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die vermeidbare katastrophe die ersten warnzeichen ... - Die Gazette

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Zu den schönsten Weihnachtslandschaften gehören<br />

<strong>die</strong> Täler und Wälder, <strong>die</strong> einsamen Waldgebirge<br />

des nördlichen Neuengland. Sie beginnen ab<br />

einer Linie, <strong>die</strong> von Boston aus westlich bis zu dem<br />

an den Mittelrhein erinnernden Tal des majestätischen<br />

Mohawk River im Bundessstaat New York<br />

reicht und sich dann nordwärts wendet zur kanadischen<br />

Grenze, gegen den Niagarastrom hin und an<br />

das immer noch waldbestandene, wenngleich<br />

längst dichtbesiedelte und industriell entwickelte<br />

Ufer des östlichsten der Großen Seen.<br />

<strong>Die</strong>ser Landstrich, <strong>die</strong>ses riesige, über Hunderte<br />

Kilometer sich dehnende Rechteck auf der Landkarte,<br />

ist jener Teil Amerikas, der als einer der <strong>ersten</strong><br />

auf dem neuen Kontinent von englischsprechenden<br />

Siedlern, tiefreligiös und voll heimlichem<br />

Hass gegen Seine viel zu weltliche Britische Majestät,<br />

entdeckt wurde und auch bei den Neugierig-<br />

Gebildeteren des nördlichen Europa das erste Bild<br />

<strong>die</strong>ser neuen Welt geprägt hat. Und ohne dass es<br />

einer bis heute so richtig bemerkt hat, wurde <strong>die</strong>ser<br />

Teil des Kontinents als einer der <strong>ersten</strong> vom Lauf<br />

der Welt wieder vergessen. Vor annähernd 200 Jahren<br />

bereits. <strong>Die</strong>ses waldbestandene Neuengland<br />

wurde so sehr vergessen, dass es von da an bleiben<br />

konnte, was und wie es war. Und was es heute noch<br />

ist.<br />

Von einer Welt der kreischenden Geräusche, der<br />

Gier, des unablässigen Getriebes eines amerikanischen,<br />

oder sollen wir sagen: beinahe weltweit<br />

omnipräsenten Alltags treten wir da ein in eine<br />

Welt der Stille, ja fast des Schweigens; und das auch<br />

heute noch, ja, heute wieder ganz besonders. Selbst<br />

<strong>die</strong> profane Fahrt mit dem Auto auf der Autobahn<br />

aus der Megastadt zwischen New York City und<br />

dem Umland von Boston lässt <strong>die</strong>se Wandlung<br />

binnen weniger Kilometer erleben. Lagen unsere<br />

Blicke soeben noch auf Dörfern und Städten, auf<br />

bebautem, dem wirtschaftlichen Gewinn unterworfenem<br />

Land, so rücken uns von jetzt an, mit<br />

dem zunehmend sich wellenden Verlauf der Autobahn,<br />

<strong>die</strong> schier unendlichen Höhenlinien hintereinander<br />

gestaffelter Hügelketten nahe, und <strong>die</strong><br />

der nach Norden zu emporwachsenden Waldgebirge.<br />

Lichtungen dazwischen, an denen <strong>die</strong> Autobahn<br />

vorbeiführt, sind <strong>die</strong> Plätze für einzeln daliegende<br />

Gehöfte; sie scheinen nur der Abwechs lung<br />

zu <strong>die</strong>nen und das an Eindrücken herauszuarbeiten,<br />

was wir im <strong>ersten</strong> Überblick ohnehin schon<br />

geahnt haben. Dass wir da eintreten in ein Land des<br />

Schweigens und der Stille, wie es unsere Gegenwart<br />

scheinbar gar nicht mehr zu bieten vermag. Da und<br />

Reportage<br />

Weihnachtslandschaften<br />

Von Oskar Holl<br />

dort, in den langen Abständen der seltenen Autobahnabfahrten,<br />

an altenglisches Bauernland<br />

gemahnende Ortsnamen, doch im Widerspruch<br />

zu der Ankündigung ist kein einziges Dorf zu<br />

sehen, meist bleibt es bei versprengten Lichtern in<br />

den Wäldern, einem Durchblick vielleicht auf eine<br />

mit Lichterkette geschmückte hohe Tanne vor<br />

einem Haus, der Baum selbstverständlich lebend<br />

und ungeschnitten auf kräftig lebendem Stamm.<br />

<strong>Die</strong> Tanne steht vor einem solchen Hof, der zu der<br />

sonst unsichtbaren Gemeinde North Sutton<br />

gehört.<br />

<strong>Die</strong>ses Neuengland, das sind neben dem östlichen,<br />

fast schon allzu entlegenen und auch mit<br />

anderer Geschichte lebenden Maine vor allem <strong>die</strong><br />

Staaten New Hampshire, Vermont und der nördliche<br />

Teil des Staates New York, jener „Upstate New<br />

York“, der sich von der Weltmetropole im Süden so<br />

sehr unterscheidet, als wären es zwei Kontinente,<br />

durch einen Ozean von Bewusstsein und Lebensauffassung<br />

voneinander getrennt. Mit einander<br />

glücklich werden beide wohl nur, wenn sie aneinander<br />

nicht denken.<br />

Drei von Süd nach Nord verlaufende uralte,<br />

schwer verwitterte, vielfach abgeschliffene und<br />

abgerundete Waldgebirge, aus dem Altertum der<br />

Erdgeschichte, bilden das Rückgrat Neuenglands;<br />

in New Hampshire <strong>die</strong> White Mountains, für altes<br />

Urgestein ungewöhnlich hochaufragend und wie<br />

der Name sagt, schneebedeckt, und das neun<br />

Monate im Jahr, dann <strong>die</strong> grünen Berge von Vermont<br />

in der Mitte, und endlich im Westen <strong>die</strong><br />

weitläufigen, beinahe unabsehbaren Adirondacks<br />

im Staat New York, indianischer Name und auch<br />

noch indianische Reservationen, wenn auch kleinwinzig.<br />

Dazwischengehängt <strong>die</strong> Bänder der großen,<br />

fast geradewegs nach Süden strebenden<br />

Ströme, der stille Connecticut River mit durchsichtig-braunem<br />

Moorwasser und vor allem der<br />

breit sich hinwälzende, mehrere große Ströme aufnehmende<br />

Hudson River in dem weiten Tal, das<br />

Apfelbäume und Getreide so gut gedeihen lässt<br />

und den Holländern eine frühe Heimat war.<br />

Im November, eine gute Weile vor Thanksgivings,<br />

dem amerikanischen Fest, das nirgend<br />

anders so hingehört wie gerade hierher, ist schon<br />

längst der erste Schnee gefallen. Dann blieb es<br />

lange trocken, arktische Kälte floss vom Kanadischen<br />

Schild ungehindert, nicht wie in Europa<br />

durch Golfstrom und Ost-West verlaufende Mittelgebirge<br />

abgemildert, nach Süden herunter und<br />

erfüllte <strong>die</strong> Luft mit ihrer klirrenden, <strong>die</strong> Baum-<br />

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