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die vermeidbare katastrophe die ersten warnzeichen ... - Die Gazette

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Klimawandel<br />

Als weiterer Beleg kann <strong>die</strong> Einführung neuer<br />

Arten in bestehende Ökosysteme genannt werden.<br />

Eine Beschreibung der hundert schädlichsten<br />

Einführungen auf der Welt (siehe www.issg.org)<br />

liest sich wie ein Horror-Roman menschlicher<br />

Kurzsichtigkeit. <strong>Die</strong>se Daten geben also Grund,<br />

pessimistisch zu sein, zumal <strong>die</strong> Problematik des<br />

Klimawandels alle <strong>die</strong>se Beispiele sowohl an Größe<br />

und Be deutung der Aufgabe als auch an Komple -<br />

xität bei weitem übersteigt.<br />

Wir müssen uns also mit dem Gedanken vertraut<br />

machen, dass selbst bei einer in Bezug auf den<br />

Klimaschutz extrem großen Handlungsbereitschaft<br />

viele ungewollte negative Auswirkungen auftreten<br />

werden. Ein Beispiel: Das Gesetz zur Förderung<br />

erneuerbarer Energien (EEG) löste einen Boom bei<br />

erneuerbaren Energien aus und gilt als großer<br />

ökologischer Erfolg. Darunter fällt auch <strong>die</strong><br />

Förderung des Bio<strong>die</strong>sels zur CO 2 -Minderung.<br />

Durch globale wirtschaftliche Wirkungsketten<br />

führt <strong>die</strong>s aber dazu, dass für das billige Palmöl<br />

(„Kahlschlag<strong>die</strong>sel“) aus Südostasien Wälder durch<br />

Brandrodung vernichtet werden. Indonesien und<br />

Malaysia holzen dafür im irrwitzigen Tempo den<br />

verbleibenden Regenwald ab. Zusätzlich ist damit<br />

<strong>die</strong> CO 2 -Freisetzung größer, als wenn man auf<br />

Bio<strong>die</strong>sel von vornherein verzichtet hätte.<br />

Schwierig bis unmöglich wird es auch, langfris -<br />

tige oder verdeckte Folgen zu erkennen. Bereits klar<br />

ist, dass es zu massiven Zeitverschiebungen bei der<br />

Implementierung von Maßnahmen kommen wird,<br />

sich weltweite Koordination als extrem schwierig<br />

erweist und trotz aller Bekundungen nur wenige<br />

Mittel zur Verfügung gestellt werden. Optimale<br />

Voraussetzungen sind das nicht.<br />

Für mich sind nun einerseits <strong>die</strong> bereits began -<br />

genen Fehler interessant, <strong>die</strong> sich auf bekannte<br />

Denkmuster im Umgang mit komplexen Systemen<br />

zurückführen lassen; andererseits will ich<br />

versuchen, noch kommende Fehler zu prognos -<br />

tizieren. <strong>Die</strong>s geschieht durch Übertragung der aus<br />

der Forschung bekannten Fehler, <strong>die</strong> sich auch auf<br />

politische Aspekte des Klimawandels übertragen<br />

lassen. Hier sind einige der bekanntesten, <strong>die</strong> auch<br />

gern wiederholt werden.<br />

FEHLER 1: Menschen handeln leider meist<br />

nicht nach der Devise „Vorbeugen ist besser als<br />

Heilen“, denn eine unserer fatalsten Denk schwä -<br />

chen ist <strong>die</strong> Kurzsichtigkeit im Planen. Nur Proble -<br />

me in der Gegenwart erregen unsere Aufmerk sam -<br />

keit und veranlassen uns zu handeln. So versucht<br />

der Stern-Report <strong>die</strong> Kosten der Auswirkungen des<br />

Klimawandels zu schätzen und kommt zu dem –<br />

nicht überraschenden – Ergebnis, dass sofortiges<br />

Handeln etwa 1 Prozent des Weltinlandproduktes<br />

kosten wird. Heutige Untätigkeit wird später dage -<br />

gen mit etwa 5 bis 20 Prozent zu Buche schlagen.<br />

<strong>Die</strong>sen Gedanken hört man zwar inzwischen von<br />

vielen Politikern, umgesetzt hingegen wird er nicht.<br />

<strong>Die</strong>se Verhaltensweise ist bekannt: Fernwir -<br />

kungen und Schäden, <strong>die</strong> weit in der Zukunft<br />

liegen, werden nicht angemessen beurteilt. Statt -<br />

dessen küm mert man sich um vergleichsweise<br />

kleine Probleme in der Gegenwart; man arbeitet<br />

also Probleme nach Auffälligkeit und zeitlicher<br />

Nähe statt nach Wichtigkeit ab. <strong>Die</strong> aktuelle Kritik<br />

am Stern-Report erinnert zudem auffallend an <strong>die</strong><br />

Kritik, <strong>die</strong> nach 1972 an den Grenzen des Wachs -<br />

tums geübt wur de: Probleme könnten jederzeit<br />

durch technologischen Fortschritt und wirt schaft -<br />

liche, sowie politische An passungen gelöst werden.<br />

6,7 Milliarden Menschen mit immer knapperen<br />

Ressourcen wissen heute, dass kaum etwas davon in<br />

<strong>die</strong> Tat umgesetzt wurde. Und der Glaube an das<br />

Allheilmittel „Wirtschafts wachs tum“ scheint uns<br />

heute sogar naiv.<br />

In kleinerem Maßstab begegnen wir <strong>die</strong>sem<br />

Denkmuster beim Argument der zu hohen Kosten<br />

für erneuerbare Energien, deren Ausbau also<br />

wirtschaftlich unsinnig sei. Nicht bedacht wird<br />

dabei, dass ein Ausbau erst dann, wenn es wirt -<br />

schaftlich wäre (kurz vor dem Ende der fossilen<br />

Brennstoffe) daran scheitern wird, dass dann keine<br />

Energie mehr vorhanden ist, um alternative<br />

Quellen auszubauen.<br />

FEHLER 2: Aus Ökosystem-Stu<strong>die</strong>n ist bekannt,<br />

dass Menschen selbst bei vollständiger Information<br />

über das Problem oft mit Untätigkeit reagieren.<br />

Mitunter ist <strong>die</strong> Hoffnung einfach <strong>die</strong>, dass sich das<br />

Probleme von selbst auflöst. Auch <strong>die</strong>ses Verhalten<br />

findet man zur Genüge in der Klimawandeldebatte<br />

(aber ebenso, wie erwähnt, in den Grenzen des<br />

Wachstums bezüglich Ressourcenfrage und<br />

Geburtenkontrolle). So ist <strong>die</strong> CO 2 -Anreicherung<br />

durch Menschen seit den 50er Jahren bekannt, der<br />

erste IPCC-Bericht mit deutlichen Warnungen<br />

datiert von 1990 – viel ist bislang nicht geschehen.<br />

Das kann man nun natürlich vielen Faktoren (z.B.<br />

dem Druck der Wirtschaft, der Wählergunst)<br />

zuschlagen, und doch ist <strong>die</strong>ses Verhalten typisch<br />

für den Um gang mit komplexen Problemen.<br />

Als Beispiel dafür sollen Bill Clintons Aussagen<br />

<strong>die</strong>nen, der in mehreren Reden schon 1998 von<br />

mehr Toten durch Klimawandel, vom teilweisen<br />

Versinken Floridas durch einen Anstieg des Meeres -<br />

spiegels und einer extremeren Ausprägung und<br />

Häufung des El-Niño-Phänomens sprach. <strong>Die</strong>se<br />

Reden kann man heute – neun Jahre später nun als<br />

harte wissenschaftliche Fakten – fast wörtlich im<br />

IPCC-Bericht 2007 wiederfinden. Interessant auch<br />

<strong>die</strong> Verordnung zur Energieeffizienz von Haushalts -<br />

geräten in den USA, <strong>die</strong> bereits 1987 und 1992 vom<br />

Kongress verabschiedet, aber nie implementiert<br />

wurde. Allein dadurch würden <strong>die</strong> CO 2 -Emissio -<br />

nen um Prozent gesenkt und Millionen Dollar an<br />

Stromkosten gespart.<br />

FEHLER 3: Komplexe Systeme werden in ihrer<br />

tatsächlichen Komplexität unterschätzt, <strong>die</strong> eigene<br />

Kompetenz dabei überschätzt. Komplettiert wird<br />

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