GESCHICHTE VERSTEHEN
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Die Zerschlagung der ČSR, das Protektorat und die<br />
Genese der Aussiedlung<br />
insbesondere im Bereich der Macht- und<br />
Kapitalbeherrschung der tschechischen<br />
Wirtschaft als einer der Voraussetzungen für<br />
deren künftige Germanisierung. Die<br />
deutsche Okkupationspolitik ließ dieses Ziel<br />
nicht außer Acht, sie ließ aber von radikalen<br />
und gewaltsamen Formen zu seiner<br />
Durchsetzung ab. Während des Krieges<br />
sollte im Protektorat „Ruhe“ herrschen, um<br />
sein Wirtschaftspotential in der<br />
Kriegsanstrengung möglichst wirksam zu<br />
nutzen. Die Formen der Ausbeutung der<br />
Die Soldaten der Wehrmacht wurden bei der Besetzung des „Sudetenlandes“ von der<br />
deutschen Bevölkerung als Befreier gefeiert.<br />
Protektoratswirtschaft, die die<br />
Okkupationsmacht wählte, deckten ein<br />
breites Spektrum ab. Dazu gehörte<br />
beispielsweise ein besonderer Typ des<br />
Umlaufes der Reichsmark im Protektorat.<br />
Die Národní banka pro Čechy a Moravu<br />
(die Nationalbank für Böhmen und Mähren)<br />
durfte sie zwar annehmen, nicht aber in den<br />
Umlauf zurückführen. Sie musste diese<br />
vielmehr der Deutschen Reichsbank in<br />
Berlin überweisen, wodurch der Národní<br />
banka Forderungen in Reichsmark<br />
gegenüber dem Deutschen Reich<br />
entstanden. Den Großteil dieser<br />
Forderungen „fror“ Deutschland „ein“, d.h.<br />
ein nicht geringer Teil der im Protektorat für<br />
Reichsmark gekauften Waren wurde ohne<br />
entsprechendes Äquivalent erworben. 1945<br />
betrugen die Forderungen der Národní<br />
135<br />
Kapitel IV<br />
banka gegenüber dem Deutschen Reich 105<br />
Milliarden Kronen.<br />
Es wurde bereits erwähnt, dass die<br />
Reichsmark im Bezug auf die<br />
Protektoratskrone zu hoch bewertet wurde.<br />
Ihr offizieller Kurs wurde mit 1 Reichsmark<br />
zu 10 Kronen festgelegt, ihre reale Kaufkraft<br />
war allerdings niedriger – sie bewegte sich<br />
zwischen 6-7 Kronen. Dies bedeutete, dass<br />
der deutsche Käufer – wenigstens am<br />
Anfang der Okkupation – etwa ein Drittel<br />
der Waren kostenlos erwarb. Diese<br />
Entwicklung der Währung verstärkte jedoch<br />
die Inflationstendenz und entwertete die<br />
Ersparnisse der Bevölkerung, die auch sonst<br />
schon mit verschiedenen Abgaben und<br />
anderen Pflichten zugunsten des Deutschen<br />
Reiches belastet war. Die böhmischen<br />
Länder mussten dem Deutschen Reich<br />
einen sog. Matrikularbeitrag für den<br />
„Schutz“ abführen. Seine Höhe erreichte in<br />
den Jahren 1940 - 1945 die nicht geringe<br />
Summe von 42 Milliarden Kronen.<br />
Zu den Formen der wirtschaftlichen<br />
Ausbeutung der böhmischen Länder<br />
gehörte auch der Einsatz von tschechischen<br />
Arbeitskräften in Deutschland. Zunächst<br />
waren es nur Männer, ab der Jahreswende<br />
1943/44 auch Frauen, als der<br />
Geburtsjahrgang 1924 in der deutschen<br />
Luftfahrtindustrie zur Arbeit eingesetzt