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Die Dekrete des Präsidenten der Republik aus der Sicht der Gegenwart<br />

Tschechoslowakischen Republik gerichtet<br />

waren, weiter dann Personen, die solche<br />

Handlungen anregten oder vorsätzlich auf<br />

irgendeine Weise deutsche und ungarische<br />

Besatzer unterstützten. Juristische Personen<br />

zählten dann zu den nicht staatstreuen<br />

Personen, wenn deren Leitung bzw.<br />

Verwaltung vorsätzlich und zweckgerichtet<br />

der deutschen oder ungarischen<br />

Kriegsführung oder faschistischen und<br />

nazistischen Zwecken diente.<br />

Deutschstämmige Personen, insoweit es<br />

Arbeiter, Landwirte, Gewerbetreibende,<br />

klein- und mittelständische Unternehmer,<br />

Beamte usw. betraf, konnten die<br />

Herausnahme ihres Vermögens aus<br />

staatlicher Verwaltung beantragen, falls sie<br />

in der Lage waren glaubwürdig<br />

nachzuweisen, dass sie Opfer politischer<br />

oder rassischer Verfolgung gewesen und dem<br />

demokratisch-republikanischen<br />

Grundgedanken der Tschechoslowakischen<br />

Republik treu geblieben waren.<br />

Anschliessend wurde per Dekret Nr. 12<br />

vom 21. Juni 1945 über die Konfiskation und<br />

beschleunigte Verteilung des<br />

landwirtschaftlichen Vermögens der<br />

Deutschen und Magyaren sowie der Verräter<br />

und Feinde der tschechischen und<br />

slowakischen Nation (Nr. 12/1945 Sb.) zum<br />

23. Juni 1945 der landwirtschaftliche<br />

Grundbesitz kraft Gesetzes konfisziert;<br />

gefolgt von der Konfiskation des übrigen<br />

feindlichen Vermögens, die zum 30. Oktober<br />

1945 kraft Gesetzes auf Grundlage des<br />

Dekrets Nr. 108 vom 25. Oktober 1945, über<br />

die Konfiskation des feindlichen Vermögens<br />

und über die Fonds der nationalen<br />

Erneuerung, erfolgte. Es ist festzuhalten,<br />

dass keine Konfiskation des Vermögens<br />

derjenigen Personen erfolgte, die der<br />

Tschechoslowakischen Republik treu<br />

geblieben waren, sich keine Taten gegen das<br />

tschechische und slowakische Volk hatten<br />

zuschulden kommen lassen, und im<br />

Befreiungskampf aktiv tätig gewesen waren<br />

oder unter nazistischem bzw. faschistischem<br />

Terror zu leiden hatten. Den betroffenen<br />

Personen standen die klassischen<br />

Prozessrechte offen, einschließlich des<br />

Rechts auf Berufung; rechtskräftig<br />

verkündete Entscheidungen konnten<br />

außerdem per Petition beim Obersten<br />

Verwaltungsgerichtshof angefochten werden.<br />

An das Dekret des Präsidenten der<br />

Republik Nr. 12 vom 21. Juni 1945 knüpfte<br />

das Dekret Nr. 28 vom 20. Juli 1945 über die<br />

292<br />

Besiedlung des landwirtschaftlichen Bodens<br />

der Deutschen, Magyaren, und anderer<br />

Staatsfeinde durch tschechische, slowakische<br />

und andere slawische Landwirte an<br />

(Nr. 28/1945 Sb.). Dieses Dekret bestimmte,<br />

dass jenen Bewerbern der Vorrang bei der<br />

Zuteilung von Ackerboden einzuräumen sei,<br />

die sich im nationalen Befreiungskampf<br />

ausgezeichnet und Verdienste erworben<br />

hätten, insbesondere Soldaten und<br />

Partisanen, ehemalige politische Häftlinge,<br />

deren Familienangehörige und gesetzliche<br />

Erben sowie kriegsgeschädigte Kleinbauern.<br />

Auf Grundlage des Dekrets Nr. 108 vom<br />

25. Oktober 1945 wurde das konfiszierte<br />

Vermögen gegen Entgelt an berechtigte<br />

Antragsteller zugeteilt, wobei die Zuteilung<br />

diejenigen besonders berücksichtigte, die<br />

sich im nationalen Widerstand engagiert<br />

hatten, bzw. deren Familienangehörige,<br />

weiter dann Kriegsversehrte, von ethnischer,<br />

rassischer oder politischer Verfolgung<br />

betroffene Geschädigte, Personen, die ins<br />

Grenzgebiet zurückkehren wollten,<br />

nachdem sie von dort vertrieben worden<br />

waren, heimkehrende Exilanten oder auch<br />

Personen, die ihren Wohnort wg. der<br />

geänderten geopolitischen Verhältnisse in<br />

andere Teile der Republik verlegten.<br />

Die Maßnahmen, die die<br />

Tschechoslowakei während des<br />

2. Weltkriegs und danach gegen den<br />

Kriegsgegner unternommen hat, waren<br />

vergleichbar, wenn nicht völlig identisch mit<br />

den Handlungen der übrigen Staaten der<br />

Anti-Hitler-Koalition. Sämtliche<br />

europäischen Staaten, die sich mit<br />

Deutschland oder seinen Verbündeten im<br />

Kriegszustand befanden, haben während des<br />

Krieges bzw. danach zu verschiedenen<br />

Konfiskationsmaßnahmen gegen feindliches<br />

Vermögen gegriffen, so z.B. die<br />

Exilregierungen Belgiens, der Niederlande<br />

und Luxemburgs, die bereits 1944<br />

Rechtsvorschriften zur Beschlagnahme<br />

feindlichen Vermögens erließen.<br />

Vermögen, das dem gegnerischen Staat<br />

oder einem seiner „Vasallenstaaten“ gehörte,<br />

ging in den Niederlanden per Verordnung<br />

auf den Staat über. In Belgien wurden<br />

sämtliche Vermögenswerte und –rechte,<br />

einschließlich Wertpapieren, im direkten<br />

oder indirekten Besitz, der Kontrolle oder<br />

der Verfügbarkeit eines Feindstaats oder<br />

eines Angehörigen des Feindstaats in die<br />

Verfügungsgewalt einer staatlichen Behörde<br />

mit Sitz in Brüssel überantwortet.

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