Bibliotheca Kamtschatica Kulturstiftung Sibirien - Siberian-studies.org
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Asien im fernsten Osten mit Amerika zusammenhänge, oder ob die beiden Kontinente<br />
durch eine Wasserstraße voneinander geschieden seien. Es war daher sehr<br />
verständlich, dass der Zar Peter I., als er 1717 in Holland sich aufhielt, von allen Seiten<br />
bestürmt wurde, seine Hilfe zur Lösung dieser Frage nicht zu versagen.<br />
Den damals wichtigsten Schiff fahrenden Nationen, den Holländern, Engländern<br />
und Spaniern, lagen die in Frage stehenden Gegenden zu fern, und es konnten dieselben<br />
von ihnen nur mit Mühe und Gefahren aller Art erreicht werden. Peter I. dagegen,<br />
dessen Reich bis in jene fraglichen Teile der Erde hin sich vergrößert hatte, zeigte<br />
sich nicht nur willfähig, sondern versprach sogar, die Sache in die Hand nehmen<br />
zu wollen, – und so wurde die Lösung dieser hochwichtigen Frage dem russischem<br />
Reich und seinem energischen Kaiser zuteil.<br />
[183] Auf der asiatischen Seite des Stillen Ozeans war damals der Holländer Vries,<br />
Schiff »Castricon«, 1643 höchstens bis in die Nord- und Ostgewässer von Japan gelangt,<br />
und auf der amerikanischen Seite hatte der Ritter Francis Drake 1579 die Küste<br />
nur bis etwas nördlich von Kalifornien besucht und dasselbe Neu-Albion genannt.<br />
Endlich war an derselben Küste 1603 Martin d’Aguilor noch ein weniges nördlicher<br />
gelangt. Wertloser waren die Nachrichten von der amerikanischen Küste, die Johan<br />
de Fuca 1592 und der spanische Admiral de Fonte 1640 brachten. Man blieb in der<br />
wissenschaftlichen Welt über diese Frage im Dunkeln, aber von vielen Seiten wurde<br />
der Zusammenhang der Kontinente Asiens und Amerikas behauptet. Dennoch aber<br />
sah man fast auf allen Seekarten zwischen Asien und Amerika eine Wasserstraße<br />
verzeichnet, die man damals die Straße von Anian nannte, ohne aber irgendwelche<br />
Andeutung zu geben, wann und durch wen dieser Seeweg entdeckt worden sei.<br />
Als der Zar Peter I. in Holland war und sich für die Lösung dieser geografischen<br />
Frage erwärmt hatte, wusste weder er noch irgendjemand in der wissenschaftlichen<br />
Welt, dass die Frage bereits ein halbes Jahrhundert früher durch die Seereise des<br />
Kosa ken Deshnef 1648 vollständig gelöst worden war und dass dieser kühne Seefahrer<br />
bereits damals die Straße von Anian durchfahren hatte. Der Bericht des Deshnef<br />
lag unberücksichtigt im Archiv von Jakutsk und wäre dort vielleicht ganz verloren<br />
gegangen, wenn nicht Müller zufällig 1736 denselben in Jakutsk aufgefunden hätte.<br />
Die Jakutsker Regierung hatte aus Fahrlässigkeit und Dummheit es unterlassen,<br />
diese hochwichtige Entdeckung nach Moskau zu melden, und war so die Ursache<br />
geworden, dass diese bedeutungsvolle Entdeckung nicht nur [184] über ein halbes<br />
Jahrhundert in der wissenschaftlichen Welt unbekannt blieb, sondern auch dass es<br />
nun nötig wurde, die großartigsten, teuersten und gefahrvollsten Expeditionen auszurüsten,<br />
um die eigentlich schon bekannte Tatsache festzustellen.<br />
Bald nach Peter I. Rückkehr nach St. Petersburg gelangten die Pläne zur ersten<br />
Kam tschatka-Expedition zur Reife. Peter I. ernennt den Dänen Kapitän Vitus Bering<br />
zum Chef der Expedition und gibt ihm folgende Befehle:<br />
1) In Kam tschatka oder an einem anderen dazu bequemen Ort sollen 2 verdeckte<br />
Schiffe gebaut werden.