GESCHICHTE VERSTEHEN
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Kapitel IV<br />
DIE SO GENANNTE ZWEITE<br />
REPUBLIK<br />
Der Münchner Erfolg von Hitlers<br />
Deutschland auf Kosten der Tschechen und<br />
der Tschechoslowakei bedeutete eine<br />
Niederlage und tiefe Destruktion der<br />
tschechoslowakischen Staatsidee,<br />
insbesondere in ihrer masarykschen<br />
Prägung. Den äußeren Rahmen dafür schuf<br />
die Okkupation eines großen Teils des<br />
Hoheitsgebiets (etwa ein Drittel der<br />
böhmischen Länder), wo die Deutschen<br />
Über das Schicksal der Tschechoslowakei entschieden Vertreter der europäischen<br />
Großmächte Ende September 1938 in München, ohne tschechoslowakische Repräsentanten<br />
einzuladen. Hitler ist es gelungen, alle seine Forderungen bei den Regierungen von Frankreich,<br />
Großbritannien und Italien durchzusetzen.<br />
etwa 28.000 km 2 mit insgesamt 600. -<br />
700.000 Tschechen „einnahmen“ (wie man<br />
damals zu sagen pflegte). Dazu kam noch<br />
der Verlust der Befestigungslinie, die<br />
Unterbrechung der wichtigsten, in die<br />
Slowakei führenden Eisenbahnlinien und<br />
Straßen, ja sogar auch solcher zwischen<br />
Böhmen und Mähren, die Flucht oder<br />
direkte Vertreibung von etwa 160. - 170.000<br />
Tschechen, Juden sowie sudetendeutschen<br />
Demokraten mit eiligst<br />
zusammengetragener notwendigster Habe<br />
aus ihrer Heimat in das Landesinnere.<br />
Doch damit nicht genug. Unter dem<br />
starken deutschen Druck begann der<br />
tschechoslowakische Staat zu zerfallen. Am<br />
5. Oktober 1938 teilte Edvard Beneš dem<br />
tschechoslowakischen Ministerpräsidenten,<br />
General Jan Syrový, mit, dass er vom<br />
Die Zerschlagung der ČSR, das Protektorat und die<br />
Genese der Aussiedlung<br />
116<br />
Präsidentenamt zurücktrete, in das er am<br />
18. Dezember 1935 gewählt worden war.<br />
(Von 441 abgegebenen Stimmen hatte er<br />
damals 340 Stimmen erhalten, 24 erhielt<br />
sein Gegenkandidat Bohumil Němec,<br />
76 Stimmzettel waren leer und<br />
1 Stimmzettel ungültig.)<br />
Der Ständige Ausschuss der<br />
Nationalversammlung verabschiedete am<br />
27. Oktober 1938 eine Verfügung über den<br />
Mandatsverlust einiger Abgeordneter der<br />
Nationalversammlung (Nr. 253/1938 Sb.).<br />
Nach dieser Verfügung verloren diejenigen<br />
Abgeordneten der Nationalversammlung ihr<br />
Mandat, die sich zu einer anderen<br />
Nationalität als der tschechischen,<br />
slowakischen oder russischen<br />
(kleinrussischen) bekannten und am<br />
18. September 1938 ihren ständigen<br />
Wohnsitz auf dem von einer fremden Macht<br />
besetzten Territorium der ČSR hatten, oder<br />
nach dem 18. September 1938 dieses<br />
Territorium verließen. Wie in den weiteren<br />
Bestimmungen dieser Verfügung ausgeführt<br />
wurde, verloren auch weitere Abgeordnete<br />
aus dem von einer fremden Macht besetzten<br />
Hoheitsgebiet der ČSR ihr Mandat.<br />
Insgesamt handelte es sich um 69<br />
Abgeordnete und 33 Senatoren. Diese<br />
Maßnahme hatte jedoch keine rechtliche<br />
Grundlage! Der Ständige Ausschuss durfte