GESCHICHTE VERSTEHEN
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Zwanzig Jahre der Tschechen und Deutschen<br />
in der demokratischen ČSR<br />
Problems nicht allzu gut vorbereitet.<br />
Zwischen den einzelnen Strömungen des<br />
politischen Spektrums herrschte keine<br />
einheitliche Meinung über die Lösung. Vor<br />
allem der rechtsorientierte Teil der<br />
politischen Repräsentation, die<br />
Nationaldemokratie, die auf<br />
nationalistischen Positionen beharrte, stellte<br />
einen Stolperstein dar. Ein anderer Teil der<br />
politischen Rechten, Rudolf Beran (der<br />
Vorsitzende der Agrarpartei) oder der<br />
Bankier Jaroslav Preiss, suchte wiederum<br />
ohne Erfolg ein mögliches Übereinkommen<br />
mit der SdP und Deutschland. Das<br />
Memorandum der KSČ (Kommunistische<br />
Partei der Tschechoslowakei) vom<br />
November 1936 an die Regierung, das sich<br />
zu der Notwendigkeit äußerte, drängende<br />
Probleme des deutschen Volkes zu lösen,<br />
wurde nicht angenommen, da ein<br />
Misstrauen gegenüber der Einstellung<br />
dieser Partei herrschte, die noch unlängst,<br />
vor dem VII. Kongress der Komintern, das<br />
Prinzip der nationalen Selbstbestimmung<br />
bis hin zur territorialen Abtrennung<br />
verkündete. Ein Nachteil waren zuletzt auch<br />
die Trägheit und geringe Beweglichkeit des<br />
tschechoslowakischen Parteien- und<br />
Koalitionssystems (was jedoch damals<br />
überhaupt bezeichnend für europäische<br />
demokratische Systeme war), die ein<br />
schnelles und wirkungsvolles Reagieren auf<br />
die sich rasch entwickelnde Lage<br />
verhinderte.<br />
97<br />
Kapitel III<br />
Entgegen den heute verbreiteten (und<br />
immer wieder weiter verbreiteten)<br />
Meinungen war es Präsident Edvard Beneš<br />
und die ihm nahe stehenden Politiker, die<br />
realistische Standpunkte vertraten und<br />
annehmbare Lösungen vorschlugen. Beneš<br />
hielt die Verwaltungsreform von 1927 für<br />
einen Fehler. Stattdessen schlug er vor, die<br />
Staatsverwaltung zu dezentralisieren und<br />
eine wirkliche regionale Selbstverwaltung<br />
einzuführen. In der Umgebung von Beneš<br />
entstand sogar ein Projekt, die Deutschen<br />
Hitlers Regierung der „nationalen Konzentration“ von Anfang 1933 (links). Intellektuelle<br />
verließen massenhaft Deutschland. Der Schriftsteller Thomas Mann fand eine Zufluchtsstätte<br />
in der Tschechoslowakei und nahm auch deren Staatsbürgerschaft an.<br />
als zweite Staatsnation anzuerkennen.<br />
Dieselbe Idee tauchte auch 1934 im<br />
Programm Co chtějí socialisté? (Was wollen<br />
die Sozialisten?) auf, an die dann in der Zeit<br />
vor dem Münchener Abkommen der<br />
Petitionsausschuss „Věrni zůstaneme“ („Wir<br />
bleiben treu!“) anknüpfte. Wogegen sich<br />
Beneš jedoch völlig entschieden stellte, war<br />
das Prinzip einer territorialen Autonomie<br />
für die deutschen und ungarischen Gebiete.<br />
In einem solchen Schritt sah auch er – nach<br />
den Erfahrungen aus der Gründungszeit der<br />
Republik – eine Gefahr in zweierlei<br />
Hinsicht: Diese Verwaltungseinheiten hätte<br />
man wegen ihrer geographischen Lage<br />
weder wirkungsvoll verwalten noch<br />
territorial genau bestimmen können. Vom<br />
nationalen Gesichtspunkt aus sah er die<br />
Gefahr darin, dass „Tschechen und Slowaken<br />
nie überzeugt werden könnten, dass sich so ein<br />
Gebilde nicht bei erster Gelegenheit abtrennt<br />
und nicht immer wieder diese Abtrennung