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die vermeidbare katastrophe die ersten warnzeichen ... - Die Gazette

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Klimawandel<br />

Damit hatte Humboldt zu seiner Zeit zweifellos<br />

vollkommen recht: Im Jahr 1843 beeinflusste <strong>die</strong><br />

Zivilisation in der Tat den „Typus der Klimate“<br />

noch nicht merklich. Seither jedoch ist <strong>die</strong> Welt -<br />

bevölkerung von 1,262 Milliarden auf 6,641<br />

Milliarden um mehr als das Fünffache angewach -<br />

sen. <strong>Die</strong> Industria li sierung, und vor allem <strong>die</strong><br />

Emission der Ausstoß an CO 2 – dessen Wirkung<br />

Humboldt noch nicht kennen konnte – hat sich<br />

inzwischen als bedrohlicher Klimafaktor erwiesen.<br />

Sein weltweiter durch Menschen verursachter<br />

Ausstoß ist seit Humboldts Be ob achtung um 1840<br />

bis heute auf das Mehrtausendfache angewachsen.<br />

<strong>Die</strong> Gesamtkonzentration von CO 2 in der Atmo -<br />

sphäre stieg seither von etwa 280 ppm auf etwa<br />

385 ppm an.<br />

Vermutlich hat kein anderer Wissenschaftler<br />

zuvor bis zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt eine derartig<br />

scharfsinnige Analyse des anthropogenen Einflusses<br />

auf das Klima geliefert. Sie ist Bestandteil einer<br />

umfassenden Wissenschaftskonzeption Alexander<br />

von Humboldts, <strong>die</strong> im Folgenden kurz erläutert<br />

werden soll.<br />

Alexander von Humboldt gilt heute als<br />

Vordenker der modernen Ökologie. Zwar kannte er<br />

den Begriff, den Ernst Haeckel erst 1866, kurz nach<br />

Humboldts Tod, geprägt hatte, noch nicht, aber er<br />

lieferte bereits 1799 hierfür eine korrekte Defini -<br />

tion: „Mein eigentlicher, einziger Zweck“, schrieb<br />

er damals, „ist das Zusammen- und Ineinander-<br />

Weben aller Naturkräfte zu untersuchen, den<br />

Einfluss der to ten Natur auf <strong>die</strong> belebte Tier- und<br />

Pflanzenschöpfung.“ Später, im Kosmos spricht er<br />

vom „ewigen Haushalte der Natur“. Er betrachtet<br />

sie als „eine allgemeine Verkettung nicht in einfach<br />

linearer Richtung, sondern in netzartig verschlun -<br />

genem Ge webe.“<br />

Heute bezeichnet man als Ökologie „ein Teilgebiet<br />

der Biologie, welches sich mit den Wechsel -<br />

beziehungen der Organismen untereinander und<br />

mit ihrer abiotischen Umwelt beschäftigt“<br />

(Wikipedia). Allerdings ging Humboldt bereits<br />

damals über <strong>die</strong>se enge Definition hinaus: zum<br />

einen, weil sich sein wissenschaftlicher Ansatz nicht<br />

auf eine einzige Disziplin wie <strong>die</strong> Biologie<br />

reduzieren lässt, zum anderen, weil der Mensch in<br />

Humboldts Wissenschaftskonzeption als ein<br />

politisch handelndes und mit der Umwelt inter -<br />

agierendes Wesen immer eine zentrale Rolle spielt.<br />

In einem weiteren Sinn allerdings wird der Begriff<br />

Ökologie oder „ökologisch“ heute in um welt poli -<br />

tischen Zusammenhängen verwendet. In <strong>die</strong>sem<br />

Kontext ist es durchaus sinnvoll, Humboldt als<br />

Ökologen oder Vordenker der Nachhaltigkeit zu<br />

bezeichnen. Auf eine bestimmte Disziplin jedoch<br />

kann man Humboldts Ansatz nicht reduzieren. Wie<br />

der Potsdamer Literaturwissenschaftler Ottmar<br />

Ette kürzlich festgestellt hat, ist Humboldts Ansatz<br />

<strong>Die</strong> Gartenlaube, September 1869. Privatsammlung München.<br />

nicht interdisziplinär, sondern vielmehr trans -<br />

disziplinär: Humboldt sucht den Dialog mit<br />

anderen Disziplinen nicht vom Standpunkt einer<br />

einzigen, eigenen Disziplin aus, sondern er<br />

verbindet <strong>die</strong> unterschiedlichsten Bereiche der<br />

Wissenschaft mit einander. Man könnte sein<br />

Konzept deshalb auch als transdisziplinäre Welt -<br />

wissenschaft beschreiben. Im Untertitel seines<br />

„Kosmos“ be zeichnet Humboldt selbst seine<br />

Konzeption als „Physische Weltbeschreibung“.<br />

In Humboldts Wissenschaftskonzeption<br />

nimmt das Klima eine zentrale Stellung ein. <strong>Die</strong><br />

Atmosphäre sah er als einen „Luft-Ocean“, auf<br />

dessen Grund <strong>die</strong> Menschen und alle anderen<br />

Landbewohner leben. Bereits 1831 lieferte Hum -<br />

boldt in seinen Fragmenten einer Geologie und<br />

Klimatologie Asiens, und später 1845, in seinem<br />

weitaus prominenteren Kosmos. Darin lieferte er<br />

1845 eine bis heute immer noch weitgehend<br />

akzeptierte Definition des Begriffs Klima: „Das<br />

Wort Klima bezeichnet [...] zuerst eine specifische<br />

Beschaffenheit des Luftkreises; aber <strong>die</strong>se Beschaf -<br />

fenheit ist abhängig von dem perpe tuir lichen<br />

Zusammenwirken einer all- und tiefbewegten,<br />

durch Strömungen von ganz entgegen gesetzter<br />

Temperatur durchfurchten Meeresfläche mit der<br />

wärmestrahlenden trockenen Erde: <strong>die</strong> mannig -<br />

faltig gegliedert, erhöht, gefärbt, nackt oder mit<br />

Wald und Kräutern bedeckt ist.”<br />

An anderer Stelle, ebenfalls in <strong>ersten</strong> Band des<br />

Kosmos, findet sich folgende Erklärung: „Der<br />

Ausdruck Klima bezeichnet in seinem allgemeins -<br />

ten Sinne alle Veränderungen in der Atmosphäre,<br />

<strong>die</strong> unsre Or gane merklich afficiren: <strong>die</strong> Tempera -<br />

Abschied vom Kosmos, Holzstich von Johann Carl Wilhelm Aarland<br />

nach einer Zeichnung von Wilhelm von Kaulbach<br />

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