die vermeidbare katastrophe die ersten warnzeichen ... - Die Gazette
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meidung der Erderwärmung als zu mühselige<br />
Anstrengung erscheint.<br />
Überhaupt bietet das Buch stellenweise<br />
Anlass zu globalem Pessimismus. Ein<br />
Blick auf <strong>die</strong> Tabelle 5.1 mit den Ände -<br />
rungen der Treibhausgasemissionen im<br />
Vergleich zu den Kyoto-Verpflichtungen<br />
sei deshalb nur wirklich starken Naturen<br />
ge ra ten: Es gibt unter den 23 aufgeführten<br />
Staaten acht Staaten, <strong>die</strong> ihre Verpflichtung<br />
eingehalten oder übertroffen<br />
haben: Wirtschaft darniederliegt: Es sind<br />
<strong>die</strong> Staaten des ehemaligen Ostblocks,<br />
deren Wirtschaft seit dem Zusammenbruch<br />
des Kommunismus darniederliegt:<br />
Bulgari en, Estland, Litauen, Polen,<br />
Rumä ni en, Russland, Slowakei und <strong>die</strong><br />
Tsche chi sche Republik. Andere, <strong>die</strong><br />
Industriestaaten des „Wes tens“, haben<br />
entweder ihre Ver pflich tung nicht eingehalten<br />
(etwa Lu xem burg und Deutschland)<br />
oder ihre Emissionen sogar noch<br />
erhöht (Belgien, Dänemark, Finn land<br />
Kanada, Liechtenstein, <strong>die</strong> Niederlande,<br />
Neuseeland, Norwegen, oder Ös -<br />
terreich). Ein Zeugnis, das Reduktions -<br />
ziel tatsächlich erreicht zu haben, kann<br />
keinem Land ausgestellt werden.<br />
Eine mögliche Therapie-Hoffnung er -<br />
kennen <strong>die</strong> Autoren im Handel mit Emissions-Zertifikaten,<br />
allerdings mit einem<br />
entscheidenden Zusatz:<br />
Klimagerechtigkeit kann eigentlich erst ent -<br />
stehen, wenn mit jeder erteilten Lizenz<br />
für CO 2-Ausstoß zugleich auch <strong>die</strong> da -<br />
mit verbundene „Koh len stoff schuld“<br />
mit allen potentiellen Schä digungs -<br />
folgen registriert wird. Der Handel mit<br />
Verschmutzungsrechten muss zu einem<br />
verallgemeinerten und vereinheit lich -<br />
ten Zertifika tesystem erweitert werden,<br />
das <strong>die</strong> Kehrseite der Entschädigungs -<br />
pflichten verbucht. Erst dann können<br />
<strong>die</strong> Kapitalströme fließen, <strong>die</strong> für <strong>die</strong><br />
An passung an das Unvermeidliche not -<br />
wen dig sind.<br />
Wie sich guter Journalismus<br />
und sachliche Information ge -<br />
winnbringend ver bin den las sen,<br />
zeigt Elizabeth Kolbert in ihrem<br />
Buch Vor uns <strong>die</strong> Sintflut. Depe -<br />
schen von der Klimafront (flüssig<br />
übersetzt von Thorsten Schmidt,<br />
er schienen 2006 im Berlin Verlag,<br />
dann auch von der Bonner<br />
Bundes zentrale für politische Bildung<br />
über nommen).<br />
<strong>Die</strong> Referenz adresse der Autorin<br />
ist um einiges seriöser als bei<br />
96<br />
anderen Journalisten: Sie schreibt vor<br />
allem für den New Yor ker. Daher fehlt<br />
ihren Kapiteln auch jede auf den schnellen<br />
Ef fekt gezielte Schnörkelei. „Na tur“<br />
und „Men sch“ sind ihre Großkapitel,<br />
und darin fin den sich dann Orts angaben<br />
(„Shishmaref, Alas ka“), Spe zies-<br />
Nennungen („Schmet ter ling und<br />
Kröte“), ein weiter histo ri scher Rückblick<br />
(„Der Fluch über Ak kad“), eine<br />
Analyse des Kyoto-Proto kolls, spe ziell<br />
der Einstellung der USA.<br />
Elizabeth Kolbert baut ihre Reportage<br />
auf tatsächlich geführten Interviews mit<br />
Politikern und Wissenschaftlern auf, vor<br />
allem auf Ge sprä chen mit Menschen, <strong>die</strong><br />
<strong>die</strong> negati ven Fol gen des Kli ma wandels<br />
bereits als täg liche Erfah rung erleben:<br />
Sie unterhält sich mit um ge sie delten<br />
Inuit in Alaska oder mit Glet scher -<br />
beobachtern in Island und mit Klima-<br />
Experten, <strong>die</strong> sich noch darüber wundern,<br />
dass wie Wirklichkeit so gar pes si -<br />
mis ti sche Prognosen über trof fen hat.<br />
Hier ein Beispiel für den ruhigen Ton,<br />
mit dem <strong>die</strong> Autorin auch beunruhigen -<br />
de Zahlen vorträgt (und den viele<br />
Rezen senten als beispielhaft hervorhoben),<br />
und <strong>die</strong> Anbindung der Information<br />
an einen bereisten Ort:<br />
Im <strong>ersten</strong> Jahr, in dem <strong>die</strong> Kohlendioxidwerte<br />
am Mauna Loa ganzjährig erhoben wurden, lag<br />
<strong>die</strong>ser Mittelwert bei 316 ppm (Teile pro Milli -<br />
on). Im folgenden Jahr bei 317 ppm, was Keeling<br />
zu der Feststellung veranlasste, <strong>die</strong> An nah -<br />
me, <strong>die</strong> Meere würden das überschüssige Koh -<br />
len dioxid absorbieren, sei vermutlich falsch.<br />
1970 erreichte <strong>die</strong> Konzentration 325 ppm, und<br />
1990 wurden 354 ppm gemessen. Im Sommer<br />
2005 belief sich <strong>die</strong> Kohlendioxidkonzentration<br />
auf 378 ppm, und mittlerweile dürfte sie 380<br />
ppm erreicht haben. Steigt sie weiterhin mit <strong>die</strong>ser<br />
Rate, dann wird sie um das Jahr 2050 (und<br />
damit 2850 Jahre eher, als von Arrhenius vorhergesagt)<br />
500 ppm erreichen – was fast einer Verdopplung<br />
gegenüber dem Niveau vor der Industrialisierung<br />
entspricht.<br />
Oder <strong>die</strong>ser Auszug aus einem<br />
Gespräch mit einem Inuit, einem Jäger,<br />
der 800 Kilometer nördlich des Polar -<br />
kreises lebt:<br />
„Wir dachten einfach: Na gut, es wird halt ein<br />
bisschen wärmer“, erinnerte er sich. „Zunächst<br />
war es ja ganz angenehm, wärmere Winter zu<br />
haben. Aber jetzt geht alles so schnell. Was wir<br />
Anfang der neunziger Jahre kommen sahen, war<br />
nur ein fader Vorgeschmack dessen, was an Veränderungen<br />
eingetreten ist.“<br />
„Wir sind vielleicht am stärksten von den Folgen<br />
der globalen Erwärmung betroffen“, fuhr<br />
Keogak fort. „Unsere Lebensweise, unsere Sitten<br />
und Bräuche, sogar unsere Familien. Unsere<br />
Kinder haben vielleicht keine Zukunft. Ich<br />
meine, alle jungen Leute. Es betrifft ja nicht nur<br />
<strong>die</strong> Arktis. Es wird überall auf der Erde passieren.<br />
<strong>Die</strong> ganze Welt verändert sich zu schnell.“<br />
Das einzige, was für einige Leser das<br />
Interesse an dem Buch mindern könnte<br />
(oder umgekehrt erhöhen), ist <strong>die</strong> –<br />
natürlicherweise – ein wenig auf <strong>die</strong><br />
USA eingeengte Sicht der Reporterin.<br />
Und doch ist ihr Hinweis darauf, dass<br />
das noch immer nicht funktionierende<br />
Star-Wars-System den amerikanischen<br />
Steuerzahler bereits 1000 Milliarden<br />
Dollar gekostet, gut zu wissen, wenn<br />
man gleichzeitig erfährt, dass <strong>die</strong> US-<br />
Regierung sich bislang sträubt, jährlichnur<br />
zehn Milliarden pro Jahr für <strong>die</strong> Klimaforschung<br />
bereit zustellen.<br />
Nun gibt es ja nicht nur Bücher zum<br />
Thema, sondern auch eine ganze Reihe<br />
guter Websites. Zwei davon sollen hier<br />
kurz vorgestellt werden.<br />
<strong>Die</strong> eine ist Germanwatch. <strong>Die</strong> Organisation<br />
„engagiert sich für Nord-Süd-<br />
Gerechtigkeit und den Erhalt der Le -<br />
bensgrundlagen. Dabei konzentrieren<br />
wir uns auf <strong>die</strong> Politik und Wirtschaft<br />
des Nordens mit ihren weltweiten Aus