GESCHICHTE VERSTEHEN
GESCHICHTE VERSTEHEN
GESCHICHTE VERSTEHEN
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Kapitel VI Die Durchführung der Zwangsaussiedlung<br />
Der eigentliche, organisierte Transfer der<br />
deutschen Minderheit aus der<br />
Tschechoslowakei fällt in den Zeitraum vom<br />
Herbst 1945 bis Frühjahr 1947 (offiziell wurde<br />
er jedoch schon im Oktober 1946<br />
abgeschlossen). Der Transfer wurde ergänzt<br />
durch weitere Aussiedlungen im kleineren<br />
Umfang, die bis in die fünfziger Jahre<br />
anhielten. Einerseits waren letztere auf die<br />
Zusammenführung von Familien ausgerichtet,<br />
andererseits ermöglichten sie den Menschen<br />
einiger spezieller Berufsgruppen, die bisher im<br />
Lande verbleiben mussten, den Auszug nach<br />
Deutschland.<br />
Den Beschluss der Potsdamer Konferenz<br />
vom 2. August 1945 über den Transfer der<br />
deutschen Minderheiten aus Polen, Ungarn<br />
und der ČSR und die Art und Weise seiner<br />
Durchführung behandelte die<br />
tschechoslowakische Regierung schon am<br />
Tag nach seiner Annahme, d.h. am 3. August<br />
mit Datum vom 2. August. Die<br />
entsprechende Note der<br />
tschechoslowakischen Regierung wurde den<br />
Alliierten am 16. August überreicht. Die<br />
Regierung setzte den Transfer von 2.500.000<br />
Personen im Zeitraum eines Jahres voraus.<br />
Allen „tschechoslowakischen“ Deutschen (bis<br />
228<br />
auf eindeutig spezifizierte Ausnahmen von<br />
aktiven Antifaschisten und Opfern des<br />
Nationalsozialismus) wurde die<br />
Staatsbürgerschaft bereits am 2. August per<br />
Dekret des Präsidenten der Republik<br />
entzogen. Die Kategorien der zur<br />
Aussiedlung bestimmten Personen<br />
stimmten mit den Kategorien überein, die in<br />
der bereits erwähnten Richtlinie vom Juli<br />
1945 angeführt wurden.<br />
Die organisatorischen Vorbereitungen des<br />
Transfers liefen bis zum Dezember 1945 ab,<br />
Ein tschechischer Häusler kommentiert „witzig“ den Weggang der Sudetendeutschen in der<br />
Zeichnung aus der damaligen Presse: „Der heilige Wenzel hat versprochen nur 350<br />
abzuführen, wir aber möchten sie ein für alle Mal abführen.“ Der Vergleich der<br />
heruntergekommenen Menschenmengen mit den Ochsen, mit denen der Patron der<br />
böhmischen Länder dem Römischen Reich die Steuern bezahlte, war zynisch, entsprach aber<br />
wohl der damaligen Stimmung der Mehrheit der Tschechen.<br />
als die Regierung eine „Zentralrichtlinie zur<br />
Durchführung des Transfers“ erließ. Es<br />
wurde beim Innenministerium ein spezielles<br />
„Amt für den Transfer der Deutschen“<br />
errichtet. Im Ministerium für nationale<br />
Verteidigung wurde ein spezieller Stab<br />
gegründet, der den Transfer technisch<br />
absicherte. Den Verlauf des Transfers<br />
beaufsichtigten Organe des Sbor národní<br />
bezpečnosti (Korps der nationalen<br />
Sicherheit, d.h. polizeiliche Einheiten). Für<br />
den Transferablauf auf der lokalen Ebene<br />
waren Nationalausschüsse oder<br />
Verwaltungskommissionen (in den im<br />
Grenzland liegenden Bezirken)<br />
verantwortlich. Auch die Arbeitsämter