Bibliotheca Kamtschatica Kulturstiftung Sibirien - Siberian-studies.org
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seine Mannschaften gegen die Geschosse aus der Festung besser schützen zu können, kam er auf<br />
den Gedanken, die Herden der Jukagiren und Tschuwanzen niederstechen und mit den Leibern<br />
der Tiere einen Schutzwall gegen die Festung errichten zu lassen, hinter welchem die Stürmenden<br />
bis dicht an den Wall herankommen konnten. Auch das ließen die Leute ruhig geschehen und<br />
halfen tapfer beim Sturm, der auch am 6. August den Fall der Burg herbeiführte. Anstatt nun die<br />
Jukagiren und Tschuwanzen doch wenigstens teilweise zu entlassen, wie sie baten, schickte Petrof<br />
vor allen Dingen 42 Mann Kosaken nach Anadyrsk zurück unter dem V<strong>org</strong>eben, dass dieselben<br />
dort nötig seien. Er wusste aber sehr wohl, dass daselbst Tartarinof mit namhaften Verstärkungen<br />
[638] eingetroffen sein musste, dass dort also gar kein Notstand herrschen konnte. Er wollte nur<br />
seinen Dienstgenossen eine Erleichterung auf Kosten der Tschuwanzen und Jukagiren verschaffen.<br />
Die Zurückgebliebenen hatten einen sehr schweren Dienst: die Kosaken bauten eine neue Festung<br />
am anderen Ufer des Flusses, um eine sichere Zwingburg zur Vermeidung ähnlicher Aufstände<br />
zu haben; die Hilfstruppen hatten aber einerseits die Korjaken zu verfolgen und andererseits fortwährend<br />
Wachdienst zu halten, um die arbeitenden Kosaken vor immer möglichen Überfällen<br />
der erbosten Feinde zu schützen. Trotz alledem verlangte Petrof von denselben mit unnachsichtiger<br />
Strenge noch die Einlieferung des fälligen Jassaks, ja, als die neue Festung fertig war, ließ<br />
er, ohne auch nur im Geringsten die Sachlage zu bedenken, fünfzig der ihm zu Gebote stehenden<br />
Kosaken als Besatzung in der Festung zurück und zwang die Jukagiren und Tschuwanzen, anstatt<br />
ihnen endlich den Abschied zu geben, ihn sowohl als auch die beiden Befehlshaber von Kamtschatka<br />
Kolessof und Jenisseiskij, die mit dem Jassak von Kam tschatka zu ihm gestoßen waren,<br />
bis Anadyrsk zu begleiten. Vergebens waren die Bitten der Eingeborenen, ihnen doch wenigstens<br />
zu gestatten, so rasch als möglich nach Hause zurückzukehren, damit sie Zeit und Gelegenheit<br />
hätten, ihre zerrütteten Herden wieder in Ordnung zu bringen und für Jagdbeute zu s<strong>org</strong>en, –<br />
sie mussten bleiben, da Petrof erst mit dem Winterwege aufbrechen wollte, und sie blieben. Aber<br />
sie hatten Rache geschworen und warteten nur so lange, bis sie außer dem Bereich der Besatzung<br />
von Olutorsk waren und sicher an die Ausführung ihres Planes gehen konnten. Ende November<br />
wurde aufgebrochen, und am 2. Dezember befand man sich an den Quellen der Talofka. Hier beschlossen<br />
Kolessof und Jenisseiskij [639] mit ihren Begleitern, gegen 20 Mann, voraus zu eilen.<br />
Kaum hatte man sie aus dem Gesicht verloren, als die Jukagiren und Tschuwanzen über Petrof<br />
und die wenigen Kosaken herfielen, die er bei sich hatte, dieselben niedermachten und den Jassak<br />
sowohl den er mit sich führte als auch sein und der Kosaken Eigentum an sich nahmen. Kolessof<br />
und Jenisseiskij hatten aber, da ein Schneesturm ausbrach, den Weg verloren und kehrten in das<br />
frühere Nachtlager zurück. Als sie daselbst die Körper der Erschlagenen liegen sahen, merkten<br />
sie woran sie waren, und versuchten, so gut es ging, nach Oklansk zu flüchten. Das gelang ihnen<br />
auch trotz der Verfolgung seitens der Aufständischen, und am 5. Dezember langten sie in der dortigen<br />
Festung an. Tags darauf erschienen aber auch die Verfolger und begannen damit, dass sie<br />
die Fahrtiere der Russen wegfingen und dann versuchten, die dortigen Korjaken ebenfalls aufzuwiegeln<br />
und mit deren Hilfe die Festung einzunehmen. Was und wie es dabei herging, ist aus<br />
den verschiedenen Quellen nicht klar ersichtlich. Es heißt, sie erschlugen zehn Leute und nahmen<br />
den Jassak: 5 640 Zobel, 751 rote Füchse, 10 Ssiwoduschki, 137 Seeottern, 11 genähte Fuchspelze,<br />
2 Fischottern, 22 Solotnik Gold und vierzig Rubel Bargeld, außer dem, was sie den Leuten selbst<br />
raubten. Darnach sollte man schließen, dass sie die Festung erobert hätten, das ist aber offenbar<br />
nicht geschehen, denn nachdem sie das alles mitgenommen, trennen sie sich, nachdem sie zuvor<br />
beschlossen, im Herbst des nächsten Jahres die Festung Anadyrsk zu überfallen. Aber nach ihrem<br />
Abzüge schicken die in Oklansk Eingeschlossenen, namentlich Jenisseiskij, einen Boten an Tatarinof<br />
mit der Bitte um schleunige Hilfe. Die kann jedoch nicht gewährt werden, da die Festung<br />
durch die Pocken zur menschenleeren Einöde [640] geworden war, in welcher kaum hundert<br />
Menschen der Krankheit Widerstand geleistet hatten. Wie sich die Dinge verhalten haben, dass<br />
nämlich die Meuterer den Jassak und die Habe der Kosaken erbeuten konnten, ohne in Besitz der