wechselt mein ägyptischer Autodealer und fliegen tut die Lufthansa. Wenn es um IT-Security geht, dann fragen mich Firmen, weil ich genau das eben verstehe. Liebes Deutschland, frag doch mal jemand, wie man das macht. Und bitte, keine Klon-Berater wie McKinsey und Rolli Berger, sondern Leute mit echter Erfahrung. Du machst eh schon so viel falsch, weil deine Spezialisten von Ministern und Konsorten einfach mehr daran interessiert sind, Diäten einzustreichen, anstatt mal richtig was zu verändern. Die Terroristen wird freuen, dass du diesem Aufruf nicht nachkommst. Man könnte ja vielleicht alle Internetcafés schließen, denn da sind Terroristen gerne. Danach müsste man aber auch alle Mobiltelefone überwachen, denn die können ja heute wie jeder PC im gen. Aber ich suche mir Leute, die das Wurde der Redaktion zugespielt: Bundestrojaner, Modell Internet surfen. Uiuiui, das sind aber viele Geräte. Fragt doch mal die Schüler, die mit 15 schon mehr Ahnung haben als viele IT-Berater, und macht die Schulen besser – weniger Mathematik und weniger Schnarchfächer, mehr praxisbezogenes Wissen. Denn schließlich ge winnt man mit Cosinus und Periodensystem in der Schultasche heute keinen Blumentopf mehr – hammerhartes Fachwissen muss herhalten, damit man heute etwas wird. Wie wäre es mit Unternehmensführung, Konversationstraining und Sicherheit? Das geht jeden etwas an, auch die Angestellten. Und die Politiker. Kurz: Die Pläne von Meister Schäuble sind ein totaler Witz. Das klappt nie. Nicht dass es unmöglich wäre, aber die allein Herangehensweise ist komplett falsch – da braucht man Leute mit Ahnung. Leider sind die in der Politik selten geworden.
Stellen Sie sich vor, Sie gehörten einem Stadt- oder Gemeinderat an. Vor Ihnen liegt der Lebenslauf eines vielfach verdienten, wenngleich nicht unumstrittenen Mannes. Der Lebenslauf – Sie sind ein aufgeklärter Genosse Ihrer Zeit und gehören darum dem gemäßigt fortschrittlichen, das heißt nach allgemeiner Auffassung dem einzig vernünftig-diskutablen Flügel Ihres Rates an – ist nicht alltäglich, in manchem vielleicht sogar merkwürdig, ja anstößig. - Der zu Ehrende, 1957 verstorben, war ein Kirchenmann, jahrzehntelang evangelischer Landesbischof in Bayern, der erste übrigens mit solcher Bezeichnung in seinem Amt. - Sein Verhältnis zum Nationalsozialismus, für ihn wie für viele seiner Generation die größte Ge wissensprüfung seines Lebens, war zu mindest zwiespältig. Die Archivare Ihrer Stadtverwaltung (ich spreche Sie noch immer als Ratsmitglied an) berichten eilfertig von höchst anfechtbaren antisemitischen Äußerungen aus einer Zeit, als der Kandidat noch gar nicht Bischof seiner Landeskirche war und wir uns noch mitten in der Weimarer Republik befinden. - Sein Verhalten in Hitlers Diktatur, der Staatsmacht gegenüber, war ambivalent: verständnisvoll, ja hilfreich, sogar lebensrettend im Privaten, leisetreterisch und mit den Wölfen heulend in mancher öffentlichen Äußerung; aber dann auch wieder seltsam zäh. - In der Nachkriegszeit, als er neben dem katholischen „Amtsbruder“ Kardinal Michael von Faulhaber eine der wenigen übrig gebliebenen ethischen Instanzen in einer moralischen Ruinenlandschaft war, übte er in manchen sogar belegbaren Fällen allzu rasch politisches Vergeben und Vergessen, und vor allem – er reihte sich sofort ein in die antikommunistische Abwehrfront, in der er so weit ging, dass er noch lange nach 1945 Sozialdemokraten und Kommunisten gleichsetzte; und gegen eine Abspaltung der bayerischen Protestanten von der CSU vor allem deshalb war, weil seiner Meinung nach dadurch automatisch die SPD zur stärksten Partei in Bayern zu werden drohte. MARGINALIE Eine Petitesse und mehr als das Revisionismus hoch zwei Würden Sie einem solchen Manne mit Ihrer Stadtratsstimme zur Ehre der Umbenennung einer Straße auf seinen Namen verhelfen wollen? Würden Sie so weit gehen, einen Teil der altehrwürdigen, wenngleich auch selbst mit leicht anrüchiger Vergangenheit behafteten Arcisstraße zu München diesem Mann zu Ehren auf den Namen Meiserstraße umzutaufen? Selbstverständlich würden Sie das nicht tun. Und dabei hätten Sie voll und ganz Recht. Nur: das ist gar nicht das Problem. Diese Aufgabe hätten Sie niemals zu erfüllen gehabt. Ihre Aufgabe jetzt, im Jahr 2007, war die genau entgegengesetzte: Sie sollten eine Be-Nennung, die aus dem Kenntnis- und Bewusstseinsstand des Jahres 1957 mit all den Idiosynkrasien und blinden Flecken von damals vorgenommen worden war, rückgängig machen – durch den höchst seltenen politischen Akt der Ent-Nennung einer öffentlichen Straße. Und zwar desselben Stücks, das vierzig Jahre zuvor diesen Namen nicht einfach deshalb bekommen hatte, weil eine Straße eben einen Namen braucht, sondern ausdrücklich in dem gesteigerten politischen Lebensgefühl, dass eine Stadt und deren Gesellschaft damit eine Person ehren wollten, in deren öffentlicher Schuld sie sich glaubten. So geschehen und vollzogen von der rot-grünen Mehrheit des Stadtrats der Landeshauptstadt München mit förmlichem Beschluss vom 18. Juli 2007. Aus der kurzen Münchner Meiserstra - ße, ehemals Teil der Arcisstraße, sollte an diesem Julitag 2007 etwas anderes werden. Was, das ist in diesem Rechtsakt noch nicht enthalten und soll künftigem Bedenken überlassen bleiben. So dass man im derzeitigen politisch-rechtlichen Zu stand zwar nicht mit akzeptiertem Terminus, jedoch zur besseren Kennzeichnung bis auf weiteres von der Ent mei serung einer Münchner Straße reden darf. Das Echo auf diese Stadtratsentscheidung war in der Münchner Öffentlichkeit, bei der lokalen Presse und bei den üblichen verdächtigen Leserbriefschreibern vor allem von einem gekennzeichnet: Man fragte sich überwiegend, ob aus heutiger historischer Sicht der evangelische Landesbischof Hans Meiser diese Ab-Erkennung verdient habe, man tauschte durchaus kontrovers Argumente aus, ob er in solchem Ausmaße An ti semit gewesen und ob ein Mann seiner Stellung, der nach dem Polenfeldzug Dankgebete für den Erfolg der deutschen Waffen habe sprechen lassen, noch tragbar sei. Man sammelte auf beiden Seiten, bei Befürwortern wie Gegnern des Antrags, Belege aus der Vita Hans Meisers, Belege, die ihn je nachdem be- oder entlasten sollten. Gewiss: mit einer großen reservatio men talis wies Münchens Oberbürgermeister Christian Ude in seiner bemerkenswerte Rede vor dem Stadtrat darauf hin, dass man die Bedingungen des Jahres 1957, als unter dem sozialdemokratischen Oberbürgermeister Thomas Wim mer die Stadt München den Na - men Meiserstraße beschloss, sehr wohl berücksichtigen müsse. Und dennoch verlief die gesamte Diskussion de facto so, als hätte Münchens Stadtrat jetzt, 2007, ganz neu zu entscheiden, ob es von nun an eine Meiserstraße geben solle oder nicht. Genau das war das Verfahren oder, wenn man will, der innere Mechanismus der Diskussion. Verkürzt ausgedrückt, ging es immer darum, ob Meiser durch seine Taten oder Unterlassungen diese Ehrung nun verdient oder verwirkt habe. Hauptargument dabei war Meisers Antisemitismus, und für ein gelassenes Abwägen des zeitgenössischen Um - felds und der Bedeutungsnuancen ist dieses Thema auch heute in der deutschen Öffentlichkeit (aus mancherlei gu ten Gründen) noch viel zu heikel. Da - zu kam, dass den Beschlussakten eine formal zwar Neutralität betonende, in - haltlich jedoch unmissverständliche Presseerklärung der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern beilag. Welche Wir kung eine solche Verlautbarung von solcher Seite hat, auch wenn ihr in dem Verfahren keinerlei juristische Funktion zukommt, braucht wohl nicht betont zu werden. Die Frage bleibt: Ist die „Ent-Nennung“ einer Straße kommunalpolitische Petitesse, Lokalposse – oder was? Das zu 103
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