GESCHICHTE VERSTEHEN
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Artikel 5. Die Tschechoslowakei verpflichtet sich, keine Hindernisse bei der Ausübung des<br />
Optionsrechts zu schaffen, und zwar gemäß den Verträgen, die durch die verbündeten und vereinten<br />
Mächte mit Deutschland, Österreich oder Ungarn abgeschlossen wurden oder erst geschlossen werden<br />
und die es den Interessenten erlauben, die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft zu erlangen oder<br />
nicht zu erlangen.<br />
Artikel 6. Die Staatsbürgerschaft erwirbt ipso facto durch bloße Geburt auf tschechoslowakischem<br />
Hoheitsgebiet jeder, der durch seine Geburt keine andere Staatsbürgerschaft erlangt hat.<br />
Artikel 7. Alle tschechoslowakischen Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich und genießen<br />
dieselben Bürgerrechte, ungeachtet ihrer Rasse, Sprache und Religion.<br />
Eine unterschiedliche Religion, ein unterschiedlicher Glauben oder Bekenntnis kann für keinen<br />
tschechoslowakischen Staatsbürger hinsichtlich der Ausübung der Bürgerrechte sowie der politischen<br />
Rechte, insbesondere betreffend Zugang zum öffentlichen Dienst, zu den Behörden, Zugang zu den<br />
Werten oder bezüglich der Ausübung jedweden anderen Gewerbes oder Berufes von Nachteil sein.<br />
Den tschechoslowakischen Staatsbürgern werden keine Einschränkungen hinsichtlich des freien<br />
Sprachgebrauchs, sei es nun in privater oder geschäftlicher Sphäre, oder aber in Angelegenheiten<br />
auferlegt, die Religion, Presse oder öffentliche Auftritte jeder Art, öffentliche Versammlungen<br />
einbegriffen, betreffen.<br />
Sollte die tschechoslowakische Regierung eine offizielle Amtssprache einführen, dann wird den<br />
tschechoslowakischen Bürgern mit einer anderen als der tschechischen Muttersprache eine<br />
angemessene Gelegenheit eingeräumt, vor den Gerichten ihre Sprache sowohl mündlich als auch<br />
schriftlich gebrauchen zu können.<br />
Artikel 8.Tschechoslowakische Angehörige, die nationalen, religiösen oder sprachlichen<br />
Minderheiten angehören, werden rechtsmäßig sowie auch tatsächlich mit der gleichen Sicherheit<br />
gleich behandelt wie die anderen tschechoslowakischen Bürger. Insbesondere genießen sie dasselbe<br />
Recht, auf eigene Kosten philanthropische, religiöse oder soziale Anstalten zu gründen, zu leiten und<br />
unter Aufsicht zu haben. Dies betrifft auch Schulen oder andere Erziehungsanstalten, und zwar mit<br />
dem Recht, dort ihre Muttersprache frei zu gebrauchen und ihre Religion frei zu praktizieren.<br />
Artikel 9. Betreffend den öffentlichen Unterricht wird die tschechoslowakische Regierung in den<br />
Städten und Bezirken, in denen ein beträchtlicher Anteil von anderssprachigen tschechoslowakischen<br />
Bürgern ansässig ist, angemessene Gelegenheiten einräumen, um den Kindern dieser Bürger Unterricht<br />
in ihrer Muttersprache zu ermöglichen. Diese Bestimmung wird jedoch die tschechoslowakische<br />
Regierung nicht daran hindern, den Tschechischunterricht als obligatorisch einzuführen.<br />
In den Städten und Bezirken, in denen ein beträchtlicher Anteil der tschechoslowakischen<br />
Angehörigen ansässig ist, die religiösen oder sprachlichen Minderheiten angehören, wird diesen<br />
Minderheiten ein ordnungsgemäßer Anteil am Bezug und Gebrauch von Summen aus öffentlichen<br />
Fonds gewährleistet, die für Erziehung, Religion oder Philanthropie gemäß dem Staatshaushalt,<br />
Gemeindehaushalt oder anderer Budgets dafür vorgesehen sind.<br />
(…a)<br />
Artikel 14. Die Tschechoslowakei erklärt sich damit einverstanden, dass aus den Vorschriften der<br />
Kapitel I und II, sofern sie die Angehörigen der Rassen-, Religions- oder Sprachminderheiten<br />
betreffen, Verpflichtungen internationalen Interesses entstehen und dass sie die Garantien des<br />
Völkerbundes genießen werden. Sie dürfen nicht ohne die mehrheitliche Zustimmung des<br />
Völkerbundrats verändert werden. Die Vereinten Staaten von Amerika, das Britische Reich,<br />
Frankreich, Italien und Japan verpflichten sich, ihre Zustimmung für solche Änderungen der Artikel,<br />
die in vorgeschriebener Form von der Mehrheit des Völkerbundrats genehmigt werden, nicht zu<br />
verweigern.<br />
Die Tschechoslowakei erklärt sich damit einverstanden, dass jedes Mitglied des Völkerbundrats das<br />
Recht haben wird, das Augenmerk des Völkerbundrats auf eine anstehende oder bereits existierende<br />
Verletzung einer dieser Verpflichtungen zu lenken und dass der Rat solch ein Vorgehen wählen und solche<br />
Anweisungen erlassen kann, die er unter den gegebenen Umständen für geeignet und wirksam hält.<br />
Die Tschechoslowakei ist überdies damit einverstanden, dass jeder Meinungsstreit, der zu den mit<br />
diesen Artikeln in Zusammenhang stehenden Rechts- oder Tatbestandsfragen zwischen der<br />
tschechoslowakischen Regierung und einer anderen führenden vereinten oder angeschlossenen Macht<br />
oder einer anderen Macht, die Mitglied des Völkerbundratst ist, entsteht, als völkerrechtlicher Streit<br />
angesehen wird, und zwar im Sinne des Artikels 14 des Vertrages des Völkerbundes. Die<br />
tschechoslowakische Regierung erklärt sich einverstanden, dass ein jeder derartiger Streit, falls es die<br />
jeweils andere Streitpartei verlangt, beim Ständigen Internationalen Gerichtshof erhoben wird, dessen<br />
Entscheidung definitiv ist und dieselbe Rechtskraft genießt wie die Entscheidung gemäß Artikel 13<br />
jenes Vertrages.<br />
A. HAJN (red.), Problém ochrany menšin (Problem des Minderheitenschutzes).<br />
Praha 1923, S. 237-240<br />
a) Kapitel II (Artikel 10 bis 13) ausgelassen, betreffend ausschließlich Karpatorussland<br />
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