Bibliotheca Kamtschatica Kulturstiftung Sibirien - Siberian-studies.org
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Dicke, dichte Schichten von weißen Moosen mit etwas grünen untermischt, bilden<br />
die Hauptpflanzendecke. Hier und da kriecht eine ganz verkümmerte Weide<br />
oder Betula nana, ihre Äste unter der Moosschicht versteckend und nur sparsam<br />
einen Zweig mit wenigen Blättern hervorstreckend. Wo der Boden unter der Moosschicht<br />
aus Geröll besteht und daher mehr Trockenheit bietet, wird wohl auch ein<br />
Zirbelstrauch gefunden, der aber ebenfalls mehr unter dem Moos sein kümmerliches<br />
Dasein fristet als über demselben. Nur wo kleine Wasserrinnen vorkommen, sieht<br />
man, gleichsam im Schutz der ganz niedrigen Uferbildungen, einige ganz kümmerliche<br />
Gesträuche von Weiden, Erlen und Zirbeln, – wohl auch als Seltenheit einige<br />
Beeren tragende Pflanzen von Empetrum nigrum. So zieht sich diese öde, tote Moosebene<br />
bis zum Stromgebiet des Anadyr hin, wo die Vegetation nochmals erwacht, sogar<br />
Wälder bildet, um dann, weiter zum Eismeer hin, wieder ganz abzusterben. Die<br />
nassen Sumpftundren und die trockenen Beerentundren [94] haben viel Gemeinsames<br />
und gehen nicht selten vielfach ineinander über. Der größere oder geringere<br />
Grad der Feuchtigkeit des Bodens ist eigentlich der Hauptunterschied und natürlicherweise<br />
auch die Ursache für den Charakter der darauf lebenden Pflanzenwelt.<br />
Im Allgemeinen werden die nassen Tundren mehr in der Nähe der Meere gefunden,<br />
während die trockenen Tundren mehr im Innern des Landes, in Gebirgstälern, auf<br />
Pässen und Wasserscheiden sich ausbreiten.<br />
Die nasse oder Sumpftundra wird besonders charakterisiert durch grüne und<br />
auch etwas weiße Moose, die häufig auf zahlreichen Humpeln wachsen, durch Riedgräser,<br />
Betula nana, Zwergweiden; selten findet sich Weidengebüsch, und an manchen<br />
Stellen erscheinen die Beeren: Empetrum, Rubus chamaemorus und Vaccinium<br />
oxycoccus. An sehr sumpfigen und nassen Örtlichkeiten siedeln sich Equisetum,<br />
Schilf- und Rohrarten an.<br />
Auch die trockene Tundra ist stark von grünen Moosen, die ebenfalls gern auf<br />
Humpeln wachsen, bedeckt, jedoch wird diese Moosdecke vielfach durch andere<br />
Pflanzen unterbrochen wie Erica, Betula nana, Zwergweiden, eine kleine weißblühende<br />
Spiraea, einen der Potentilla fruticosa zum Verwechseln ähnlichen kleinen<br />
Strauch mit ebenfalls gelben Blüten, besonders in Süd-Kam tschatka (курильский<br />
чай), und endlich eine oft überraschende Fülle von Beeren aller Art und großer<br />
Schönheit. Hier finden sich nicht selten ganze Felder von Rubus arcticus, R. chamaemorus,<br />
Empetrum nigrum, Vaccinium myrtillus, V. vitis idaea.<br />
Wo diese beiden Tundraarten von Wasserläufen, besonders von größeren Flüssen,<br />
durchströmt werden, sind die Ufer dieser Gewässer zumeist etwas bewaldet,<br />
und es werden hier vollständige Stämme von Weiden, Ufererlen, [95] Pappeln, sowie<br />
unter geordnet Gesträuch von Sambucus gefunden.<br />
Auf nicht zu nasser Tundra wächst ein im Lande sehr geschätztes Knollengewächs,<br />
die Kemtschiga, deren wissenschaftlicher Name nicht festgestellt ist, da bis<br />
jetzt kein Forscher oder Sammler die Blüte gesehen hat, die im frühen Frühjahr mit<br />
kleinen, weißen Blumen blühen soll. Die Kemtschiga kommt nur am Westufer vor,