Bibliotheca Kamtschatica Kulturstiftung Sibirien - Siberian-studies.org
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Die Tschuktschen, wenigstens die, mit denen ich zusammengetroffen bin, kannten<br />
dieses Berauschungsmittel durchaus nicht; in Markowo sagte man aber, dass sie<br />
dasselbe auch nicht verschmähen, ja dass die Bewohner des Fleckens, wenn sie gerade<br />
nicht in der Lage sind, sich Branntwein zu verschaffen, auch mitunter zum Essen des<br />
Fliegenschwammes ihre Zuflucht nehmen.<br />
Anmerkung 1 zu S. 192 [= S. 274 der Originalausgabe]:<br />
[627 ...] In den dieser Reisebeschreibung beigegebenen geschichtlichen Nachrichten über das jakutskische<br />
Gebiet ist der Korjaken keinerlei Erwähnung geschehen, weil diese Völkerschaft im genannten<br />
Gebiet sehr sporadisch und zwar nur an den Quellen des Omolon vorkommt. Früher aber<br />
haben die [628] Korjaken sich sehr entschieden am Anadyr bemerkbar gemacht, und namentlich<br />
ist dieses Volk die eigentliche Ursache zum Beginn und dann zum Fortführen der Tschuktschenkriege<br />
gewesen. Es erscheint daher notwendig, Einiges über dasselbe und namentlich über sein<br />
Verhalten zur russischen Oberherrschaft und zur Festung Anadyrsk mitzuteilen. Dadurch wird<br />
einerseits vieles erklärlicher, aber auch andererseits das Verhalten der Befehlshaber jener Festung<br />
noch unbegreiflicher. Aus den sibirischen Notizen ersieht man mit Staunen, wie die alten Kosaken<br />
den Kampf beginnen gegen ein Volk, von dem sie sehr wohl wussten, dass es kein kostbares<br />
Pelzwerk besaß, und das sie daher die ersten fünfzig Jahre nach Gründung der Festung unbehelligt<br />
gelassen hatten. Sie beginnen aber den Kampf auf eine einfache Klage der Korjaken hin, welche<br />
behaupten, die Tschuktschen hätten sie ihrer Herden beraubt. Wer sind aber diese Korjaken, die<br />
sich über Beraubung beklagen? Man sollte meinen eine unterworfene friedliche Völkerschaft, die<br />
allerdings ein Recht hätte, von ihren Herren, denen sie Jassak zahlt, gegen Raub und Gewalt Schutz<br />
zu verlangen. Das ist jedoch keineswegs der Fall: die Korjaken sind durchaus keine friedliebenden<br />
Unrechtleider, um derentwillen die Festung Anadyrsk den Kampf gegen ein Volk beginnen müsste,<br />
das in seinen mit Eis und Schnee bedeckten Einöden eine fast uneinnehmbare Position inne hatte.<br />
Aus dem Folgenden wird es sich im Gegenteil erweisen, dass die Korjaken, dem Namen nach stets<br />
treue Untertanen des Kaisers, wenn sie es nötig hatten, die Festung Anadyrsk gegen die Tschuktschen<br />
ausspielten, sobald es ihnen aber nicht notwendig schien, kampfbereite Empörer waren,<br />
Beamte überfielen und töteten, Kronskassen beraubten, Plünderung und Totschlag ausübten, kurz,<br />
dass dieser Stamm mehr russisches Blut vergossen [629] und mehr Unheil angerichtet bat als irgendein<br />
anderes Volk des jakutskischen Gebiets.<br />
Die alten Rollen erzählen, dass im Jahre 1650 zuerst ein festes Haus am Anadyr, eine sogenannte<br />
Simowjo errichtet wurde, dass man aber alsdann beschloss eine dauernde größere Niederlassung<br />
zu gründen, und so war denn im Jahre 1666 die Festung fertig gestellt und mit einer ständigen Besatzung<br />
versehen worden. Bald hatten die praktischen Männer, die das Kommando dort führten, erkannt,<br />
dass von den Tschuktschen außer Rentieren nichts zu haben war, und sich daher nach Süden<br />
gewandt, wo sie an der Penshina, am Oklan und dann an der ganzen Küste des Ochotskischen<br />
Meeres in dichten Haufen die Korjaken vorfanden, gegen welche ein Kampf viel leichter zu führen<br />
war, weil man des Feindes wirklich habhaft werden konnte, was den Tschuktschen gegenüber nur<br />
in den seltensten Fällen möglich gemacht wurde. Dann aber besaßen die Korjaken nicht nur gleich<br />
prächtige Rentierherden, sondern außerdem noch eine Fülle des köstlichsten Pelzwerks, das sie<br />
sich aus Kam tschatka verschafften, dessen Felle noch heutigen Tages für die feinsten gelten. Bis<br />
zum Jahre 1690 hatte man sämtliche Korjaken, die am westlichen Ufer des Meeres bis gegen Tauisk<br />
ungefähr, am östlichen Ufer bis zum Flüsschen Manatsch saßen und auch das ganze Land bis zur<br />
Olutora innehatten, unterworfen. Da man aber von ihnen erfahren hatte, dass die kostbarsten Felle