GESCHICHTE VERSTEHEN
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Kapitel VI Die Durchführung der Zwangsaussiedlung<br />
DIE BÖHMISCHEN LÄNDER UND<br />
DIE DEUTSCHEN AM ENDE DES<br />
KRIEGES UND KURZ DANACH<br />
Die verwickelten Verhältnisse der letzten<br />
Kriegsmonate wurden durch die verstärkte<br />
Migration der deutschen Bevölkerung noch<br />
mehr kompliziert. Es ist äußerst schwierig,<br />
genaue Zahlen der sich damals auf dem<br />
tschechoslowakischen Hoheitsgebiet<br />
befindenden Deutschen festzustellen. Es gab<br />
selbstverständlich keine Registratur, denn es<br />
zerfiel nicht nur die Administration,<br />
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schwer, zu einer genauen Feststellung zu<br />
gelangen. Eine der möglichen Methoden für<br />
die Bestimmung einer relativ glaubwürdigen<br />
Einwohnerzahl in Böhmen und Mähren ist<br />
eine Bevölkerungsstatistik nach den<br />
ausgehändigten Lebensmittelkarten. Nach<br />
dieser Statistik lebten Anfang Mai 1945 an<br />
die 3.325.000 Menschen in den okkupierten<br />
Sudetengebieten, davon etwa 600.000<br />
Tschechen und Angehörige anderer<br />
Nationalitäten, d.h. dass im Reichsgau<br />
Sudetenland damals ungefähr 2.725.000<br />
Am Tag vor dem Eintreffen der sowjetischen Streitkräfte übergab der deutsche Kommandant<br />
von Prag Toussaint die Macht in der Stadt an die Repräsentanten der tschechischen<br />
Widerstandsbewegung unter der Bedingung, dass den Deutschen das Verlassen der Stadt in<br />
die amerikanische Gefangenschaft ermöglicht würde (links). Die tschechische Polizei reagierte<br />
auf zahlreiche Anzeigen mit umfangreichen Verhaftungen von Personen,<br />
die als Kollaborateure oder Denunzianten verdächtigt waren.<br />
sondern durch unkontrollierbare<br />
Migrationsbewegungen der Massen wurde<br />
sie auch unmöglich gemacht. Deshalb ist<br />
man bei der Festlegung der Zahl der<br />
deutschen Einwohner nur auf Schätzungen<br />
angewiesen, die durch weitere Forschungen<br />
korrigiert werden könnten.<br />
Im tschechoslowakischen Hoheitsgebiet<br />
weilten bei Kriegsende mindestens 4.000.000<br />
deutsche Zivilpersonen. Die meisten von<br />
ihnen gehörten der dort ansässigen<br />
Bevölkerung an, Flüchtlinge aus Schlesien<br />
sollen jedoch darunter bis zu 1.000.000<br />
Personen ausgemacht haben. Weitere<br />
Hunderttausende von Flüchtlingen kamen<br />
aus den östlichen Teilen des Reiches.<br />
Deutsche Quellen geben allerdings<br />
3. -3.400.000 Personen an. Es ist deshalb<br />
Deutsche wohnten. Zu denen werden auch<br />
jene Personen gezählt, die aus<br />
unterschiedlichsten Gründen erst nach 1938<br />
in diese Gebiete kamen. Etwas später, zum<br />
25. Juni 1945, hielten sich nur noch 2.716.239<br />
deutsche Zivilpersonen im gesamten<br />
Territorium von Böhmen und Mähren auf.<br />
Einen gewissen Teil davon bildeten<br />
deutsche Familien, die während des Krieges<br />
hierher umgesiedelt worden waren. So kamen<br />
beispielsweise Deutsche aus dem italienischen<br />
Südtirol im Laufe des Jahres 1943 in<br />
beschlagnahmte tschechische Bauernhöfe<br />
nach Nordmähren. Die ursprünglichen<br />
tschechischen Besitzer wurden ohne<br />
Entschädigung ausgesiedelt. Sehr ungenau<br />
sind auch die Annahmen, wieviele<br />
Sudetendeutsche, d.h. Alteingesessene, die