GESCHICHTE VERSTEHEN
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Kapitel VI Die Durchführung der Zwangsaussiedlung<br />
verhielt sich jedoch zu diesen Aktionen<br />
zurückhaltend oder sogar direkt ablehnend,<br />
denn sie komplizierten die dortige, ohnehin<br />
schwierige humanitäre Lage noch mehr.<br />
Nach den Richtlinien für die Aussiedlung<br />
sollten zuerst Reichsdeutsche nach<br />
Deutschland ausgesiedelt werden, des<br />
Weiteren dann Personen, die nach Oktober<br />
1938 in das tschechoslowakische Territorium<br />
umgezogen waren, und Flüchtlinge aus den<br />
östlichen deutschen Gebieten. Häufig<br />
wurden jedoch auch die Alteingesessenen<br />
schon mit der ersten Welle vertrieben,<br />
darunter sogar Menschen aus Mischehen.<br />
Erst Ende Juli 1945 wurde eine Richtlinie<br />
erlassen, die einzelne Kategorien der zur<br />
Aussiedlung bestimmten deutschen<br />
Einwohner festlegte. An erster Stelle standen<br />
die sog. „Okkupanten“, d.h. die nach dem<br />
1. Oktober 1938 nach Böhmen<br />
umgezogenen Deutschen, an zweiter Stelle<br />
standen „sich schuldig gemachte Personen“,<br />
insofern sie inzwischen noch nicht interniert<br />
worden waren. An der dritten Stelle waren<br />
Angestellte des öffentlichen Dienstes, die<br />
nach der Übernahme der Verwaltung in<br />
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tschechische Hände arbeitslos geworden<br />
waren. Die vierte Gruppe stellten Landwirte<br />
dar, die fünfte waren Unternehmer und<br />
Gewerbetreibende, die sechste Gruppe<br />
bildeten die Freiberuflichen und erst an<br />
siebter Stelle waren Arbeiter angeführt, an<br />
der letzten Stelle dann die „Übrigen“. Die<br />
genannte Reihenfolge wurde nicht nur durch<br />
das Maß der Verschuldung in der Kriegszeit,<br />
sondern auch durch wirtschaftliche Faktoren<br />
vorgegeben, denn der Transfer hatte<br />
unübersehbar auch eine wirtschaftliche Seite.<br />
Entsetzliche Kriegserlebnisse führten auch bei der tschechischen<br />
Bevölkerung zur Roheit und Grausamkeit.<br />
Diese zeigte sich in der Zeit des<br />
organisierten Transfers als derjenige Faktor,<br />
der damals der Aussiedlung einiger Gruppen<br />
der deutschen Bevölkerung entgegenwirkte.<br />
MORDEXZESSE WÄHREND DER<br />
ZWANGSAUSSIEDLUNG<br />
Im ersten Vierteljahr nach Kriegsende<br />
wurden die Aktionen der „wilden<br />
Vertreibung“ auch von etlichen Gewalttaten,<br />
Morden, Selbst- und Lynchjustiz sowie<br />
einigen gezielt von der Armee organisierten<br />
Massenmorden an der deutschen<br />
Bevölkerung begleitet. Im Zusammenhang