GESCHICHTE VERSTEHEN

Historische Wurzeln
25
Kapitel I
In der Schlacht am Weißen Berg stießen eher unterschiedliche Staatsprinzipien als verfeindete
Völker aufeinander. Die Stände waren bemüht, ihre tradionsgemäßen Privilegien gegen die
wachsende absolutistische Herrschaft des Kaisers zu verteidigen. Ihre Niederlage bedeutete
nichtsdestoweniger die Vernichtung der böhmischen Eliten und die Verstärkung von
Germanisierungstendenzen.
Schichten überzeugen Angehörige ihrer
Ethnie davon, dass diese denselben Wert
und dieselben Rechte wie die bereits
existierenden Nationen habe. Nach
erfolgreicher Agitation beginnt sich aus der
Ethnie bereits eine Nation zu formieren,
ihre Existenz ist jedoch noch nicht gesichert.
Dieses kann erst durch die Identifizierung
breiter Massen der Bevölkerung mit den
nationalen Idealen und durch die Entfaltung
einer sozial vollständigen modernen
Gesellschaft geschehen. Diese Entfaltung
gehört allerdings schon der dritten Phase an.
Einen Bestandteil dieses abschließenden
Schrittes bei der Herausbildung einer
modernen Nation bildet auch ihre
wirtschaftliche Emanzipation. Am Ende der
dritten Phase steht dann die Erreichung
politischer Ziele der Nationalbewegung, zu
deren Erreichung eine möglichst breit
aufgefasste Autonomie oder politische
Selbständigkeit in Form eines „eigenen“
Staates gehören.
Blickt man nur auf den deutschtschechischen
Horizont, stellt man schnell
fest, dass der Prozess der nationalen
Emanzipation bei den Deutschen nicht nur
schneller, sondern auch offensiver war. Dieser
Prozess war jedoch vor allem sehr
kompliziert. Nicht nur, dass er, ohne dass ein
einheitlicher deutscher Staat existierte,
verlief, sondern sogar in einer Situation, in
der die bisherige staatliche Organisation
Deutschlands in einer tiefen Krise steckte.
Die Expansion des napoleonischen
Frankreichs, welches einen beträchtlichen
Teil der deutschen Kerngebiete vom Heiligen
Römischen Reich beherrschte, brachte Ideen
der Französischen Revolution sowie ihre
Umsetzung mit sich, zu denen auch das