Forschungsbericht 2010 - ZfP Südwürttemberg
Forschungsbericht 2010 - ZfP Südwürttemberg
Forschungsbericht 2010 - ZfP Südwürttemberg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Kurzbezeichnung:<br />
SCHU 3<br />
Kurzbezeichnung:<br />
WEIS 2<br />
Laienliteratur zur Psychiatrie<br />
Beteiligte: Uta Kanis-Seyfried, Thomas Müller<br />
Kritik an der Psychiatrie, ihren ärztlichen Vertretern und den Anstalten ist<br />
nicht neu. Bereits im 19. Jahrhundert regte sich Widerstand in der Patientenschaft<br />
wie aufgeklärter Gesellschaft und führte zu intensiver Auseinandersetzung<br />
mit der institutionalisierten Form der psychiatrischen Versorgung.<br />
In sogenannten „Irrenbroschüren“ beispielsweise, die in kleinen Verlagen gedruckt<br />
und unters Volk gebracht wurden, machten vor allem Patienten, die<br />
sich zu unrecht in eine Anstalt eingewiesen wähnten, ihrem Ärger Luft. In<br />
diesen Selbstzeugnissen werden nicht nur individuelle Lebenswege autobiografisch<br />
dargestellt, vielmehr werfen sie auch ein von persönlichem Erleben<br />
geprägtes Bild auf zeitgenössische Rechtslagen, Behördenwillkür und staatsmächtige<br />
Regulierung aufsässiger, „querulatorischer“ Persönlichkeiten. Der in<br />
der Schussenrieder Heil- und Pflegeanstalt angeblich „vier Jahre unschuldig“<br />
eingesperrte Wilhelm Kuhnle ist einer dieser Fälle, die in der Öffentlichkeit<br />
Aufsehen erregten. Seine psychiatriekritische Schrift (1894 im Stuttgarter<br />
Verlag Robert Lutz erschienen) erhellt auf eine gänzlich andere Art und Weise<br />
das Leben vor und hinter den Anstaltsmauern als das 1895 veröffentlichte<br />
Tagebuch des Pfarrers Heinrich Hansjakob. In dieser Schrift mit dem Titel<br />
„Aus kranken Tagen“ beschreibt der Pfarrer seinen freiwilligen mehrmonatigen<br />
Aufenthalt in der Heilanstalt Illenau, wo er Linderung von seinen „Nerventeufeleien“<br />
suchte.<br />
Projekt: Forschungsprojekt, freie Publikationen.<br />
Zur Psychiatrie im Nationalsozialismus. Die Rolle der Ärztin Martha<br />
Fauser (1889-1975) in der sog. Euthanasie in <strong>Südwürttemberg</strong> (AT)<br />
Beteiligte: Iris Pollmann, Daniela Croissant, Gerhard Längle, Uta Kanis-Seyfried,<br />
Thomas Müller<br />
Gegenstand dieses Forschungsprojekts ist die Biographie der in den ehema-<br />
ligen Anstalten Weissenau und Psychiatrie tätigen Ärztin Dr. Martha Fauser<br />
und ihrer Rolle in den Jahren des Nationalsozialismus. Die Arbeit integriert<br />
biographische und institutionshistorische Methodologien mit dem Forschungsinteresse<br />
der Gender Studies und der Studien zur Geschichte der Medizin im<br />
Nationalsozialismus. Fauser war eine prominente Figur im Rahmen der sog.<br />
T4-Aktion bzw. der sog. „Euthanasie“, die sich in der BRD auch im Rahmen<br />
eines juristischen Prozesses für ihr Fehlverhalten zu verantworten hatte. Zu-<br />
52 <strong>Forschungsbericht</strong> <strong>2010</strong>